Rattengift im Gemüse? Anschlag in JVA nicht nachweisbar

dpa/lsw Freiburg. Blaue Körnchen im Tiefkühlgemüse: Ein Sicherheitsverwahrter hat zwei Mitgefangene beschuldigt, ihm Rattengift unters Essen gemischt zu haben. Am Ende bleiben vor Gericht aber Zweifel. Verurteilt werden die Männer trotzdem.

Das Landgericht Freiburg hat zwei Sicherungsverwahrten nicht zweifelsfrei nachweisen können, dass sie einen Mitgefangenen mit vergiftetem Tiefkühlgemüse umbringen wollten. Die beiden Männer wurden am Dienstag daher von diesem Vorwurf freigesprochen. Sie wurden aber trotzdem zu Haftstrafen von je einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, weil sie den Mitgefangenen schon vor dem angeblichen Giftanschlag zusammengeschlagen hatten, wie die Vorsitzende Richterin Eva Kleine-Cosack sagte. Diesen Angriff hatten die Angeklagten demnach eingeräumt, die geplante Vergiftung dagegen abgestritten (1 Ks 254 Js 10129/20 AK 7/20).

Es sei zumindest theoretisch denkbar, dass das vermeintliche Opfer des Giftanschlags das Rattengift selbst in seinem Tiefkühlgemüse platziert habe, sagte die Richterin - etwa um mit seiner Angst vor den beiden Mitgefangenen endlich ernstgenommen zu werden. Diese hätten schon vorher gedroht, dem Mann „etwas ins Essen zu tun“. Die Möglichkeit eines fingierten Anschlags habe nicht ganz ausgeschlossen werden können, hieß es. Daher gelte das Prinzip: im Zweifel für die Angeklagten.

So bleibt auch nach dem Verfahren unklar, wie das Rattengift in das Tiefkühlgemüse des Sicherungsverwahrten gekommen ist. Den beiden Verurteilten war ursprünglich vorgeworfen worden, im März 2020 vereinbart zu haben, den Mitgefangenen wegen Streitereien zu töten. Einer der beiden habe aus einer Rattenfalle im Hof Teile des Giftköders genommen und unter das Gemüse gemischt.

Der Mitgefangene sagte während des Verfahrens aus, er habe das Gemüse am 12. April 2020 zubereiten wollen, ihm sei aber ein Riss in der Verpackung aufgefallen - und später auch eine blaue Substanz im Inneren. Bei einer Untersuchung wurde schließlich Rattengift nachgewiesen. Laut Richterin gab es schon länger Konflikte zwischen dem Opfer und den beiden nun Verurteilten. Der Mann habe als „Petze“ gegolten. Die beiden Angreifer hätten es darauf angelegt, wegen ihrer Schläge gegen ihn in eine andere Einrichtung verlegt zu werden.

Die Richterin zeichnete am Dienstag ein beklemmendes Bild von den Zuständen in der Anstalt für Sicherungsverwahrung in der JVA Freiburg. Hier seien Straftäter - zum Großteil mit schweren Persönlichkeitsstörungen - gezwungen, auf engstem Raum zusammenzuleben. In den Wohngruppen solle ihnen die Möglichkeit gegeben werden, soziales Verhalten miteinander zu üben. In dem Verfahren seien aber Zweifel daran entstanden, ob dieses Ziel überhaupt erreichbar sei.

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