Harro Höfliger eröffnet Werk in Oppenweiler

Der Maschinenbauer aus Allmersbach im Tal hat das ehemalige Werksgelände der Firma Contitech gekauft. Bis Jahresende sollen dort bis zu 100 Beschäftigte ihre Arbeit aufnehmen. Die Pläne für einen Neubau in den Backnanger Lerchenäckern sind damit aber nicht vom Tisch.

Harro Höfliger eröffnet Werk in Oppenweiler

Noch ist es ziemlich leer in den Montagehallen in Oppenweiler, aber das wird sich bald ändern. Markus Höfliger ist froh, dass es gelungen ist, einen Produktionsstandort in der Region zu finden, der kurzfristig verfügbar war. Foto: Tobias Sellmaier

Von Kornelius Fritz

Oppenweiler. Coronapandemie, Energiekrise, Rezessionsangst – das alles scheint an der Firma Harro Höfliger fast spurlos vorbeizugehen. Obwohl erst Oktober ist, steht bereits fest, dass 2022 ein weiteres Rekordjahr für den Maschinenbauer aus Allmersbach im Tal werden wird. „Wir werden einen Auftragseingang von 400 Millionen Euro erreichen“, sagt Geschäftsführer Thomas Weller. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei rund 300 Millionen Euro. Das Unternehmen profitiert davon, dass man sich schon vor vielen Jahren auf den Bau von Maschinen für die Pharmaindustrie spezialisiert hat. Eine krisensichere Branche, die wegen des medizinischen Fortschritts und einer immer älter werdenden Bevölkerung jedes Jahr um sechs bis acht Prozent wächst. Harro Höfliger expandiert noch deutlich schneller: Zuletzt kamen pro Jahr etwa 150 Beschäftigte hinzu, insgesamt sind es aktuell rund 1800.

Das schnelle Wachstum beschert der Unternehmensleitung allerdings ein Luxusproblem: An den drei Produktionsstandorten Allmersbach im Tal, Backnang und Satteldorf wurde es immer enger. Erschwerend kommt hinzu, dass Lieferengpässe, etwa bei Mikrochips, dazu führen, dass die Maschinen oft deutlich länger in den Montagehallen stehen als früher. Harro Höfliger brauchte daher dringend neue Flächen.

Kosten für einen Neubau inBacknang waren unkalkulierbar

Weil die Erweiterungsmöglichkeiten am Stammsitz in Allmersbach fast ausgeschöpft sind, sollten diese ursprünglich in den Backnanger Lerchenäckern entstehen. Dort hatte das Unternehmen 2018 in der Nähe des bestehenden Technologiezentrums ein zwei Hektar großes Grundstück erworben. „Unsere Planung für einen Neubau war bereits fertig, wir hatten schon einen Bauträger gesucht“, erzählt der Aufsichtsratsvorsitzende Markus Höfliger. Doch dann kam Corona und die Firmenleitung zog erst einmal die Reißleine. Zum Glück, wie Markus Höfliger heute sagt, denn durch die Pandemie habe sich die Arbeitswelt geändert. Durch Homeoffice und Videokonferenzen brauche man jetzt weniger Büros und Besprechungsräume. Die Pläne wurden noch einmal überarbeitet.

Neuer Termin für den Baustart sollte dann 2022 sein, doch diesmal durchkreuzte die Hochkonjunktur am Bau die Pläne. Keine Baufirma sei bereit gewesen, ein verbindliches Angebot zu einem festen Preis zu machen, erzählt Markus Höfliger. Und ein finanzieller Blindflug war der Unternehmensleitung beim größten Investitionsprojekt der Firmengeschichte dann doch zu riskant. So musste eine andere Lösung her und das möglichst schnell.

In diesen Tagen nehmen die ersten Mitarbeiter ihre Arbeit in dem neuen Werk auf

Fündig wurde Harro Höfliger in Oppenweiler, wo der Automobilzulieferer Contitech im vergangenen Jahr sein Werk geschlossen hat. Das Firmengelände mit einer Gesamtfläche von 12000 Quadratmetern stand zum Verkauf. Allerdings war die Immobilie aus den 1980er-Jahren nicht im besten Zustand. „Man brauchte schon ein bisschen Fantasie, um sich vorzustellen, was wir daraus machen könnten“, sagt Markus Höfliger. Doch die hatte sein Team offenbar und gab nach Abschluss des Kaufvertrags im Juli ordentlich Gas, um in den Hallen so schnell wie möglich produzieren zu können. Unter anderem wurden Zwischenwände entfernt, Elektrik und Beleuchtung komplett erneuert, neue Böden verlegt und alles frisch gestrichen.

