Heidelberg tut sich schwer mit Nachtbürgermeister

Von Von Julia Giertz, dpa

dpa/lsw Heidelberg. Jahrelang schwelt der Streit um nächtlichen Lärm von Partygängern in der Heidelberger Altstadt. Gebraucht wird ein Nachtbürgermeister, der zwischen den zerstrittenen Parteien vermittelt und sich der darbenden Clubszene annimmt. Doch das Amt ist immer noch vakant.

Heidelberg tut sich schwer mit Nachtbürgermeister

Menschen sitzen am Abend in der Innenstadt vor Kneipen. Foto: Uwe Anspach/dpa/Archivbild

Die Suche nach einem Nachtbürgermeister für Heidelberg zieht sich in die Länge: Nach zwei verpatzten Ausschreibungen soll die Position in Kürze zum dritten Mal an den Mann oder die Frau gebracht werden. Im Unterschied zu Mannheim, wo bereits seit langem ein „Night Mayor“ erfolgreich arbeitet, tut sich Heidelberg bei dem Thema schwer. Im Oktober 2019 hatte der Gemeinderat beschlossen, einen Nachtbürgermeister oder Lärmbeauftragten einzusetzen. Bis heute ist der Posten unbesetzt und die Wahrscheinlichkeit, dass er das bleibt, ist nicht gering.

Da sich zu wenige Kandidaten auf die erste Ausschreibung meldeten, wurde die Stelle erneut ausgeschrieben. Die Bewerberzahl verdoppelte sich im Juli auf etwa 20. Der Gemeinderat sollte im Oktober nach einem mehrstufigen Verfahren das letzte Wort über die Besetzung haben. Doch das Gremium ist in dieser Angelegenheit zerstritten.

Den Kern des jüngsten Zerwürfnisses beschreiben die Beteiligten völlig unterschiedlich: Aus Sicht der Grünen ist der Knackpunkt die Aufgabenstellung. Der „Night Mayor“ soll nach Worten von Fraktionschef Derek Cofie-Nunoo einen breiten Ansatz verfolgen - weit über die jahrelang schwelende Auseinandersetzung zwischen lärmgeplagten Altstadtbewohnern, Gastronomie und Gemeinderat hinaus. „Die Nachtökonomie ist ein wichtiger Standortfaktor für Heidelberg“, sagt der Chef der größten Fraktion. Nächtliche Angebote machten die Uni-Stadt attraktiv. Die Gegner wollten nur einen „Lärmkümmerer“.

Mit dieser Darstellung ist SPD-Fraktionschefin Anke Schuster nicht einverstanden. Bei der Definition des Anforderungsprofils liege man nah beieinander, doch die Ausschreibung sei hinsichtlich der Art der Stellung höchst problematisch. Mit ihrem Hinweis auf inhaltliche Differenzen wollten die Grünen nur die Fehler ihres Bürgermeisters Wolfgang Erichson kaschieren. Dieser wolle die Position wegen möglicher Scheinselbstständigkeit nun nicht mehr als Honorarkraft, sondern als hoch dotierte Stelle im öffentlichen Dienst ausschreiben, für die ein Masterstudium notwendig sei. Das sei ungerecht gegenüber bisherigen und potenziellen Kandidaten, sagt Schuster.

Dies sei ihr und anderen erst aufgegangen, nachdem sie für den Grünen-Vorschlag gestimmt hätten, von Dezember an eine halbe und nach einem halben Jahr eine Vollzeitstelle einzurichten. Am nächsten Tag hatten SPD, CDU, Heidelberger, FDP und Gal ihr Votum zurückgenommen und Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) gebeten, das Verfahren zur Chefsache und so transparent und rechtssicher wie möglich zu machen. Die Stelle solle noch vor Weihnachten ausgeschrieben und im Februar besetzt werden, fordern Schuster und CDU-Fraktionschef Jan Gradel. Gradel betont, ihm gehe es um die Befriedung der Altstadt und um mehr Qualität jenseits von „Flatrate“-Saufen in dem Ausgehviertel. Die Grünen empfinden die Kehrtwende der anderen Fraktionen als Affront. Die Verwaltung äußert sich derzeit nicht zu der verfahrenen Lage.

Und wie sieht es an bei den Bewerbern aus? Zum Schluss waren noch ein Kandidaten-Duo und ein Einzelkandidat verblieben. Letzterer hat mittlerweile das Handtuch geworfen. Die Zweifel sind groß, dass sich angesichts der Querelen überhaupt noch weitere Bewerber finden.