In der Entwicklungshilfe ist eine neue Zeit angebrochen. Das Ziel muss sein, mit weniger Geld mehr zu erreichen, kommentiert Tobias Peter.
Wie kann Deutschland am besten in armen Ländern helfen – und wie viel Geld steht dafür zur Verfügung?
Von Tobias Peter
Es ist noch gar nicht so lange her. Die Ampel hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag eine Eins-zu-Eins-Regel vorgenommen: Für jeden Euro zusätzlich fürs Militär sollte es einen für Krisenprävention, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit geben. Dann kam der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine – und das Ziel ließ sich nicht mehr halten. Deutschland musste und muss viel mehr in die Bundeswehr investieren.
Mit Schwarz-Rot ist nun in der Entwicklungshilfe eine neue Zeit angebrochen. Ministerin Reem Alabali Radovan muss kräftig sparen. Die SPD-Politikerin hat angekündigt, es gehe nun darum, nachhaltige Entwicklung mit wirtschaftlichen Interessen zusammenzubringen. Deshalb sollen Vertreter der deutschen Wirtschaft künftig frühzeitig eingebunden werden.
Donald Trump hat eine Lücke gerissen
Keine Frage, die Ministerin wird sich an ihrem gleichzeitigen Bekenntnis messen lassen müssen, die wertebasierte Entwicklungszusammenarbeit der Vorgängerregierung werde fortgesetzt. Deutschland muss im Kampf gegen Hunger und Armut einen seiner Größe angemessenen Beitrag leisten. Es hat – bei aller offensichtlichen Notwendigkeit von Einsparungen im Haushalt – die moralische Pflicht, die Entwicklungshilfe gerade jetzt aufrechtzuerhalten. In einer Zeit, in der sich die USA unter Führung Donald Trumps dafür ganz und gar nicht mehr interessieren.
Gleichzeitig ist es richtig, jedes einzelne Projekt daraufhin anzuschauen, ob es sinnvoll ist. Die deutsche Entwicklungshilfe ist in den vergangenen Jahren fraglos immer wieder zu Unrecht populistisch angegriffen worden. Die Mittel für die oft kritisierten Fahrradwege in Peru sind weit geringer, als in zerstörerischer Penetranz behauptet wurde. Weiteres Geld, das dort in den Aufbau eines umweltfreundlichen Bussystems fließt, wurde per Kredit vergeben. Es ist klug, den Klimawandel nicht nur in Deutschland zu bekämpfen – sondern auch dort, wo mit geringen Mitteln mehr erreicht werden kann.
Dennoch ist es ein offenes Geheimnis, dass in der Entwicklungshilfe Geld immer wieder auch weitgehend wirkungslos in Projekten versickert. Das weiß jeder, der einmal mehr als nur einen kurzen Besuch vor Ort verbracht hat. Entwicklungshilfe sichert gut bezahlte Jobs – für deutsche Entwicklungshelfer. So sagt es auch manch desillusionierter Mitarbeiter von entsprechenden Organisationen unter der Hand selbst. Ist das alles? Nein. Aber dafür, dass ein Projekt nachhaltig etwas zum Besseren wendet, muss es sehr gut ausgewählt sein und noch besser umgesetzt werden. Wenn Spardruck dabei helfen sollte, dass dies künftig häufiger der Fall ist, wäre das eine gute Sache.
Der besondere Blick auf China
Auch eine stärkere Verschränkung mit Interessen der deutschen Wirtschaft muss nicht verkehrt sein. Wenn Geschäfte zustande kommen, von denen auch die ärmeren Länder profitieren, kann das die beste Hilfe sein. Europäer, gerade Deutsche, schauen oft mit Recht sehr kritisch darauf, wie China sich in Afrika Rohstoffe sichert und eine Politik allein zum eigenen Vorteil betreibt. Spricht man mit Menschen in Afrika, halten sie einem aber schon mal entgegen: „Die Chinesen machen wenigstens Geschäfte mit uns.“
Entwicklungspolitik, wie sie sich etwa Willy Brandt als Verfechter des Nord-Süd-Dialogs vorgestellt hat, hatte immer den Anspruch, ein Beitrag für eine gerechtere Welt und damit auch für den Frieden zu sein. Das Ziel ist weiter richtig. Da es erkennbar so fern ist wie eh und je, ist es aber legitim, an einigen Stellschrauben zu drehen und zu versuchen, ob sich mit weniger Geld vielleicht sogar mehr erreichen lässt.