Zum Triumph fehlen Friedrich nur Zehntel

Maximilian Friedrich deklassiert bei der Wahl zum neuen Oberbürgermeister von Backnang die Mitbewerber und schrammt mit 49,48 Prozent nur hauchdünn an der Entscheidung bereits im ersten Wahlgang vorbei. Stefan Neumann zieht seine Kandidatur zurück.

Zum Triumph fehlen Friedrich nur Zehntel

Ein beinahe ungläubiger Blick auf das Ergebnis: Maximilian Friedrich schrammte nur haarscharf an der 50-Prozent-Marke vorbei. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Für die meisten Backnanger war klar – eine Entscheidung bei der Wahl des neuen Oberbürgermeisters bereits im ersten Wahlgang ist mehr als unrealistisch, immerhin haben sich acht Bewerber um die Nachfolge von OB Frank Nopper beworben. Und unter diesen Kandidaten waren auch qualifizierte, sodass man davon ausgehen durfte, dass sich die Stimmen verteilen. Doch dann kam es gestern fast zur Sensation. Maximilian Friedrich, derzeit Bürgermeister von Berglen, konnte mit 49,48 Prozent der Wähler sämtliche Mitstreiter meilenweit hinter sich lassen. Der 33-Jährige schrammte nur hauchdünn an einer Entscheidung bereits in der ersten Runde vorbei und war mit dem Ergebnis hoch zufrieden. Er erklärte nach dem Wahlkrimi im Bürgerhaus, der sich aufgrund von massiven Schwierigkeiten bei der Auszählung bis weit nach 21 Uhr hinzog, er sei dankbar für das Votum: „Ich habe gehofft, die Nase vorne zu haben. Dass es jetzt ein sehr spürbarer Vorsprung ist, macht mich dankbar. Das ist ein großer Vertrauensvorschuss. Ich rufe jetzt schon alle auf, beim zweiten Wahlgang wieder wählen zu gehen. Für mich heißt es, weitere 14 Tage Vollgas zu geben.“

Stefan Neumann: „Das Ergebnis hätte ich mir enger vorgestellt.“

Während Friedrich fast die Überraschung schaffte, war Stefan Neumann tief geknickt. Er vereinte nur 24,45 Prozent der Stimmen auf sich und erklärte spontan, beim zweiten Wahlgang am 28. März nicht mehr anzutreten. „Ich gratuliere Maximilian Friedrich zu dem deutlichen Ergebnis im ersten Wahlgang und wünsche ihm alles Gute. Das Ergebnis hätte ich mir enger vorgestellt. Aber Backnang hat die Wahl gehabt und jetzt so entschieden, das muss ich akzeptieren.“ Neumann stufte seinen Rückzug als pragmatische Reaktion ein. „Auch wenn jetzt im ersten Wahlgang noch kein neuer OB gewählt worden ist, so ist es doch mehr als eine deutliche Tendenz. Friedrich wird es werden.“ Trotz der Klatsche versuchte der Künzelsauer Bürgermeister etwas Positives aus dem Wahlkampf mitzunehmen. „Ich hatte eine gute Zeit hier in Backnang und viele gute Gespräche. Es war ein gutes Miteinander unter den Kandidaten. Das deutliche Ergebnis nehme ich sportlich.“ Zudem verwies der 38-Jährige darauf, dass er schließlich noch ein Hauptamt habe, das er mit Freude weiterbetreiben möchte.

Da Neumann als Kandidat von der Backnanger CDU unterstützt wurde, äußerte sich auch die Fraktionsvorsitzende des Gemeinderats, Ute Ulfert, zu dem mäßigen Abschneiden ihres Favoriten: „Das hat unser Kandidat nicht verdient.“

Im Gegensatz zu Neumann zeigte sich Jörg Bauer kämpferisch. Er hatte mit 11,23 Prozent das drittbeste Ergebnis eingefahren und kündigte noch vor der Verkündigung des endgültigen Ergebnisses an, auch in zwei Wochen wieder auf dem Wahlzettel zu stehen: „Ich werde weitermachen zum Wohle von Backnang. Mein Unterschied zu Herrn Friedrich ist: Ich bin ein Macher, vertrauensvoll, verlässlich. Er ist ein Verwalter. Ein Macher ist es gewöhnt, ein Risiko zu tragen und die Pläne in die Praxis umzusetzen. Bei mir sind schon Pläne da, wo Herr Friedrich noch über Konzepte redet.“

Jörg Bauer würdigte stattdessen die Arbeit des bisherigen Mitbewerbers Neumann, „der zumindest auch kleine Pläne hatte“. Dadurch, dass Neumann zurückziehe, beginnt laut Bauer der Wahlkampf erst richtig. Er hat nicht nur Hoffnung, Stimmen von Neumann-Wählern zu erhalten, „das ist mehr als nur hoffen“. Auch glaubt Bauer, in den nächsten Tagen noch Wähler von Friedrich für sich gewinnen zu können.

