Mögliches AfD-Verbot

Grüne wollen sprechen – die Union nicht

Die Grünen haben die anderen demokratischen Fraktionen zu einem Gespräch über ein mögliches AfD-Verbot eingeladen. Für die Union ist die Angelegenheit besonders heikel.

Grüne wollen sprechen – die Union nicht

CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann reagierte zurückhaltend auf das Gesprächsangebot der Grünen.

Von Norbert Wallet und Rebekka Wiese

Es ist nun eine Woche her, dass die Grünen eine Einladung verschickten. Vier Absätze, verteilt auf zwei Seiten, gerichtet an die Fraktionschefs von Union, SPD und Linken, unterschrieben von Britta Haßelmann und Katharina Dröge, die die Grünen im Bundestag führen. Sie laden darin zu einem Gespräch ein, am besten noch in der ersten Sitzungswoche. Es soll um die Frage gehen, ob es notwendig ist, ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten – und wenn ja, wie man dabei vorgeht.

Die Linke sagte kurze Zeit später zu, die SPD auch. Und die Union? Bleibt fern. Andreas Jung, der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, sagte unserer Zeitung: „Unser erster Ansprechpartner ist die SPD. Wir besprechen das in der Koalition. “ Jung legte Wert auf die Feststellung, dass die AfD „in erster Linie politisch zu bekämpfen sei.“

Bundestag könnte AfD-Verbot beantragen

Die Frage, ob man ein Verbot der in weiten Teilen rechtsextremen AfD beantragen sollte, treibt die Parlamentarier schon lange um.

Bereits in der vorherigen Legislaturperiode gab es eine Initiative von Bundestagsabgeordneten verschiedener Fraktionen, die ein entsprechendes Verfahren einleiten wollten – angestoßen vom CDU-Politiker Marco Wanderwitz, der in den eigenen Reihen wenig Unterstützung hatte. Der Antrag der Initiative kam nicht mehr zur Abstimmung. Ihm hätte auch die notwendige Mehrheit gefehlt. Im neuen Bundestag dürfte das noch schwieriger sein.

CDU-Politiker Kiesewetter offen für AfD-Verbot

Oder hat sich in der Union doch etwas geändert? Das ist die entscheidende Frage, denn ohne sie hätte sich das Thema erledigt. Roderich Kiesewetter gehörte zur Handvoll CDU-Abgeordneter, die die Wanderwitz-Initiative unterstützt hatten. „Ich sehe bislang noch keine große Änderungsbewegungen in meiner Partei bei dieser Frage“, sagt er unserer Zeitung. Er selbst werde „einen Antrag für ein Überprüfungsverfahren weiterhin unterstützen“. Die AfD sei „eine Bedrohung für unsere Gesellschaft, also keine normale Partei“. Sie agiere „als verlängerter Arm des Kremls – sie dient Russland bei seinem Informationskrieg gegen Deutschland“. Sie wolle den Diskurs schrittweise verschieben, „unsere Demokratie aushöhlen und Vielfalt gefährden“. Kiesewetter warnt: „Meiner Meinung nach drängt die Zeit.“ Er verweist auf „die Pflicht jedes gewählten Volksvertreters, unsere Verfassung zu verteidigen.“

CDU-Politiker Throm: Sorge vor Persilschein für die AfD

Nur sieht das nicht jeder Volksvertreter so. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, beschreibt seine Position so: „Wir grenzen uns inhaltlich und parlamentarisch von der AfD ab und wenden konsequent alle rechtsstaatlichen Mittel gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen an.“ Jedoch müsse bei der Entscheidung über die Abwägung eines Verbotsverfahrens „das Prozessrisiko im Mittelpunkt stehen.“ Wenn ein solches Verfahren scheitere, bekomme „die AfD für die öffentliche Wahrnehmung einen Persilschein der Verfassungskonformität ausgestellt.“ Das gelte auch für eine vorgelagerte Kommission: „Kommt eine solche zu dem Schluss, ein AfD-Verbotsverfahren hätte keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg, würde das in der Öffentlichkeit einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gleichkommen.“

Auch der CDU-Rechtspolitiker David Preisendanz sieht das so. Ihn stört, dass der Eindruck entstehe, „nur, wer ein Verbot fordert, grenzt sich klar von der AfD ab.“ Das aber sei falsch. „Statt Symbolpolitik brauchen wir also kühlen Verstand“, sagt Preisendanz. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung warnte davor, die AfD in eine „Märtyrerrolle“ zu bringen. Das versuche die Partei heute schon bei jeder Gelegenheit, etwa gerade bei der Oberbürgermeisterwahl in Ludwigsburg. Jung sieht jetzt die „Behörden der Exekutive am Zug“. Die müssten Material sammeln und bewerten. Nur wenn man „sehr sicher“ sein könnte, dass der Verbotsantrag chancenreich ist, wäre der Weg zu empfehlen, sagte Jung.