Auch in Deutschland gibt es Experten zufolge mehr Extremwetterereignisse wie Hitzewellen und Sturmfluten. Warum Experten trotzdem zu mehr Zuversicht raten.
Heißer Planet: Die Menschheit ist auf dem besten Wege, den Planeten Erde in einen Glutofen zu verwandeln.
Von Markus Brauer/Carola Große-Wilde (dpa)
Waldbrände, Hitzewellen, Überflutungen: Experten haben beim 15. Extremwetterkongress in Hamburg vor den Folgen des Klimawandels gewarnt und zum Handeln aufgerufen.
„Wir fliegen aus der Klimakurve“
„Die Beschleunigung der globalen Erwärmung ist derart schnell, dass wir aus der Klimakurve fliegen“, sagte Frank Böttcher, Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft und Veranstalter des Kongresses, zum Auftakt der Tagung.
„Wir müssten dringend auf die Bremse treten, doch emittieren wir weiterhin viel zu viel CO2. Wir müssen jetzt mit einer Welt denken und planen, in der wir 2050 bereits die 3-Grad-Grenze überschreiten“, warnte der Meteorologe.
Klimawandel beschleunigt sich
Auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist zu einer Neubewertung hinsichtlich des Entwicklungstrends der Temperaturen in Deutschland gekommen. „Wir beobachten eine beispiellose Häufung von Wärmerekordjahren mit Blick auf das zurückliegende Jahrzehnt“, erklärte Tobias Fuchs, Vorstandsmitglied beim Deutschen Wetterdienst.
„Der Klimawandel beschleunigt sich. Und mit ihm nehmen Wetterextreme wie Hitzewellen und Trockenphasen spürbar zu.“ Besonders in Städten würden die Belastungen für die Menschen immer größer. „Deshalb brauchen wir entschlossenes Handeln: Klimaschutz, um die Erderwärmung zu bremsen, und gleichzeitig Anpassung, um die Folgen besser bewältigen zu können“, meinte Fuchs.
Gletscher schmelzen weiter
Mit den steigenden Temperaturen hat sich die Schmelze der Alpengletscher in diesem Sommer weiter beschleunigt, berichtete Gudrun Mühlbacher, Leiterin des Regionalen Klimabüros München Deutscher Wetterdienst.
„Das Alpenklima war im Winterhalbjahr 2024/25 in den Zentral- und Ostalpen ausgesprochen niederschlags- und schneearm. Die Anzahl der Schneedeckentage war meist um 10 bis 40 Prozent geringer als in einem durchschnittlichen Winter. Die Temperatur war aufgrund vieler Inversionswetterlagen oberhalb von 1000 Metern um bis zu 2 Grad wärmer als im Klimamittel.“
Auch in der Arktis gebe es einen raschen Klimawandel. Hier stiegen die regionalen Temperaturen drei- bis viermal so schnell wie im globalen Mittel, berichtete Luisa von Albedyll, Meereisphysikerin vom Alfred-Wegener-Institut (AWI).
Die Folge: Das Meereis werde dünner und verschwinde im Sommer an manchen Stellen ganz. Die starken Veränderungen in der Arktis führten auch dort zu neuen Extremen. Es häuften sich starke Stürme, Regenfälle und Temperaturen über dem Gefrierpunkt.
Heftige Sturmfluten erwartet
Auch an Nordsee und Ostsee veränderten sich die Bedingungen in einem nie dagewesenen Tempo. „Die Nordsee war im Frühjahr und Sommer 2025 so warm wie nie seit Beginn der Messungen“, erläuterte Helge Heegewaldt, Präsident des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH).
In der Ostsee bei Kiel habe eine marine Hitzewelle über 55 Tage gedauert – mit Temperaturen von mehr als 4 Grad über dem langjährigen Mittel. „Das ist ein klares Zeichen des Klimawandels. Unsere Meere erwärmen sich immer weiter – mit weitreichenden Folgen“, sagte Heegewaldt.
Der Meeresspiegel in Cuxhaven sei seit 1900 bereits um mehr als 25 Zentimeter gestiegen, in Warnemünde um mehr als 20 Zentimeter. „Dadurch erhöhen sich die Wasserstände an unseren Küsten deutlich. Auch Sturmfluten werden vor diesem Hintergrund heftiger ausfallen“, warnte Heegewaldt.
„Hoffnung aufgeben, ist die schlechteste Lösung“
Der Meteorologe Sven Plöger warnte davor, trotz der schlechten Nachrichten den Mut und die Zuversicht zu verlieren. „Denn die Hoffnung aufgeben, ist die schlechteste Lösung“, sagte der Buchautor. Gesellschaften seien dann besonders anpassungsfähig, wenn sie sich nicht von Angst, sondern von Zuversicht leiten ließen.
„Nicht aufgeben, bevor man richtig angefangen hat! Immer häufiger höre ich den demotivierten Satz ‚Das schaffen wir doch sowieso nicht mehr!‘ So auf die Welt zu blicken, endet schnell in einer sich selbst erfüllenden Prognose“, meinte der Meteorologe.