Abgeschlossen sind die Arbeiten zwar noch nicht, doch in diesen Tagen machen sich die ersten Höfliger-Mitarbeiter bereits ans Werk. „Eine Vorhut von 10 bis 15 Mitarbeitern ist schon da. In den nächsten zwei Wochen werden es noch deutlich mehr werden“, sagt Heinrich Havenstein, der in der Geschäftsführung für die Produktion zuständig ist. Ein Großauftrag für zehn Produktionslinien eines Pharmaherstellers sollen die ersten Maschinen „made in Oppenweiler“ werden. Bis Jahresende könnten bereits rund 100 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz in dem neuen Werk haben. Für Entwicklerinnen und Projektingenieure gibt es dort auch Büroarbeitsplätze.

Im Frühjahr wurde bereits eine Firmaim Kreis Göppingen übernommen

Mit dem Bezug des neuen Werks sind die Kapazitätsengpässe bei Harro Höfliger fürs Erste beseitigt. „Das ist für uns ein Befreiungsschlag“, sagt Markus Höfliger. Auch Oppenweilers Bürgermeister Bernhard Bühler ist erleichtert, dass so schnell ein neuer Nutzer für die Immobilie gefunden wurde. Er hatte nach dem Abgang von Contitech zunächst bei den größeren Unternehmen im Ort angeklopft. Nachdem diese jedoch nicht interessiert waren, ist Harro Höfliger aus Sicht des Bürgermeisters die beste Option: „Die Firma ist stark in der Region verwurzelt. Das ist eine sehr gute Lösung.“

Nun sind es sechs Standorte

Mit dem neuen Werk in Oppenweiler verfügt Harro Höfliger nun bereits über sechs Standorte. Neben Allmersbach, Backnang, Satteldorf und dem Logistikzentrum in Aspach hat die Firma seit dem Frühjahr auch ein Werk in Schlierbach. Dort hat Höfliger im März den angeschlagenen Schweißmaschinenhersteller Widmann übernommen. So kamen auf einen Schlag noch einmal 70 qualifizierte Mitarbeiter hinzu, die nun ebenfalls Höfliger-Maschinen bauen. Der neue Standort im Landkreis Göppingen hat für Thomas Weller noch einen weiteren Vorteil: „So erweitern wir unser Einzugsgebiet bei der Personalgewinnung.“ Denn der Fachkräftemangel ist auch bei Harro Höfliger deutlich zu spüren.

Und was ist mit den Neubauplänen in den Lerchenäckern? Die seien nach wie vor aktuell, versichert Markus Höfliger: „Wenn man unser Wachstum der vergangenen Jahre bis 2030 hochrechnet, liegt der Schluss nahe, dass wir dieses Projekt trotzdem realisieren werden.“ Allerdings habe man nun etwas Zeit gewonnen und könne abwarten, bis sich die Lage im Bausektor wieder ein wenig normalisiert habe.

Mit neuer Struktur auf Wachstumskurs

Leitung Nach dem Tod des Firmengründers Harro Höfliger im Mai 2019 hat sich die Führungsebene des Unternehmens neu aufgestellt. Das operative Geschäft wird nun von einer fünfköpfigen Geschäftsführung mit Thomas Weller an der Spitze geleitet. Hauptgesellschafter Markus Höfliger wechselte in den Aufsichtsrat. Diesem gehören außer ihm noch Kärcher-Chef Hartmut Jenner und Siegfried Drost, ehemaliger Geschäftsführer der Firma Uhlmann Pac-Systeme aus Laupheim, an.

Geschäftsbereiche Um trotz des rasanten Wachstums der vergangenen Jahre flexibel zu bleiben, hat Harro Höfliger auch seine Organisationsstruktur verändert. Das Unternehmen wurde in vier eigenständige Geschäftsbereiche aufgeteilt, die unterschiedliche Technologien betreuen. Diese haben jeweils eine eigene Führung und agieren weitgehend selbstständig. Unterstützt werden sie von den zentralen Geschäftsbereichen wie Einkauf, Personal und Buchhaltung.

Standorte Auch die verschiedenen Werke wurden der neuen Struktur angepasst. Der Bereich „pharmazeutische Technologien“ ist in Allmersbach im Tal angesiedelt, der Bereich „Montagetechnik“ in Allmersbach und Schlierbach. Der Bereich „Bahnverarbeitung“ hat seinen Standort in Backnang, die klassischen Verpackungsmaschinen werden in Backnang und Satteldorf gebaut. Der neue Standort Oppenweiler ist vorerst für Großprojekte aus allen vier Bereichen vorgesehen.