Gewagte Ideen harren der Umsetzung

Aktionsplan „Klimaschutz im Alltag“ für Weissacher Tal vorgestellt  –  Entscheidende Phase der Anstrengungen des Vereins

Der Verein Weissach Klimaschutz konkret hat den Bürgern den ausgearbeiteten Aktionsplan „Klimaschutz im Alltag“ vorgestellt. Im Anschluss daran ging es direkt in die weitere Umsetzung, denn die ersten konkreten Maßnahmen sollen vom Papier in Aktion gebracht werden. Die Teilnehmer diskutierten innerhalb der fünf Aktionsfelder und beschlossen erste Projekte.

Gewagte Ideen harren der Umsetzung

Im Klima- und Kulturzentrum stellte Silke Müller-Zimmermann (links) den ausgearbeiteten Aktionsplan vor. Foto: A. Becher

Von Hans-Christoph Werner

WEISSACH IM TAL. Mit kleinen Salatproben werden die Besucher empfangen. Etwa 50 Gäste drängen sich in dem Obergeschoss des Klima- und Kulturzentrums in Weissach. Zwischen Regalen, Schränken, Kleiderständern und Pappkartons ist nicht viel Platz für Stühle. Man steht in Gruppen zusammen, unterhält sich munter, bedient sich zwischendurch am Buffet. Der Verein „Weissach Klimaschutz konkret“ hat eingeladen. Eine wichtige Etappe in dem im Weissacher Tal eifrig ventilierten Thema „Klima wandeln – Prima handeln“ steht an. Der „Aktionstag Klimaschutz im Alltag“ soll vorgestellt werden.

Es beginnt eher still und leise. Joy K. Fydrich aus Rommelshausen trägt einige ihrer Gedichte vor. „Wie viele Kerzen brauchen wir noch?“, fragt sie in „Instinktbewusstsein“. Dass es an der Zeit sei, etwas zu tun, klingt durch. Bürgermeister Ian Schölzel dankt für viel ehrenamtliches Engagement. „Es kommt auf uns alle an!“, sagt er. Silke Müller-Zimmermann rekapituliert nochmals den Werdegang des Projekts. Vor einem Jahr habe man angefangen. Da wurde das Klima- und Kulturzentrum eingeweiht. Bei einer Veranstaltung namens „Marktplatz 2022“ wurden über 200 Ideen gesammelt, aus diesen wiederum 48 Maßnahmen abgeleitet. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen sollen möglichst alle Weissacher Bürger gewonnen werden. Um die Vermittlung der Projektideen in die breite Öffentlichkeit möglichst gewinnend zu gewährleisten, entschied man sich, fünf Handlungsfelder zu bearbeiten. Für jedes Handlungsfeld steht ein Ring. Und fertig war das Olympia-Symbol. Diese Assoziation griff man auf und formulierte: „Die Bürger im Weissacher Tal werden zu einem Team von Olympioniken, das sich den Herausforderungen des Klimaschutzes stellt.“

So werden an diesem Abend alle fünf Handlungsfelder kurz vorgestellt. Ökosysteme und Landwirtschaft, Konsum, Mobilität, Infrastruktur und Stadtplanung, Wohnen und Energie. Dann ist Zeit für die Teilnehmer, sich ein oder auch alle Handlungsfelder vorzunehmen. Fünf Vorgehensschritte sollen beim Gespräch helfen. Aber jeder Besucher bringt eigene Erfahrungen mit und so fällt der Gesprächseinstieg nicht schwer.

Jürgen Ehrmann, der Vorsitzende des ADFC Backnang/Backnanger Bucht, moderiert das Handlungsfeld Mobilität. Knapp die Hälfte aller Autofahrten ist kürzer als sechs Kilometer. So steht es an der Pinnwand der Gesprächsgruppe. Solche Distanzen sind auch mit dem Rad zu schaffen. Und noch eine Erfahrung: 53 Stunden pro Jahr verbringt der Autofahrer im Durchschnitt mit der Parkplatzsuche. Ein weiteres Argument für den Drahtesel. Es fehlt freilich, so ein Thema in der Mobilitätsgruppe, noch an Radspuren auf den Straßen in Weissach. Schnell ist die Gesprächsgruppe bei der Beobachtung, dass das oft ein Gegensatz ist: Autofahrer gegen Radfahrer. Radwege werden zugeparkt, der Mindestabstand zu Radfahrern von Automobilisten nicht eingehalten. Und überhaupt: „Wenn’s gegen das Auto geht, sind die Leute entrüstet.“ Konsens in der Gruppe ist, dass das Fahrrad durchaus mit dem Auto mithalten kann. Auf der Strecke gerät der Fahrradfahrer ins Hintertreffen, aber bis der Autofahrer einen Parkplatz gefunden und zum Zielpunkt gelaufen ist, ist der Fahrradfahrer auch da.

Und so schwenkt das Gespräch um zum Thema „Radweg nach Backnang“. Auf der Stuttgarter Straße die Tälesgemeinde Richtung Heininger Kreisel zu verlassen, auf einem Radweg parallel zur Straße, gilt als umständlich. Jürgen Ehrmann korrigiert: der Weg ist nur unwesentlich länger. Die Route über den Ungeheuerhof ist in der Mobilitätsgesprächsgruppe unpopulär. Bleibt noch der Weg entlang der Weißach Richtung Backnang-Sachsenweiler. Doch hier gibt es Varianten, die nicht allen Radfahrern bekannt sind. Ehrmann klärt auf: Einem Radweg entlang der Weißach stehen Naturschutzbelange entgegen.

Partnerschaften mit Landwirten anvisiert

Der ADFC-Vorsitzende meint: „Dranbleiben! Die Masse macht’s.“ Seine Erfahrung ist: „Mit positivem Denken kommt man weiter.“ Bei so viel Radthema hat die Gesprächsgruppe einen anderen Mobilitätsaspekt aus den Augen verloren. Da ist doch dieser Mitfahrstuhl! (Wir berichteten.) Und demnächst soll das Mitfahrbänkle kommen. Ist das bekannt? Dringend sei zu gegebener Zeit eine Evaluierung vorzunehmen.

In der Gesprächsgruppe „Ökosysteme und Landwirtschaft“ schwenkt die Diskussion schnell auf unser aller Konsumverhalten um, insbesondere was den Genuss von Fleisch angeht. Fleisch könnte ein hiesiger Landwirt liefern. Natürlich nicht in der Menge, die heute üblicherweise verzehrt wird. Wenn sich der Fleischkonsum allerdings reduzieren würde, könnte mit dem ortsansässigen Landwirt eine Partnerschaft eingegangen werden.

„Ich geh da immer hin und nehme dem Landwirt seine Produkte ab“, schlägt Barbara Malburg-Graf, die Moderatorin der Gesprächsgruppe, vor. So könnte aus Erzeugern und Verbrauchern eine neue Partnerschaft werden. Eine Partnerschaft, die CO2 einspart, weil viele Wege wegfallen. Eine Partnerschaft, die der im Weissacher Tal so geschätzten Auenlandschaft zugutekommt, weil der Landwirt unter anderem diese pflegt oder bewirtschaftet. Genau dies wäre im Sinne des Aktionsplans, in dem zu lesen ist: „Ein Bewusstsein für die Einheit von Mensch und Natur möchten wir mit unseren Aktivitäten organisieren.“

So könnte es gehen. Wenn der Aktionsplan von vielen aufgegriffen und umgesetzt wird.