Gesetz für einfaches Verbot von Grabsteinen aus Kinderarbeit

dpa/lsw Stuttgart. In Steinbrüchen sollen weltweit Hunderttausende von Kindern arbeiten. Oft werden dort Grabsteine für den Westen bearbeitet. Bislang scheiterte der Versuch, die Steine von Friedhöfen zu verbannen. Nun soll ein Gesetz dies erleichtern. Zufrieden sind Experten aber nicht.

Auf baden-württembergischen Friedhöfen sollen neue Grabsteine aus Kinderarbeit künftig verboten werden können. Ein mehrstufiges Verfahren zum Nachweis über die Herkunft der Steine soll Friedhofsträgern und Steinmetzen mehr Rechtssicherheit geben. Die Koalitionsfraktionen von Grünen und CDU stimmten am Mittwoch im Landtag ebenso wie die SPD und die FDP einem Entwurf zu, mit dem das Bestattungsgesetz geändert wird. Von einer gesetzlich geregelten Pflicht zur Änderung von Friedhofsordnungen sieht das Gesetz aber ab.

Nach dem Gesetz gelten Steine, die nachweislich aus dem Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz stammen, als frei von Kinderarbeit. Bei Steinen aus anderen Herkunftsländern muss dies durch bewährte Gütesiegel nachgewiesen werden. Fehlt einem Steinmetz ein solches Zertifikat, muss er versichern, dass ihm keine Anhaltspunkte dafür bekannt sind, dass die Grabsteine und Grabeinfassungen etwa aus China, Indien, den Philippinen oder Vietnam mit Kinderarbeit hergestellt wurden.

„Wenn wir hierzulande unserer Toten gedenken, darf das nicht auf Kosten von Kindern gehen“, sagte Josha Frey, der europapolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, am Mittwoch im Plenum. Die AfD enthielt sich dagegen der Stimme und kritisierte, das Gesetz gehe nicht weit genug. Batterien für Elektromobil-Autos oder E-Tretroller aus afrikanischer Kinderarbeit würden zum Beispiel nicht erwähnt und verboten.

Von einer gesetzlichen Regelung zur Änderung von Friedhofsordnungen sieht das Gesetz aber ab. Ein Fehler, wie Kinderrechtsexperte Benjamin Pütter (Kindermissionswerk „Die Sternsinger“) meint. Der Freiburger, der Steinbrüche vor allem in Indien seit 20 Jahren besucht und begutachtet, nennt das Gesetz eine „Nebelkerze“. Der Gesetzgeber dürfe nicht nur vorschlagen, sondern müsse vielmehr vorschreiben, dass Kommunen ihre Friedhofssatzungen anpassten. Im Gesetz sei aber nur die Rede davon, dass Friedhofsordnungen und Polizeiverordnungen ein Verbot festgelegen könnten. „Nur wenige Kommunen werden sich daran halten, solange sie nicht müssen“, glaubt Pütter. Lösungen auf freiwilliger Basis nützten nichts.

Die Gesetzesnovelle für kinderarbeitsfreie Grabsteine der früheren grün-roten Landesregierung im Südwesten von 2012 war noch ins Leere gelaufen. Nach ihr sollte das Verbot von Grabsteinen aus Kinderarbeit in die Friedhofssatzung aufgenommen werden können. Gerichte kassierten die schon vorgenommenen Satzungsänderungen der Kommunen wieder ein, weil es kein anerkanntes Zertifikat für Grabsteine ohne Kinderarbeit gebe.

Die meisten Natursteine, die in Europa verbaut werden, stammen nach Angaben der Organisation Fair Stone aus Asien. Laut Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) werden weltweit mehr als eine Million Kinder in Bergwerken oder Steinbrüchen ausgebeutet. Durch die Billig-Produktion verzerrt sich der Wettbewerb erheblich: Nach Angaben Pütters kostet in Deutschland der Stein aus Entwicklungsländern nur halb so viel wie der aus Europa.

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