„Haushalt des Tatendrangs und des Muts“

Backnangs Oberbürgermeister Nopper verteidigt neue Schulden und Steuererhöhungen mit der Fülle neuer Aufgaben

Das Wachstum der Stadt Backnang hat viele positive Facetten, es hat aber auch einen Preis. In seiner Haushaltsrede kündigte OB Frank Nopper an, neue Schulden aufnehmen und die Grund- und Gewerbesteuer erhöhen zu müssen. Nur so könnten die riesigen neuen Aufgaben gestemmt werden. Er empfahl den Stadträten, sich in den nächsten Wochen mit dem Zahlenwerk zu beschäftigen, in die saure Zitrone zu beißen und den neuen Rekordhaushalt abzusegnen.

„Haushalt des Tatendrangs und des Muts“

Wenn alle Projekte umgesetzt werden und nichts Unerwartetes eintritt, wird die Verschuldung der Stadt Backnang auf knapp 10 Millionen Euro steigen.

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Das Haushaltsvolumen für das nächste Jahr ist so hoch wie noch nie: 133,6 Millionen Euro. Für Nopper handelt es sich dabei um einen Haushalt des Tatendrangs und des Muts zu Zukunftsprojekten. So belaufen sich alleine die Bauinvestitionen auf über 19 Millionen Euro. Sie sind aber bei Weitem nicht der größte Posten. Vielmehr schlagen die Personalausgaben besonders kräftig ins Kontor. Die haben sich im Zehnjahresvergleich um 13 Millionen Euro auf nun 32 Millionen Euro erhöht. Das hängt in erster Linie mit der gestiegenen Kinderbetreuung zusammen. Und die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Auch im Etat 2020 wird sich die Zahl der Betreuungskräfte in diesem Bereich nochmals deutlich erhöhen, geplant sind 13 neue Stellen. Aber auch die Verwaltung soll um zehn neue Stellen erweitert werden. Grund dafür sind neue Aufgaben bei der Digitalisierung der Schulen.

Abmangel der Kindertagesstätten hat sich in zehn Jahren verdreifacht

Im Zehnjahresvergleich fast verdreifacht hat sich der Abmangel der Kindertagesstätten. Darin enthalten sind nicht nur die Zuschüsse für die Kitas in städtischer Trägerschaft, sondern auch der Anteil an den Betriebskosten für die Einrichtungen in kirchlicher und freier Trägerschaft. 2010 waren dafür 4,4 Millionen Euro nötig, nächstes Jahr sollen es 12,3 Millionen Euro werden. Allein von 2019 auf 2020 steigen laut Nopper Abmangel und Zuschüsse in diesem Bereich um 1,8 Millionen Euro, das sind 17 Prozent.

Auch die Kreisumlage ist in den vergangenen zehn Jahren weiter und weiter gestiegen – und zwar von 15,9 auf nunmehr 18,4 Millionen Euro. Dabei hat Nopper voller Optimismus einen Hebesatz von 32,0 Punkten unterstellt. Allein von 2019 auf 2020 würde dies eine Erhöhung um 1,7 Millionen Euro bedeuten. Nopper: „Die Kreisumlage stellt mittlerweile nach den Personalausgaben unseren zweithöchsten Ausgabeposten im laufenden Haushalt dar.“

All das geht nicht spurlos an der Verschuldung vorbei. Nopper erinnerte daran, dass es der Stadt in den vergangenen Jahren gelungen sei, sich kontinuierlich zu entschulden. Nämlich von 6,7 Millionen Euro im Jahr 2009 auf voraussichtlich 3,7 Millionen Euro per Jahresende 2019. Das stellt fast eine Halbierung dar. Zudem habe es seit 2011 keine Neuverschuldung mehr gegeben. Doch nun sei das eingetreten, was er in seiner Haushaltsrede vom vergangenen Jahr befürchtet hatte: „Dass nämlich der Haushalt 2019 der bis auf Weiteres letzte Schönwetterhaushalt war.“ Nun erblickt der Verwaltungschef tatsächlich dunkle Schuldenwolken über dem Kernhaushalt. Laut Plan sind allein für 2020 etwa 6,4 Millionen Euro neue Kredite fällig. Nopper: „Wir müssen wie in der Vergangenheit alles daransetzen, diese dunklen Schuldenwolken zu vertreiben. Es dürfte uns diesmal aber nicht wie in der Vergangenheit gelingen, die geplanten Kreditaufnahmen ganz zu vermeiden. Unser Ziel muss es aber sein, die tatsächliche Neuverschuldung nicht über 4 Millionen Euro anwachsen zu lassen.“

Ein ausschlaggebender Faktor sind bei alledem auch die geringeren Einnahmen. Die Stadt muss Umlagen ans Land und den Kreis bezahlen, bekommt aber auch solche Transferleistungen und Schlüsselzuweisungen. Nun klafft die Schere auseinander. Backnang muss mehr bezahlen und kriegt weniger von Land und Kreis. Unterm Strich hat die Stadt 6,8 Millionen Euro weniger zur Verfügung als 2019.

Um dem zumindest etwas gegensteuern zu können, schlägt die Verwaltung den Stadträten eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer vor. Die Grundsteuern A und B sollen von 385 auf einen Hebesatz von 420 Punkten angehoben werden, die Gewerbesteuer soll auf 400 vom Hundert steigen. „Ansonsten können wir die ständig steigenden laufenden Ausgaben nicht mehr ausgleichen“, so Noppers Begründung. Die Erhöhung würde zu jährlichen Steuermehreinnahmen von 1,3 Millionen Euro führen. Auf der anderen Seite wirkt sich das Wachstum der Stadt positiv aus. So können Abwassergebühren wegen der besseren Auslastung der Abwasserinfrastruktur sinken. Die Schmutzwassergebühr von 2,17 Euro auf 2,06 Euro pro Kubikmeter und die Niederschlagswassergebühr von 0,57 Euro auf 0,50 Euro pro Quadratmeter.