Große Mehrheit gegen Namensänderung

AfD im Kreistag will „Rechts“ in der Bezeichnung Fachstelle Demokratieförderung und Rechtsextremismusprävention tilgen

Große Mehrheit gegen Namensänderung

Mehrheitlich entschieden hatte der Kreistag vor rund anderthalb Jahren: : Die frühere Fachstelle gegen Rechtsextremismus soll fürderhin Fachstelle für Demokratieförderung und Rechtsextremismusprävention heißen. Nun gab es wieder einmal eine Debatte um das Thema. Archivfoto: A. Becher

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. Gerade mal anderthalb Jahre ist es her, seit der Kreistag nach mehrstündiger, teils emotionaler Debatte mehrheitlich entschieden hat: Die frühere Fachstelle gegen Rechtsextremismus soll fürderhin Fachstelle für Demokratieförderung und Rechtsextremismusprävention heißen. Abgelehnt hatte das Gremium in diesem Zuge einen abweichenden Antrag der CDU-Fraktion, die Bezeichnung Fachstelle für Demokratieförderung und Extremismusprävention zu verwenden. Die Christdemokraten wollten damit im Namen verdeutlicht sehen, dass es heute nicht mehr ausschließlich um den Rechtsextremismus gehe, sondern auch um andere Formen des Extremismus, der etwa von gewaltbereiten religiösen Fanatikern sowie von Reichsbürgern und Linksextremisten ausgeht.

Genau den gleichen Namensvorschlag wie damals die CDU hat jetzt die AfD von neuem eingebracht: Der Name solle Fachstelle Demokratieförderung und Extremismusprävention lauten. Denn seit dem, so die AfD, „inhaltsgleichen Antrag“ der CDU-Fraktion seien „Ereignisse eingetreten, die eine erneute Entscheidung gebieten“. Gemeint sind Übergriffe im Zusammenhang mit den Wahlen vom 26. Mai, die der linksextremistischen Szene zugeordnet werden. Schon im Vorfeld hätten Drohungen dazu geführt, dass Bürger nicht bereit waren, überhaupt für die Kommunalparlamente zu kandidieren. Zudem listet die AfD in ihrem Antrag insgesamt acht Vorfälle aus der Zeit zwischen 18. Februar und 23. Mai auf, bei denen Infostände der AfD, unter anderem in Backnang, eingekesselt und angegriffen wurden und AfD-Mitglieder Verletzungen davontrugen. Zudem gab es einen Farbanschlag gegen ein Wohnhaus und Aktionen mit beleidigenden Plakaten und Flugblättern, ein Briefkasten wurde zerstört und ein bengalisches Feuer gezündet. Aus alledem werde ersichtlich, „dass der Linksextremismus im Rems-Murr-Kreis den Kernbereich der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und ganz konkret den Kreistag als Hauptorgan des Kreises bekämpft“. Darauf müsse der Kreistag reagieren, fordert die AfD: „Insofern ist es unverzichtbar, schon in der Bezeichnung der ,Fachstelle’ klarzumachen, dass der Rems-Murr-Kreis gegen jede Form des Extremismus, also auch gegen den Linksextremismus, Stellung bezieht.“

Antragsteller argumentieren mit Übergriffen im Wahlkampf

Das Begehren kam gestern im Jugendhilfeausschuss aufs Tapet. AfD-Kreisrat Marc Maier unterstrich, den gleichen Antrag habe schon die CDU gestellt. Jetzt, nach den Vorkommnissen im Wahlkampf, gelte es, ein Signal zu senden, dass solche Übergriffe nicht geduldet werden.

„Wir haben das Für und Wider über zwei Stunden lang im Kreistag diskutiert“, sagte Landrat Richard Sigel – eine Notwendigkeit, den Namen schon wieder zu ändern, sah er nicht. Es komme doch in erster Linie auf den Inhalt an, und der sei damals in einer Konzeption festgelegt worden. Erfasst seien darin auch andere Formen des Extremismus, unterstrich Sigel. Gleichzeitig stellte er sich demonstrativ vor Sonja Großhans, die Inhaberin der Stelle: Sie leiste sehr gute Arbeit. Beispielsweise sei der religiöse Extremismus mit Veranstaltungen aufgegriffen und bearbeitet worden. Zur Entlastung von Sonja Großhans habe man überdies die kommunale Kriminalitätsprävention aus der Fachstelle in den Wirkungsbereich von Peter Zaar, dem jetzigen Ersten Landesbeamten, gelegt. Sigels Einschätzung: Der Name könnte durchaus bleiben, wie er ist.

Gegen eine Änderung sprach sich auch Gislind Gruber-Seibold (SPD) aus. Sie erinnerte an die Gründung der Fachstelle vor 19 Jahren nach einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Waiblingen, damals als Koordinierungs- und Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus. Heute sei die Einrichtung landesweit anerkannt. Das Äußern rechtsextremer Ansichten sei inzwischen, mahnte sie, gesellschaftsfähig geworden. Daher müsse man Flagge gegen Fremdenfeindlichkeit zeigen, forderte sie. „Rechtsextremismus darf nicht hoffähig werden“, sagte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Reinhold Sczuka. Zudem sei man sich völlig einig, dass es um jede Form von Extremismus gehe – Name hin oder her. Sczuka wollte daher „dieses Fass nicht noch einmal unnötig aufmachen“. Zustimmung kam auch von Sandra Bührle (Bündnis 90/Die Grünen), die gleichfalls eine Namensänderung ablehnte.

Die AfD wolle keineswegs die Gefahr verleugnen, die von rechts kommt, ergänzte nochmals Marc Maier. Ähnlich hatte die Fraktion in ihrem schriftlichen Antrag ausgeführt: „Es liegt der AfD-Fraktion des Kreistags fern, die Schwere und Gefährlichkeit rechtsextremistischer Verbrechen auf Bundesebene bis hin zu Tötungsdelikten in jüngster Zeit zu bestreiten.“ Darüber dürfe man aber das aggressiv-kämpferische Vorgehen auch von Linksextremisten nicht ignorieren.

Julia Goll (FDP/FW) zeigte dennoch keine Neigung, die Namensdiskussion erneut auszutragen. Vorrang müsse die inhaltliche Diskussion haben.

„Diskussion schwächt die Fachstelle und irritiert in der Öffentlichkeit“

Mahnende Worte richtete derweil die Kreisjugendring-Geschäftsführerin Marita Trautner an die Runde: Die Diskussion um den Namen schwäche die Fachstelle und behindere letztlich die Sacharbeit. Zudem irritierten solche Streitigkeiten in der Öffentlichkeit. Extremismus sei, fuhr sie fort, angesichts seiner unglaublich vielen Ausprägungen ein äußerst komplexes Thema. Solle die Fachstelle alle Formen in vollem Umfang beackern, dann müssten auch die personellen Ressourcen ausgebaut werden.

An erster Stelle, so gab schließlich der Landrat noch zu bedenken, stehe ohnedies die Demokratieförderung. Dann ließ er abstimmen: Zwei Mitglieder des Ausschusses – AfD-Kreisrat Marc Maier und CDU-Mann Michael Gomolzig – votierten für den Antrag, alle anderen dagegen. Das letzte Wort hat aber der Kreistag.