Sorge vor Omikron trübt zuversichtlichen Mittelstand

dpa Stuttgart. Die Corona-Pandemie macht vor allem auch dem Einzelhandel zu schaffen und Experten sehen dem neuen Jahr mit gemischten Gefühlen entgegen.

Sorge vor Omikron trübt zuversichtlichen Mittelstand

Der Einzelhandel leidet während der Corona-Pandemie. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Die mittelständische Wirtschaft in Deutschland blickt zuversichtlicher in die Zukunft als noch vor rund einem Jahr. Das ergab eine repräsentative Umfrage unter rund 800 Unternehmen im November und Dezember, wie die Beratungsgesellschaft EY in Stuttgart mitteilte.

Gut jeder zweite Mittelständler rechne inzwischen damit, dass sich seine Geschäftslage in den kommenden Monaten verbessern werde. Rund jedes dritte Unternehmen wolle neue Stellen schaffen.

Fachkräftemangel und Teurungen

Die Unternehmen sorgen sich weniger um die Corona-Pandemie und deren Folgen als um den Mangel an Fachkräften, wie die Umfrage ergab. 67 Prozent der Firmen bezeichnen diesen Engpass als eine Gefahr, das sind 13 Prozentpunkte mehr als in der vorherigen Befragung vor rund einem Jahr. Sorgen bereiten demnach auch hohe Rohstoffpreise, mögliche Hackerangriffe und der Höhenflug der Energiepreise. Erst dahinter rangiert die Befürchtung, dass sich die Corona-Pandemie verschlimmern könnte.

Das sogenannte Mittelstandsbarometer von EY ergab auch, dass die meisten Unternehmen ungeachtet der Corona-Krise gute Geschäfte machen. Es gebe jedoch auch Schattenseiten. So leide der Einzelhandel unter den Corona-Beschränkungen. Die Automobilbranche sei vom Engpass bei Halbleitern betroffen. Es spreche jedoch inzwischen einiges für einen spürbaren Konjunkturaufschwung, sagte EY-Partner Michael Marbler. Gleichzeitig schränkte er ein, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei und „immer wieder böse Überraschungen“ bereithalte.

Gefahr durch Omikron?

Im Gegensatz dazu rechnet der deutsche Groß- und Außenhandel mit Blick auf die sich ausbreitende Omikron-Variante mit einer länger anhaltenden Schwächephase der deutschen Konjunktur. „Die Omikron-Variante erzwingt weltweit Kontaktbeschränkungen - und das wird die schon bekannten Lieferkettenprobleme wieder verschärfen“, sagte Außenhandelspräsident Dirk Jandura der „Rheinischen Post“ (Montag). „Ich befürchte, dass wir uns für einige weitere Monate auf teils erhebliche Lieferprobleme einstellen müssen“, sagte der Chef des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Das betreffe etwa Halbleiter und Baustoffe wie Holz oder Metallteile. „Wenn Omikron in der rasenden Geschwindigkeit um sich greift, wie die Gesundheitsexperten es voraussagen, kann das nicht ohne spürbare Folgen für die Konjunktur bleiben.“

Bei den deutschen Exporten machten sich die Engpässe ebenso bemerkbar: „Die Auftragsbücher sind zwar weiterhin voll, aber wir können nicht liefern, weil wir die Vorprodukte nicht bekommen, etwa Halbleiter“, sagte Jandura. Die Branche habe ihre Umsatzprognose für 2022 gesenkt. „2021 haben wir ein Umsatzplus von rund acht Prozent verzeichnet, wegen der Preisanstiege bleiben davon real drei Prozent übrig. Für 2022 sagen wir nur noch ein Umsatzwachstum von 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr voraus. Das reale Plus soll ebenfalls bei drei Prozent liegen, das wird aber von der Preisentwicklung abhängig sein - und davon, wie sehr sich Corona noch auf den Handel weltweit auswirkt“, sagte Jandura.

Einzelhandel warnt vor Lockdown

Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) befürchtet, dass die Ausbreitung Omikron-Variante dem Einzelhandel in den deutschen Innenstädten noch einmal einen Schlag versetzen wird. „Wenn die Inzidenzzahlen in die Höhe schnellen, werden wahrscheinlich wieder weniger Menschen in die Innenstädte kommen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE) Stefan Genth.

Genth warnte dennoch nachdrücklich vor einem neuen Lockdown im Einzelhandel zur Bekämpfung der Pandemie: „Zu sagen, wir schließen jetzt mal die Läden und damit haben wir Omikron im Griff, das wäre absolut falsch.“ Die Hygienekonzepte des Handels und die Maskenpflicht beim Einkauf böten weiterhin sehr guten Schutz vor einer Ansteckung. Genth verwies darauf, dass bei einer Trendumfrage des HDE rund 50 Prozent der befragten Nicht-Lebensmittelhändler angegeben hätten, dass sie ihre Existenz schon durch die Fortdauer der geltenden Zugangsbeschränkungen gefährdet sähen. Die Einführung von 2G habe im betroffenen Handel im Schnitt zu einem Rückgang der Besucherzahlen um über 40 Prozent und zu einem Drittel weniger Umsatz geführt.

Mit Blick auf die Tage nach Weihnachten zeigte sich der Branchenkenner aber gedämpft optimistisch. „Wir hoffen, dass die Menschen Gutscheine und Geldgeschenke in die Läden tragen und gehen schon davon aus, dass die Besucherzahlen in den Innenstädten ganz ordentlich sein werden. Aber vom Vorkrisenniveau etwa im Jahr 2019 wird das wohl weit entfernt sein.“.

Mit gemischten Gefühlen sieht Genth auch auf das Jahr 2022. Niemand könne sagen, wie sich die Pandemie weiterentwickeln werde, sagte er. Da sei eine Prognose kaum möglich. „Aber die Leute wollen sich etwas gönnen. Und es ist oft auch genug Geld da. Deshalb glaube ich schon, dass der Einzelhandel 2022 eine gute Chance hat.“

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