Heiratsantrag auf dem Acker

Fabian Bollinger aus Burgstall schreibt seinen Hochzeitsantrag mit Komposterde aufs Stoppelfeld. Zunächst ist seine Angebetete ahnungslos. Erst in luftiger Höhe kann Lena Eisele die Worte lesen und ist sprachlos vor Glück. Als ihr Freund dann noch vor ihr auf die Knie geht, sagt sie Ja.

Heiratsantrag auf dem Acker

Ein Tag Arbeit zu viert auf dem Feld war letztlich von Erfolg gekrönt. Dem Antrag „Leni witt mi heirata“ folgten im Korb in luftiger Höhe der Kuss und das Jawort. Fotos: privat

Von Florian Muhl

Burgstetten. „Willst du mich heiraten?“ Diese Frage stellen die meisten wohl nicht oft im Leben. Meist nur ein einziges Mal. Grund genug, sich für diesen Moment etwas Besonderes einfallen zu lassen. Fabian Bollinger hatte vor vielen Jahren als Kind ein Foto in der Backnanger Kreiszeitung gesehen, eine Luftaufnahme, von der er begeistert war. Mit Buchstaben war da ein Heiratsantrag ins Feld geschnitten. Dieser Eindruck fesselte ihn die ganzen Jahre.

Jetzt war der Moment gekommen, dass er als Nebenerwerbslandwirt seine Angebetete in gleicher Weise überraschen könnte. Doch das Vorhaben will generalstabsmäßig durchdacht und geplant sein, denn seine Freundin Lena Eisele sollte davon ja nichts mitbekommen. Als geeigneten Termin hatte sich Fabian Bollinger den Tag ausgesucht, an dem beide gemeinsam ihren Geburtstag feiern. Beide sind sie gerade im Abstand von wenigen Wochen 25 Jahre alt geworden, er im Juli, sie im August. Die beiden, die seit zwei Jahren zusammen in Burgstall wohnen, laden stets Anfang September gemeinsam zur abendlichen Party ein, um ihre Geburtstage nachzufeiern.

Kennengelernt haben sich die gebürtige Unterbrüdenerin und der Burgstaller bereits vor zwölf Jahren bei einem Zeltlager. Geschnackelt hatte es damals allerdings noch nicht. Das sollte sich vor gut vier Jahren ändern, als beide wieder mit Freunden für ein paar Tage nach Hannover zur Landtechnikmesse Agritechnica fuhren. Dort hat’s zwischen den beiden schließlich gefunkt.

„Er hat sich dann frühmorgens verabschiedet, er müsse draußen arbeiten, in den Apfelbäumen“, schildert Lena Eisele den Beginn des Tages, an dem am Abend die Party stattfinden sollte. „Dann ist er mit seinen Kumpels los. Und ich war morgens noch frühstücken mit Freunden“, berichtet sie weiter. Was die Verwaltungsangestellte, die im Rathaus einer Umlandgemeinde arbeitet, zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Auch das Frühstück hatte bereits zu dem fein ausgearbeiteten Plan des Bräutigams gehört. „Dann sind wir mittags heim, haben Salate vorbereitet und irgendwann bin ich dann natürlich ungeduldig geworden und hab mir gedacht: Oh Gott, warum kommt er denn nicht aus den Apfelbäumen zurück? Jetzt ist’s bald drei, die Leute kommen bald und es ist nichts vorbereitet.“

Lena Eisele war ratlos. Und alle, die eingeweiht waren, hielten still. Beispielsweise ihre Schwester Selina Eisele und ihre gute Freundin Aleyna Sügirmen. Aber auch die Kumpels Lukas Hasenauer, Felix Heissenberger und Richard Schwaderer, die seit 7 Uhr in der Früh Fabian Bollinger bei seinem Werk halfen. Was da genau vor sich ging, schildert die 25-Jährige so: „Fabian hat zwischen Erbstetten und Burgstall in ein Feld mit Kompost geschrieben ,Leni witt mi heirata‘. Natürlich auf Schwäbisch, da er selber immer Schwäbisch redet. Die ganze Schrift hat er mit Komposterde von Hand hingeschippt. Anhand einer gezogenen Linie mit dem Schlepper haben sie sich ungefähr daran gehalten, dass es gerade Buchstaben werden.“ Aber auch den Helfern auf dem Acker ging langsam die Zeit aus. Und sie wären fast nicht fertig geworden. Oder sind es genau genommen auch gar nicht. Lena Eisele klärt auf: „Da sie keine Zeit mehr für das Herz hatten, ist nun eine kleine Lücke zwischen meinem Namen.“

Unter einem Vorwand hat dann der Landmaschinenmechaniker seine Freundin zum Feld gelockt. „Er hat angerufen und gesagt, der Reifen vom Schlepper wäre kaputt gegangen, ich soll bitte den Wagenheber bringen“, sagt Lena Eisele. „Als ich dort ankam, stand da der Schlepper. Ich hab mir dann auch nichts dabei gedacht. Im Hinterkopf hatte ich nur den Gedanken: Oh Gott, wer macht die Garage, wer putzt die, wer richtet die, weil wir immer in der Garage gefeiert haben.“ Aber dann kam ihr Freund auf sie zu. „Er hat mir die Augen zugehoben. Dann ging’s im Korb nach oben und er hat mir das Feld gezeigt. Ich konnt’s zuerst gar nicht lesen. Dann ist er oben vor mir auf die Knie gegangen und hat mich gefragt.“ Aus Spaß hatte sie dann am Anfang gesagt, nachdem das an dem Tag so gelaufen sei, sollte sie jetzt eigentlich Nein sagen, weil er ja nicht heimkam. „Aber ich lieb ihn ja über alles, deshalb hab ich Ja gesagt und den Verlobungsring bekommen. Wir waren dann beide überwältigt und sehr glücklich.“

Zu Hause die nächste Überraschung. Denn in der Zwischenzeit hatte ihr Schwiegervater die ganze Garage komplett geputzt und gerichtet. Nun konnte die Doppel-Geburtstags- und Verlobungsparty starten.

Heiratsantrag auf dem Acker

Waren acht Stunden lang beschäftigt, die 17 Buchstaben aufs Feld zu zaubern (von links): Lukas Hasenauer, Fabian Bollinger, Felix Heissenberger und Richard Schwaderer.

Heiratsantrag auf dem Acker