Gutachter nennt Patientenmörder einen Lügner

Psychologe sagt im neuen Prozess gegen den Serientäter Högel aus

Oldenburg /DPA - Der mutmaßliche Serienmörder Niels Högel hat nach Einschätzung eines Gutachters in seinen Vernehmungen lange Zeit bewusst gelogen. Bestimmte Aussagen des ehemaligen Krankenpflegers könnten eindeutig als widerlegt angesehen werden, sagte der psychologische Sachverständige Max Steller am Donnerstag bei der Vorstellung seines Gutachtens vor dem Landgericht Oldenburg.

Die Staatsanwaltschaft hat Högel wegen Mordes an 100 Patienten an den Kliniken in Delmenhorst und Oldenburg angeklagt. Sie wirft ihm vor, seine Opfer zwischen 2000 und 2005 mit Medikamenten zu Tode gespritzt zu haben. Wegen des Todes von sechs Patienten auf der Delmenhorster Intensivstation hat das Gericht den Deutschen bereits zu lebenslanger Haft verurteilt.

„Er hält falsche Aussagen häufig so lange aufrecht, bis das Gegenteil eigentlich völlig feststeht“, sagte Steller. Dann räume Högel den Vorwurf ein, versuche aber selbst dann noch, eine Erklärung für seine Falschaussage zu finden. „Er weiß um seine Vergangenheit Bescheid und will es nicht wahrhaben. Er weiß, was er gemacht hat.“

Steller sprach von einem „Lügenmodell“, bei dem Högel seine Aussagen der jeweiligen Faktenlage angepasst habe. Er habe eine „hohe Lügenneigung und eine hohe Lügenbereitschaft“ und sei in der Lage, qualitativ hochwertige Falschaussagen zu machen. Dem widerspreche nicht, dass er sich oft bemühe, die Wahrheit zu sagen.

Steller untersuchte ausschließlich die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Angeklagten. Die ursprünglich für den späteren Nachmittag geplante Anhörung des Psychiaters Henning Saß zur Schuldfähigkeit des 42-Jährigen verschob das Gericht aus zeitlichen Gründen.