Erfolg für Umweltverbände

Gift im Neckar: Solvay stoppt Produktion

Jahrelang hat das Chemieunternehmen Solvay bei Bad Wimpfen unbehelligt TFA in den Neckar geleitet. Damit ist jetzt auf Druck von Umweltverbänden Schluss.

Gift im Neckar: Solvay stoppt Produktion

Das Solvay-Werk in Bad Wimpfen steht nur wenige hundert Meter vom Neckar entfernt.

Von Eberhard Wein

Das Chemieunternehmen Solvay hat angekündigt, die Einleitung der als gesundheits- und umweltschädlich eingestuften Triflouressigsäure (TFA) in den Neckar zu beenden. Man werde die entsprechenden Produktlinien am Standort Bad Wimpfen zum Jahresanfang 2026 einstellen, heißt es in einer Mitteilung des belgischen Unternehmens. Zuvor hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) rechtliche Schritte gegen die jahrelange Einleitung des als Ewigkeitsgift bekannten TFA angekündigt und beim Regierungspräsidium Stuttgart den sofortigen Entzug der entsprechenden wasserrechtlichen Erlaubnis beantragt.

Der Sprecher des Unternehmens, Peter Boelaert, zog gegenüber unserer Redaktion keine direkte Verbindung zum DUH-Vorstoß. Es gehe vielmehr um eine strategische Neuausrichtung des Standorts. Gleichzeitig kündigte Solvay an, das Werk in Garbsen bei Hannover mit rund 40 Mitarbeitern komplett zu schließen und dessen Produktion nach Bad Wimpfen zu verlagern. Dennoch würden auch in Bad Wimpfen rund 100 Stellen netto wegfallen. Insgesamt arbeiten dort gegenwärtig noch 350 Mitarbeiter.

DUH-Chef Resch kritisiert die Behörde

Für die Restrukturierung stelle man insgesamt 25 Millionen Euro bereit. Dies sei ein starkes Zeichen für die Zukunft des Standorts. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der jahrelang gegen die Verseuchung des Neckars durch die TFA-Einleitung gekämpft hatte, zeigte sich erleichtert über die Entscheidung. Gleichwohl sei es zu früh, um in Jubel auszubrechen, sagte die Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch. „Wir werden Solvay weiter auf die Finger schauen und genau beobachten, ob das Unternehmen seinen Ankündigungen auch Taten folgen lässt.“

Der DUH-Chef Jürgen Resch forderte von der Genehmigungsbehörde klare Auskünfte darüber, wann die Einleitung beendet werde. Zuletzt hatte Solvay mit Erlaubnis des RP ein Kilogramm TFA pro Stunde in den Neckar verklappen dürfen. Dies seien pro Jahr immerhin neun Tonnen einer Chemikalie, die sich nicht abbaue, sondern immer weiter anreichere, sagte Resch. Lediglich 12000 Euro habe das Unternehmen für die Bearbeitung des Genehmigungsantrags bezahlen müssen.

Beschränkung kommt sehr spät

Trifluoressigsäure gehört zu den per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) und fällt unter anderem bei der Produktion von Pflanzenschutz-, Kälte- und Arzneimitteln an. Nach Einschätzung des Umweltbundesamts ist der Stoff krebserregend, verursacht Leber- und Nierenschäden, vermindert die Fortpflanzungsfähigkeit und schädigt das Erbgut. Vor allem für die Wasserwerke im Rhein-Neckar-Raum, die große Teile ihres Trinkwassers aus dem Neckar gewinnen, wurden TFA und PFAS zuletzt zu einem immer größeren Problem. Vor dem Umweltausschuss des Bundestages warnte der führende Experte auf dem Gebiet, der Züricher Professor Martin Scheringer, im vergangenen Jahr eindringlich vor den Gefahren von PFAS. Eine Beschränkung komme „eher zu spät als zu früh“.

Vor diesem Hintergrund sei den Verantwortlichen wohl klar gewesen, dass die DUH einen Rechtsstreit um die Einleitung in jedem Fall gewinnen werde, sagte Resch. Dass Solvay den Fall nun als Vorwand für den Abbau von Arbeitsplätzen nutze, sei unverständlich. Es sei schade, dass wieder einmal Arbeitsplätze gegen Umweltbelange ausgespielt würden. Der international tätige Konzern habe zuletzt eine Umsatzrendite von 19 Prozent erzielt. Im Anbetracht solcher Gewinne sei das Unternehmen in der Verantwortung und auch in der Lage, seine Mitarbeiter in weniger giftigen Produktionsprozessen unterzubringen, sagte Resch.