Go-Ahead kommt auf die Murrbahn

Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember übernimmt das britische Unternehmen die Verbindung Stuttgart–Nürnberg

Der Tag rückt immer näher: Mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember kommt ein neuer Betreiber auf die Murrbahn. Die britische Gesellschaft Go-Ahead übernimmt dann das sogenannte Netz 3a – die Verbindung zwischen Stuttgart und Nürnberg, auf der alle zwei Stunden ein Zug fährt.

Go-Ahead kommt auf die Murrbahn

Bislang fährt noch die Deutsche Bahn mit ihren Zügen auf der Murrbahnstrecke von Stuttgart nach Nürnberg. Foto: A. Becher

Von Armin Fechter

BACKNANG. Der 15. Dezember markiert für die Murrbahn die zweite Etappe im Zuge der Neuvergabe der Verkehrsleistungen im Land. Bereits im August 2015 hatte das Verkehrsministerium den Zuschlag für das Netz 3b wie gehabt an die Deutsche Bahn erteilt. Bei diesem Netz namens Gäu-Murr handelt es sich um eine Kulisse im Schienenpersonennahverkehr mit zwei Ästen: Es geht einerseits um die Regionalzüge auf der Murrbahn zwischen Crailsheim und Stuttgart und andererseits um die Verbindung zwischen Stuttgart, Horb und Singen beziehungsweise Freudenstadt.

Mit der Neuvergabe einher ging eine Umstellung bei den Fahrzeugen: Die Bahn sonderte die 40 Jahre alten Silberlinge aus und ersetzte sie durch neue, in den Landesfarben gestaltete Wagen des kanadischen Herstellers Bombardier. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge vom Typ „Talent2“, wobei „Talent“ für „Talbot leichter Nahverkehrs-Triebwagen“ steht – eine Reverenz an die Waggonfabrik Talbot in Aachen, die ab 1995 zu Bombardier gehörte.

Im Gegensatz dazu beinhaltet das Netz 3a, für das die Vergabeentscheidung erst im Sommer 2018 gefallen ist, die Strecke Stuttgart–Nürnberg. Es handelt sich dabei um eine Verbindung, die gemeinsam mit dem Freistaat Bayern ausgeschrieben wurde und die über Hessental, Crailsheim und Ansbach führt. Bislang ist hier die Deutsche Bahn unterwegs, ab 15. Dezember übernimmt Go-Ahead. Geplant ist, Triebfahrzeuge vom Typ Flirt der schweizerischen Firma Stadler Rail einzusetzen. „Flirt“ steht dabei für „flinker leichter innovativer Regional-Triebzug“.

Züge fahren wie bisher im Zwei-Stunden-Takt

Es bleibt beim Zwei-Stunden-Takt, den die Bahn seither auch schon fährt. Neu eingeführt wird aber, wie das Ministerium mitteilte, eine letzte Abfahrt von Stuttgart nach Nürnberg um 20.53 Uhr (statt bisher um 18.54 Uhr) und eine letzte Abfahrt von Nürnberg nach Crailsheim um 22.36 Uhr statt um 20.36 Uhr.

Allerdings werden die neuen Flirt-Züge möglicherweise nicht vom ersten Tag an auf der Strecke verkehren – eine Konsequenz aus den Schwierigkeiten, die sich auf der Remsbahn ergeben haben. Dort ist ebenfalls Go-Ahead als neuer Betreiber zum Zug gekommen, aber seit dem Wechsel im Juni gibt es Probleme mit den Fahrzeugen. Zugausfälle und Verspätungen treten gehäuft auf. Mehrere Gründe sind dafür verantwortlich, unter anderem liegt es mit daran, dass die neuen Fahrzeuge nicht ausreichend auf der Strecke getestet wurden.

