Streit über Krankschreibungen

Hausärzte kontern Trigema-Chef Grupp

Der Seniorchef von Trigema, Wolfgang Grupp, gibt Ärzten eine Mitschuld für die vielen Fehltage von Beschäftigten. Prompt widerspricht die Bezirksärztekammer Nordwürttemberg.

Hausärzte kontern Trigema-Chef Grupp

Wolfgang Grupp hält nicht jede Krankschreibung für nötig.

Von Regine Warth

Schreiben Ärzte ihre Patienten teils sinnlos krank, sorgen damit für einen hohen Krankenstand und bescheren den Unternehmen zu viele Fehltage von Beschäftigten? Diesen Vorwurf von Trigema-Seniorchef Wolfgang Grupp will der Präsident der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, Jürgen de Laporte, nicht unwidersprochen stehen lassen. „Das Problem, dass der Krankenstand in der Bevölkerung zunimmt, ist nicht der leichtfertige Umgang mit Krankschreibungen“, versicherte Jürgen de Laporte, selbst niedergelassener Hausarzt in Esslingen, gegenüber unserer Zeitung.

„Nicht gut genug für nächste Krankheitswelle gewappnet“

Entscheidend sei vielmehr die mangelnde Gesundheitskompetenz vieler Arbeitnehmer. „Viele Menschen haben kein Gefühl dafür, wie lange ein Infekt andauert und kehren zu früh an ihre Arbeitsstelle zurück.“ Dort laufen sie nicht nur Gefahr, andere Kollegen anzustecken. „Sie sind auch nicht gut genug für die nächste Krankheitswelle gewappnet“, sagt de Laporte. Die Folge: Es kommt zeitnah erneut zu krankheitsbedingten Fehltagen.

In einer ZDF-Sendung hatte sich Grupp, Seniorchef des Textilunternehmens in Burladingen, sehr kritisch über die auf hohem Niveau verharrende Zahl der Krankheitstage in Deutschland ausgelassen. Verantwortlich dafür sei auch die Haltung der Ärzte. In seinem Arbeitsumfeld greife er daher hart durch: „Es gibt kaum einen Arzt in unserem Umfeld, dem ich nicht einen satten Brief geschrieben habe.“ Eine klare Linie gegenüber „Scheinkranken“ werde auch von den anderen Mitarbeitern erwartet, glaubt Grupp.

Es stimme, dass Hausärzte Patienten, die am Wochenbeginn krank die Praxis aufsuchten, häufig für die komplette Woche krankschrieben – auch um kurz aufeinanderfolgende Arzttermine zu vermeiden, bekennt der Hausarzt de Laporte. „Allerdings ist eine Krankschreibung keine Verpflichtung für den Arbeitnehmer, diese Karenzzeit unter allen Umständen einzuhalten.“ Wer sich schon vorher gesund fühle, sollte dies dem Arbeitgeber melden und auch wieder zur Arbeit erscheinen.

Regelmäßig Fieber messen – und zwar rektal

Doch wann ist man tatsächlich gesund? De Laporte verweist dabei auf das Merkblatt „Fieberhafte Infekte“ der Zeitschrift „Der Hausarzt“: Demnach ist die Körpertemperatur ein guter Hinweisgeber, wann und wie lange ein Erkrankter im Arbeitsleben ausfällt. Erst wenn das Fieberthermometer am Abend über zwei bis drei Tage wieder unter 37 Grad anzeigt, kann sich der Alltag normalisieren. Hierbei sollte darauf geachtet werden, sich nicht zu überanstrengen. In der Erholungsphase ist der Körper nämlich anfälliger für weitere Infekte.

Ein weiterer Tipp des Hausarztes de Laporte: „Fieber immer rektal messen“, sagt er. Nur so käme man an valide Daten. Wer diese Ratschläge beherzige, sei gegebenenfalls zwar erst einmal mehrere Tage krankgeschrieben. „Aber er steckt dann einerseits seine Kollegen und andererseits sich selbst nicht mehr so leicht mit einem neuen Infekt an.“