SPD-Fraktionsvorsitzender Heinz Franke zeigte sich „ausgesprochen überrascht von dem sehr guten Ergebnis“ von Friedrich. Der Sozialdemokrat fühlte aber auch mit dem Verlierer mit und erklärte: „Es ist sicher ein sehr unbefriedigendes Ergebnis für Herrn Neumann.“ Die Werte der restlichen Bewerber hingegen hätten sich in den Bereichen bewegt, die man eigentlich erwarten konnte und die in der Öffentlichkeit so kommuniziert und prognostiziert worden seien. Heinz Franke hatte im Vorfeld erklärt, er könnte sich sowohl mit Friedrich als auch mit Neumann eine gute Zusammenarbeit vorstellen. Nun freute er sich aber doch über das deutliche Votum: „Ein klares Ergebnis ist immer auch eine gute Startvoraussetzung. Wer es jetzt wird, ist ja ziemlich klar.“

Die Auszählung wurde unter anderem deshalb zum Krimi, weil sie sich extrem in die Länge zog. Statt um 19.30 Uhr das Ergebnis zu verkünden, wie im Vorfeld erhofft wurde, war es am Ende schon deutlich nach 21 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich sogar schon einige der Geschlagenen verabschiedet. So hatten noch vor der offiziellen Verkündung des Resultats Roland Stümke, Marco Schlich und Julia Papadopoulos den Heimweg angetreten.

Der zweite Wahlgang findet am Sonntag, 28. März, statt. Auf dem Wahlzettel stehen dann alle Bewerber in derselben Reihenfolge, es sei denn, sie ziehen zurück. Zudem haben weitere Bewerber die Möglichkeit, sich zur Wahl zu stellen. Sie müssen die erforderlichen Unterlagen bis Mittwoch, 17. März, 18 Uhr eingereicht haben.

Kommentar
Kandidat der Herzen

Von Kornelius Fritz

Es gibt kaum Zweifel: Der nächste Backnanger Oberbürgermeister wird Maximilian Friedrich heißen. Zwar hat er die notwendige absolute Mehrheit gestern denkbar knapp verfehlt, doch nach dem Rückzug seines schärfsten Konkurrenten Stefan Neumann dürfte der Wahlsieg in zwei Wochen nur noch Formsache sein.

Ein so deutliches Ergebnis war im Vorfeld nicht zu erwarten, immerhin musste sich der Berglener Bürgermeister gleich gegen sieben Konkurrenten behaupten, darunter ein weiterer Bürgermeister und zwei ambitionierte Lokalmatadore.

Aber Friedrich hat im Wahlkampf alles richtig gemacht: Der jüngste Kandidat im Bewerberfeld startete Anfang Dezember nicht nur als Erster ins Rennen, sondern legte sich auch ins Zeug wie kein Zweiter. Kaum einen Verein, keine Institution und keine größere Firma, die er nicht besucht hat. Gleichzeitig investierte er richtig viel Geld in Plakate und Werbemittel und spielte auch gekonnt die Klaviatur der sozialen Netzwerke. Dabei setzte er nicht nur auf Fakten, sondern auch auf Emotionen. Mit Fotos seiner glücklichen Familie und dem schon fast inflationär gebrauchten Wort „Herzensangelegenheit“ hat er die Herzen vieler Backnanger erreicht.

Dieser emotionale Faktor hat bei Stefan Neumann gefehlt: Der Künzelsauer Bürgermeister kam zwar eloquent rüber, doch es blieb der Eindruck, dass es ihm eher um einen Karrieresprung als um Backnang ging. Und wahrscheinlich war das CDU-Parteibuch für ihn auch eher Bürde als Hilfe. Die sechs weiteren Bewerber waren für Friedrich keine ernsthafte Konkurrenz. Den einen fehlte es an der nötigen Qualifikation, den anderen an Charisma und Überzeugungskraft. So lief am Ende alles auf Friedrich hinaus. Noch hat er das Spiel zwar nicht gewonnen, doch ein Profi wie er wird sich diesen Sieg nicht mehr nehmen lassen.

k.fritz@bkz.de