Hilfe für die Opfer der Flutkatastrophe

Auch mehr als fünf Monate nach den folgenreichen Überschwemmungen im Ahrtal waren Ehrenamtliche des DRK Rems-Murr noch vor Ort im Einsatz. Nach der akuten Unterstützung halfen sie auch beim Wiederaufbau der Infrastruktur. Ende Dezember ging der Einsatz zu Ende.

Hilfe für die Opfer der Flutkatastrophe

Mitarbeiter des DRK gehen im Juli durch eine verschlammte Straße in Ahrweiler. Foto: P. Köhler

Rems-Murr. „Es ist immer noch unvorstellbar“, sagt Peter Fink vom DRK-Ortsverein Urbach. Er ist einer von mehr als 50 ehrenamtlichen Einsatzkräften des DRK Rems-Murr, die in den von Hochwasser betroffenen Gebieten tatkräftig geholfen haben – in der Akutphase und bei der Wiederherstellung der Infrastruktur vor Ort. Fünf Monate lang war das DRK im Ahrtal präsent. Die Helferinnen und Helfer übernahmen unterschiedliche Aufgaben. Erst Ende Dezember endete der Einsatz.

„Du hast das Gefühl, es ist noch nicht fertig“, sagt Peter Fink auf die Frage, warum er bereits viermal vor Ort geholfen hat. Er ist Bereitschaftsleiter des DRK Urbach. Normale Einsätze endeten zeitnah und hoffentlich erfolgreich. „Dieser Einsatz ist für mich immer noch nicht abgeschlossen.“ Die ausgebildeten Einsatzkräfte des DRK haben in den vergangenen fünf Monaten viel geleistet, gesehen und erlebt und noch mehr gehört. „Wie will man das verkraften?“, hat sich Sina Löhle, stellvertretende Kreisbereitschaftsleiterin, mehrfach gefragt. „Man kommt mit Menschen ins Gespräch und es ist schlimm. Krieg trifft es am besten.“

Ehrenamtliche Kräfte der psychosozialen Notfallversorgung waren im Einsatz

Eine Frau habe ihren Mann, ihr Haus und ihre Kinder verloren. Ein Mann schilderte ihr, wie seine Familie nachts auf dem Hausdach ausgeharrt und genau wie ihre Nachbarn um Hilfe gerufen hätte. Dann sei das Haus gegenüber fortgespült worden. Dann war Ruhe. So begann nach der Akutphase, in der das DRK Rems-Murr mit ausgebildeten Sanitäterinnen und Sanitätern den Rettungsdienst unterstützt hat, die zweite Phase des Einsatzes: Ehrenamtliche Kräfte der psychosozialen Notfallversorgung des DRK halfen sowohl den Bewohnern als auch den Einsatzkräften.

Ein Netzwerk aus Ansprechpartnern, die nach solchen Einsätzen beraten können, sei bereitgestanden, erläutert Markus Frey. Er organisierte, wann welche Einsatzkräfte aus dem Rems-Murr-Kreis vor Ort helfen. Der DRK-Landesverband stellte eine Anfrage nach Personal, er gab den Bedarf weiter und koordinierte die Hilfe. Fast jede Woche waren es zwei, drei Menschen, die für ein paar Tage oder eine Woche ins Ahrtal fuhren. Manche nahmen sich Urlaub, andere wurden vom Arbeitgeber freigestellt. Wer nach so einem Einsatz Hilfe benötigt, der erhält sie. „Es war dramatisch“, sagt auch Frey, der in der Akutphase selbst mit angepackt hat. „Das Ausmaß der Zerstörung war überwältigend!“ – und auch die Anzahl der Toten. Dennoch sei die Hilfsbereitschaft beim Team enorm gewesen. „Die Einsatzkräfte haben aus sich heraus das Bedürfnis gehabt, dort tätig werden zu wollen.“ Mehr als 50 Rotkreuzler der insgesamt 26 Ortsvereine hätten geholfen. Warum?

„Man sieht die dramatische Situation im Fernsehen“, sagt Frey und die Rotkreuzler wissen, dass sie vor Ort helfen können, dass ihr Einsatz als Sanitäter, Koch, Lkw-Fahrer und Elektriker Sinn ergibt. „Sie können mit einfachen Mitteln helfen und viel bewegen.“ Mussten anfangs Menschen mit Hubschraubern von Hausdächern geholt werden, waren es nachher Touren mit geländegängigen Lkw in Ortschaften, die tage- und wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten waren. Kleidung, Medizin, Lebensmittel, Kühlschränke, Bautrockner, Treibstoff: Das alles hätten die Helfer an die richtigen Stellen gebracht. Manche Helfer vom Roten Kreuz Rems-Murr haben am Steuer gesessen, Notstromaggregate repariert, waren im Führungsbereich tätig, haben Essen gekocht, eingepackt und verteilt, Wunden versorgt oder einfach nur zugehört. Viele Einsatzkräfte waren daran beteiligt, die Infrastruktur wiederherzustellen. „Es macht mich wahnsinnig stolz, was das DRK und die Hilfsorganisationen dort leisten“, sagt Löhle. „Das Rote Kreuz ist überall. Wir haben mobile Arztpraxen und betreiben sogar Kläranlagen“, sagt sie.

Ohne das Ehrenamt hätte man nicht in so kurzer Zeit nicht so helfen können

Viele Menschen hätten die Einsatzkräfte gebeten, vor Ort zu bleiben, weiterhin zu helfen. „Bitte geht nicht!“, hätten viele Menschen gesagt. Auch das sei eine Motivation, warum Woche für Woche Rotkreuzler aufbrachen, um vor Ort zu helfen. Von der Zahnbürste bis zum Ersatzstromerzeuger habe er alles verteilt, sagt Fink. Es habe ihm geholfen, den Einsatz als neutralen Auftrag zu sehen. Es wurde Hilfe benötigt, also wurde sie gegeben. Fast drei Wochen war er insgesamt im Einsatz. „Wir können auch mal unkonventionell zielführende Maßnahmen ergreifen, um schnell zu helfen“, sagt Markus Frey. Er ist sich sicher, ohne das Ehrenamt hätte man nicht in so kurzer Zeit so passgenau helfen können – und dies auch, weil zahlreiche Arbeitgeber dies ermöglichten. „Es gibt Firmen, die haben ihre Mitarbeiter freigestellt und auf den Lohnersatz verzichtet“, freut sich Frey. Der Einsatz des DRK im Ahrtal ging Ende Dezember zu Ende. Peter Fink und Co. würden bestimmt auch ein fünftes Mal helfen. „Es macht ja auch Spaß, von morgens 7 bis abends 19 Uhr durchzuarbeiten!“ Wenn der Einsatz Sinn ergibt. pm