Hatte der Attentäter einen Komplizen?

Motive des mutmaßlichen Schützen von Straßburg noch nicht geklärt – Bundeskriminalamt warnt vor möglichen Nachahmern

Strassburg (dpa). Nach dem Tod des mutmaßlichen Straßburger Attentäters Chérif Chekatt fahnden die Ermittler nach mögliche Komplizen. „Die Untersuchung wird nun fortgesetzt, um potenzielle Komplizen und Mittäter zu identifizieren, die ihn zu der Tat ermutigt oder bei den Vorbereitungen geholfen haben könnten“, sagte der Pariser Antiterrorstaatsanwalt Rémy Heitz am Freitag in Straßburg. In der Elsass-Metropole und an den Grenzen kehrte wieder etwas Normalität ein. Der Weihnachtsmarkt wurde wiedereröffnet. Gleichzeitig warnen deutsche Behörden vor Nachahmern.

Nach einer zweitägigen Großfahndung hatte die Polizei den mutmaßlichen Attentäter Chekatt am Donnerstag in Straßburg getötet. Er soll für den Terroranschlag in der elsässischen Metropole am Dienstagabend mit mittlerweile vier Todesopfern verantwortlich sein. Einer der Verletzten, ein italienischer Journalist, starb am Freitag.

Am Abend ist Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron in der elsässischen Metropole eingetroffen. Macron legte unter dem Denkmal für den elsässischen General Jean-Baptiste Kléber eine weiße Rose nieder. Macron dankte anschließend den auf dem Platz versammelten Sicherheitskräften.

Nach Angaben von Chefermittler Heitz befanden sich am Freitag sieben Menschen in Gewahrsam. Bei vier von ihnen handelte es sich demnach um Familienangehörige von Chekatt, bei den drei anderen um der Familie nahestehende Personen. Zwei von ihnen seien in der Nacht zum Freitag festgenommen worden. Zum Motiv des mutmaßlichen Attentäters äußerte sich Chefermittler Heitz nicht weiter.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag nach dem Tod Chekatts für sich. Der Angreifer sei ein Soldat des Islamischen Staates gewesen, meldete das IS-Sprachrohr Amak. Frankreichs Innenminister Christophe Castaner nannte die Reklamation „opportunistisch“ – sie ändere nichts. „Hier war ein Mann in unserer Mitte, der das Böse nährte“, sagte er.

Bekannt ist, dass der Angreifer vor seiner Tat Zeugen zufolge „Allahu Akbar“ (Allah ist groß) gerufen hat. Außerdem sei eine Radikalisierung Chekatts während eines Gefängnisaufenthaltes aufgefallen, hieß es vonseiten der Behörden. Er wurde in zwei Antiterrorverzeichnissen der französischen Regierung geführt und vom Geheimdienst überwacht.

Am Freitagvormittag wurde der Weihnachtsmarkt in der Elsass-Metropole wiedereröffnet. Innenminister Castaner und der Straßburger Bürgermeister Roland Ries gingen über den Markt in der Innenstadt und sprachen mit Verkäufern und Besuchern. Der Platz wurde von Polizei und Soldaten abgesichert. An den Buden konnte man wieder Glühwein und Essen kaufen.

Auch an der deutsch-französischen Grenze entspannte sich die Lage. Dort gab es keine zusätzlichen Kontrollen von Deutschland nach Frankreich mehr. Die Einsatzkräfte zogen sich nach Angaben der Bundespolizei am Donnerstagabend gegen 23 Uhr zurück. Besonders streng war zuvor der Grenzübergang Kehl–Straßburg kontrolliert worden. Hier kam es zu längeren Verzögerungen im Straßenverkehr.

Das Bundeskriminalamt warnte vor möglichen Nachahmern. Die öffentliche Debatte über den Anschlag könne „tatinitiierend“ für andere Täter sein, berichtete das Magazin „Der Spiegel“ unter Berufung auf einen vertraulichen Lagebericht. Der Straßburger Anschlag konkretisiere „die seit längerer Zeit bestehende hohe abstrakte Gefährdung für europäische Staaten aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus“, heißt es demnach weiter in dem Papier. Es gebe derzeit aber keine Erkenntnisse, dass Weihnachtsmärkte in Deutschland konkret gefährdet seien.