Hilfe bei der Erkundung der digitalen Welt

Die Schillerschule und die Mörike-Gemeinschaftsschule in Backnang nehmen an einem Projekt zur Förderung der digitalen Medienkompetenz teil. Sie wurden bundesweit als zwei von zehn Schulen von der Ralf-Rangnick-Stiftung dazu auserkoren.

Hilfe bei der Erkundung der digitalen Welt

Drittklässler in Backnang – hier im Bild in der Mörike-Gemeinschaftsschule – sollen ebenso wie die Lehrer und auch die Eltern fit für die digitale Welt gemacht werden. Foto: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG. Einen Digitalpakt hat die Bundesregierung schon vor gut anderthalb Jahren auf die Schiene gesetzt, um die Schulen in Deutschland in Sachen Digitalisierung zeitgemäß auszustatten. In Backnang kommen nun aber zwei Schulen noch zusätzlich in den Genuss einer Anschubhilfe, um sich für die Nutzung der virtuellen Datenwelt fitzumachen und die damit verbundene Technik richtig einsetzen zu können. Als zwei von zehn Schulen in ganz Deutschland nehmen die Schillerschule und die Mörike-Gemeinschaftsschule an einem Pilotprojekt der Ralf-Rangnick-Stiftung teil und werden nun zwei Jahre lang auf dem Weg zum digitalen Lernen begleitet.

„Digital macht Schule“ lautet der Titel des Projekts. Darin eingebunden werden neben den Drittklässlern der teilnehmenden Schulen auch die Lehrer und die Eltern. Im Rahmen des Medienentwicklungsplans des Landes Baden-Württemberg wurde bereits der technische Bedarf der Schulen im Land ermittelt. Zum Teil wurden auch schon Geräte wie Tablet-Computer und Smartboards, also digitale Schultafeln, an die Schulen verteilt. Das Projekt der Rangnick-Stiftung will aber vielmehr den Umgang der Schulen mit den digitalen Medien einüben, auch die Schattenseiten der medialen Welt thematisieren und die Teilnehmer zu kritischen Anwendern machen.

„Deutschland hat geschlafen.Wir müssen vieles nachholen.“

Mit der Durchführung auch an den Backnanger Schulen ist Kai-Thorsten Buchele, Leiter des Instituts für Demokratie und Medienkompetenz in Leipzig, mit seinen Kollegen betraut worden. „Es geht ums Analoge“, steigt er beim Besuch dieser Zeitung in seine Erläuterungen ein. Es gehe darum, die Menschen zu schulen in ihrem Umgang mit der Technik, um diese vernünftig einzusetzen.

Die Frage, wie man die Kinder dazu bringt, zu wissen, welches Medium zu welcher Gelegenheit das richtige ist, stehe hier im Vordergrund. „Manchmal ist das Analoge eben doch immer noch das Bessere“, sagt Buchele und meint damit das Treffen, das Spielen und die Gespräche mit Freunden, was sich eben nicht in der gleichen Qualität durch digitale Dienste wie WhatsApp und Co. ersetzen lasse. Es gehe also auch um Fragen des Zusammenlebens und Umgangs miteinander. Das beinhalte mitunter die ein oder andere Erkenntnis für die Eltern und deren mediale Verantwortung. „Deutschland hat geschlafen. Wir müssen vieles nachholen. Das ist kein reibungsloser Prozess“, so Buchele. Nun gelte es, mit Fingerspitzengefühl die Kinder dort abzuholen, wo sie kenntnistechnisch stehen. Unter anderem kommt dabei ein Medientagebuch zum Tragen, in das die Kinder eintragen, welches Medium sie wann am Tag wie lange nutzen. „Wir haben gelernt, dass die Schulen jemanden brauchen, um die Digitalisierung umzusetzen“, berichtet Felix Weiß. Weiß ist als Ansprechpartner für die Schulen und generell für die Netzwerkarbeit bei der Ralf-Rangnick-Stiftung zuständig. Auch ihm ist bewusst, wie unterschiedlich die Schulen arbeiten und dass es noch große Unterschiede bei der technischen Ausstattung gibt.

„Wir haben in unserer Schule zum Beispiel ein Mediencafé eingerichtet. Wir sind technisch voll ausgestattet“, erklärt Karin Moll, die Rektorin der Mörike-Gemeinschaftsschule. „Wir leben in der Kreidezeit“, macht indessen Ute Offtermatt, die Leiterin der Schillerschule, mit einem Augenzwinkern deutlich, wie unterschiedlich die Budgets der Schulen sind. Ihre Schule verfügt noch nicht mal über eine WLAN-Verbindung.

Beide Pädagoginnen können aus eigener Erfahrung berichten, dass sich auch die Eltern oftmals gar nicht bewusst sind, wo welches im Internet geteilte Foto überall auftauchen kann und auf welch verschlungenen Pfaden die eigenen Daten bei diversen Firmen landen, die ihren ganz speziellen Nutzen daraus ziehen. Hier seien zum Teil sehr große Lücken in der Medienkompetenz zu schließen.

Auch was die Fortbildung der Lehrkräfte im Digitalen betrifft, sind Offtermatt und Moll dankbar für die externe Unterstützung. „Alleine würden wir dafür ewig brauchen“, räumen sie ein – nicht zuletzt mit Blick auf die erschwerten Bedingungen im Schatten der Coronapandemie. Dass dies aktuell auch für eine Stiftung keine einfache Zeit ist, bestätigte Felix Weiß, der für die Anliegen der Einrichtung stets auf der Suche nach Unternehmen ist, die sich an solchen Projekten finanziell beteiligen.

In Backnang habe die Stiftung gerade erst zwei große Firmen dafür gewinnen können, so Weiß, der um „die vielen Baustellen im Schulbereich“ weiß, aber auch die Fortschritte nicht übersieht. Die Stadt Backnang habe „sensationell reagiert“ mit Blick auf die fehlende Internetanbindung der Schillerschule und werde den ursprünglich erst für 2024 avisierten Netzausbau dort wohl schon im nächsten Jahr umsetzen können.

Digital macht Schule

Der Zugang zu digitalen Bildungsportalen, die Teilnahme an virtuellen Unterrichtsstunden oder schlicht ein konzeptioneller, erfolgreicher Unterricht abseits von Klassenzimmer und Klassenkameraden bleibt vielen Kindern verwehrt“, heißt es vonseiten der Ralf-Rangnick-Stiftung zur Motivation für das Projekt „Digital macht Schule“. Grund dafür seien mangelndes Equipment, fehlende Internetanbindung oder fehlende Konzepte zur Ausgestaltung und Vermittlung der Lehrinhalte mittels digitaler Ressourcen.

Die Digitalisierung beginnt zunächst mit einer Analyse des vorhandenen digitalen Equipments: Wo drückt der Schuh und wo liegen die Schwachstellen?

Digitale Experten aus den Digitalwerkstätten, Medienpädagogen und IT-Spezialisten unterstützen bei der kollektiven Entwicklung pädagogischer Strategien und didaktischer Konzepte.

Im Rahmen der Konzeptentwicklung unterstützt die Stiftung die Schulen bei der Beantragung der Bundesfördermittel aus dem Digitalpakt. Medienpädagogen unterstützen mit dem Train-the-Trainer-Programm, also durch die Einweisung der Lehrer. „Denn deren Haltung und Einsatzbereitschaft ist entscheidend für den Erfolg der Digitalisierung“, heißt es vonseiten der Stiftung.

Anschließend fördert die Stiftung die Implementation der Lernsoftware und damit einhergehend die Digitalisierung des Unterrichts.