Der Kanzler weist Kritik an den geplanten Verschärfungen beim Bürgergeld zurück: In bestimmten Fällen dürfe der Staat die Leistungen auf null setzen.
Bundeskanzler Friedrich Merz verteidigt die neuen Pläne zum Bürgergeld. (Archivbild)
Von red/dpa
Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Pläne verteidigt, Bürgergeld-Empfängern bei wiederholten Terminversäumnissen im Jobcenter künftig alle Leistungen zu streichen. „Es wird in Deutschland niemand obdachlos. Jeder, der eine Wohnung oder ein Dach über dem Kopf braucht, bekommt ein Dach über dem Kopf“, sagte der CDU-Chef dem ARD-Hauptstadtstudio. „Aber diejenigen, die gar nicht mitwirken, die sich noch nicht einmal melden beim Jobcenter, von denen müssen wir doch davon ausgehen, dass sie die Hilfe des Staates, des Sozialstaates, nicht brauchen.“
Deswegen werde die komplette Einstellung aller Leistungen im Gesetz stehen, „aber eben für diese Fälle“. Merz fügte hinzu: „Jemand, der sich monatelang beim Jobcenter nicht meldet - obwohl eingeladen, angerufen, einfach nicht kommt - da muss der Staat doch davon ausgehen: Du hast andere Möglichkeiten, deinen Lebensunterhalt zu verdienen.“
Union und SPD einigen sich auf Änderungen beim Bürgergeld
Die Spitzen von Union und SPD hatten sich im Koalitionsausschuss nach wochenlangen Verhandlungen auf Änderungen beim Bürgergeld geeinigt, das künftig Grundsicherung heißen soll. Die rund 5,5 Millionen Bezieher müssen sich auf verschärfte Mitwirkungspflichten und bei Missachtung auf schärfere Sanktionen einstellen. Wer Termine im Jobcenter wiederholt versäumt, dem sollen künftig alle Leistungen gestrichen werden - letztlich auch die Unterstützung zur Unterkunft.
Sozialverbände, die Grünen und der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation Jusos, Philipp Türmer, hatten die Pläne kritisiert. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Joachim Rock, wertete sie etwa als „ein ungerechtfertigtes und unsoziales Misstrauensvotum gegen Arbeitsuchende“. Die Bundesregierung riskiere, „Haushalte und Familien in verfestigte Armut und Existenznot zu treiben“.
„Mit den angekündigten massiven Ausweitungen der Leistungskürzungen steuert die Koalition sehenden Auges auf eine Klatsche vor dem Verfassungsgericht zu“, warnte Türmer im „Tagesspiegel“. Die Grundsicherung müsse ein sozioökonomisches Existenzminimum garantieren, das sei nun bedroht. Der Juso-Chef forderte die Abgeordneten seiner Partei auf, sich gegen die Verschärfung zu stellen.
Merz zeigt sich zuversichtlich
Merz zeigte sich dagegen zuversichtlich, dass die SPD-Bundestagsfraktion „den Weg mitgeht, weil es ist im Interesse der Betroffenen, dass wir helfen, aber dass wir auch gute Anreize setzen, wieder zu arbeiten“. Im „heute journal“ des ZDF sagte er: „Das Bundesverfassungsgericht hat nie dem Gesetzgeber so enge Grenzen gesetzt, wie es häufig behauptet worden ist.“ Wer sich jeder Zusammenarbeit verweigere, dem könne der Staat die Leistungen auf null setzen.
Der Kanzler kündigte in der ARD an, das Gesetz solle spätestens im Frühjahr 2026 umgesetzt werden. Der Entwurf werde jetzt schnell in der Koalition abgestimmt und noch in diesem Jahr in den Bundestag eingebracht. „Ich gehe davon aus, dass wir in den ersten Wochen des nächsten Jahres das Gesetz verabschieden und dass es dann relativ schnell auch in Kraft treten kann.“