Selbstbestimmungsgesetz

Geschlecht ändern: Nachfrage geht weiter zurück

Nach dem Ansturm vor einem Jahr ändern deutlich weniger Menschen ihren Geschlechtseintrag. Das zeigen exklusive Zahlen aus Baden-Württemberg.

Geschlecht ändern: Nachfrage geht weiter zurück

Die Zahl der geänderten Geschlechtseinträge geht wieder deutlich zurück. Kommunen klagen dennoch über Mehrarbeit.

Von Jan Georg Plavec

Deutlich weniger Menschen als noch vor einem Jahr wollen ihren Geschlechtseintrag ändern lassen. Das zeigen Zahlen aus Baden-Württemberg, die unserer Redaktion exklusiv vorliegen. Im dritten Quartal 2025 sank die Zahl der Anträge auf ein Fünftel verglichen mit dem Peak im vierten Quartal 2024.

Die Werte sind nicht repräsentativ und drei weitere Großstädte lieferten auf Anfrage keine quartalsweisen Zahlen. Sie bestätigen aber einen Trend, der sich in vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts abzeichnet.

Aufgrund zahlreicher Anfragen hatten die Wiesbadener Statistiker vorläufige Zahlen bis einschließlich Juli 2025 ausgewertet. Demnach hatte sich die Zahl der entsprechenden monatlichen Anträge seit Jahresbeginn in etwa halbiert. Die Daten aus Baden-Württemberg deuten an, dass sich dieser Trend im Herbst fortsetzt. Im Monatsschnitt sank die Zahl der Anträge verglichen mit den Werten Ende 2024 um bis zu drei Viertel. Das deckt sich in etwa mit den Zahlen des Statistischen Bundesamts.

Den Geschlechtseintrag zu ändern ist seit 1. November 2024 deutlich einfacher als davor. Seither gilt das noch von der Ampelkoalition beschlossene Selbstbestimmungsgesetz. Geschlecht und Vorname können nun per einfachem Antrag beim Einwohnermeldeamt geändert werden.

Von dieser Möglichkeit machten Ende 2024 Tausende Menschen Gebrauch; dabei handelte es sich offenbar zumindest teilweise um einen Nachholeffekt. Eine Betroffene erklärt im Interview mit unserer Zeitung beispielsweise, sie habe auf die vereinfachte Regelung des Selbstbestimmungsgesetzes gewartet.

Viele dieser Fälle sind nun abgearbeitet. Während das neue Gesetz es für Betroffene deutlich leichter gemacht hat, klagen die baden-württembergischen Kommunen teils über Mehrarbeit. Die Arbeit für die Meldebehörde „gestaltet sich tendenziell komplexer, da zusätzliche Datenfelder und erhöhte Datenschutzanforderungen zu berücksichtigen sind“, so ein Sprecher der Stadt Mannheim.

Eine Sprecherin der Stadt Karlsruhe berichtet von „erheblichem Mehraufwand“ bei den Standesämtern, auch wegen der hohen Zahl von Anträgen auf Änderung des Geschlechtseintrags. Standesbeamte müssten nun zusätzlich einen Beurkundungstermin organisieren, Fristen und gesetzliche Vorschriften überwachen sowie Beratungsgespräche und „umfangreiche Nacharbeiten“ durchführen.