Da auch im Fall der Murrbahn damit zu rechnen ist, dass es mit der Auslieferung der Fahrzeuge Spitz auf Knopf zugeht und infolgedessen kein ausgiebiger Probebetrieb gefahren werden kann, hat Go-Ahead in Abstimmung mit dem Verkehrsministerium ein Ersatzkonzept für die sogenannte Inbetriebnahmestufe 2 entwickelt. Dieses sieht laut der Pressestelle von Go-Ahead vor, Subunternehmen beizuziehen, die mit erprobtem Wagenmaterial auf die Strecke gehen. Allerdings sind noch einige Fragen offen, die letzten Entscheidungen sollen in den nächsten Tagen getroffen werden.

Auf jeden Fall soll der Übergang laut Verkehrsministerium „weniger holprig“ verlaufen als auf der Remsbahn – so lautete jedenfalls die Zusicherung, die dem Backnanger SPD-Landtagsabgeordneten Gernot Gruber vor einiger Zeit auf Nachfragen gegeben wurde. Gruber ist selbst als Pendler regelmäßig mit S-Bahnen oder Regionalbahnen unterwegs.

Mit dem Betriebsstart von Go-Ahead am 15. Dezember wechselt zwar der Betreiber der Verbindung Stuttgart–Nürnberg. Für den Regionalverkehr im Rahmen des Netzes 3b zwischen Crailsheim und Stuttgart ändert sich damit jedoch nichts, ebensowenig für die S-Bahnen. Und auch wenn künftig zwei verschiedene Betreiber auf der Strecke fahren, soll bei den Tickets kein Unterschied zwischen Fahrkarten der Deutschen Bahn oder von Go-Ahead gemacht werden: „Es gilt: eine Strecke – ein Tarif, egal, an welchem Automaten man sein Ticket löst“, fasst Gruber die Auskünfte des Ministeriums zusammen. Die gegenseitige Anerkennung der Tarifangebote sei Bestandteil der Ausschreibungen gewesen, hatte es schon im Vorfeld geheißen. Und innerhalb des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS) gelten sowieso einheitliche Tarife, an die die Verkehrsanbieter gebunden sind, sagt das Ministerium.

Info
Der Hauptsitz des Konzerns ist in London

Die 1987 im Rahmen der Privatisierung der Busnetze in Großbritannien gegründete The Go-Ahead Group plc hat ihren Hauptsitz in London. Sie ist als Bus- und Bahnbetreiber im öffentlichen Nahverkehr tätig und hat weltweit rund 29000 Mitarbeiter.

Mit der Deregulierung des Schienenverkehrs in Großbritannien 1996 stieg Go-Ahead in diesen Markt ein und befördert inzwischen rund 30 Prozent aller Bahnreisenden in dem Land. Im öffentlichen Nahverkehr in Großbritannien ist Go-Ahead mit insgesamt rund 4600 Bussen, darunter auch ein Großteil der roten Doppeldeckerbusse in London, unterwegs und befördert täglich zwei Millionen Passagiere.

Die Go-Ahead Verkehrsgesellschaft Deutschland GmbH mit Hauptsitz in Berlin wurde als Tochter der britischen Muttergesellschaft 2014 gegründet. Als regionale Betriebsgesellschaft wurde seitdem unter anderem die Go-Ahead Baden-Württemberg GmbH mit Niederlassung in Stuttgart 2017 gegründet.

Am 9. Juni 2019 nahm Go-Ahead in Baden-Württemberg den Betrieb auf, unter anderem auf der Remsbahn. Ferner wurde der Wartungsstützpunkt Essingen eingeweiht.

Auf dem Murrbahn-Netz 3a, laut Verkehrsministerium eines der kleineren Netze im Land, will Go-Ahead künftig mit elf dreiteiligen Fahrzeugen 1,38 Millionen Zugkilometer im Jahr leisten. Die Züge haben bei einer Länge von 67,6 Metern 210 Sitzplätze, davon 202 in der zweiten Klasse, sowie 177 Steh- und 30 Fahrradabstellplätze. Insgesamt können im Jahr 5,5 Millionen Fahrgäste transportiert werden.