Zoos warnen vor Millionenverlusten

Von Von Martin Oversohl, dpa

dpa/lsw Heidelberg. Die Tiere sind noch da - aber keine Besucher mehr. Die Corona-Krise wirkt sich auch auf die Zoos aus. Die Direktoren schauen bang auf die bereits entstandenen und weiter drohenden Verluste. Erste Hilferufe werden ins Land geschickt und die Gürtel enger geschnallt.

Zoos warnen vor Millionenverlusten

Ein Löwe sitzt in einem Zoo in seinem Gehege neben einem menschenleeren Weg. Foto: Armin Weigel/dpa/Symbolbild

Verwaiste Parkanlagen, keine Besucher im Affen- und Elefantenhaus und menschenleere Streichelzoos: Die Corona-Krise trifft die Zoos und Tierparks in Baden-Württemberg mit voller Wucht. Von heute auf morgen fehlen die Besucher an den Gehegen, vor den Volieren und in den Cafés - die Ausgaben sind hingegen geblieben. Die starken Auflagen durch die Corona-Krise bringen nicht nur die privaten Zoos, sondern auch die größeren Einrichtungen in Heidelberg oder Stuttgart ins Wanken. Es drohen Millionenverluste, in einigen Parks herrscht Existenzangst. Denn für die meisten sind die Einnahmen durch Eintrittsgelder ein dicker Batzen des Etats.

Das Problem: Tiere lassen sich nicht in Kurzarbeit oder in den Urlaub schicken. Bei ihnen lässt sich auch kaum sparen - sie müssen weiter gefüttert, die Tiergehege weiter beheizt und die technischen Anlagen weiter gewartet werden. „Die Kosten lassen sich kaum reduzieren, weil die Tiere und Pflanzen weiterhin täglich gehegt und gepflegt werden müssen, um zu überleben“, sagt der Sprecher des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart, der Wilhelma, Harald Knitter.

Allein im Zeitraum vom 17. März bis Ende der Osterferien hätten im vergangenen Jahr 270 000 Menschen die Wilhelma besucht, nun seien bereits Ausfälle in Millionenhöhe entstanden. Setze sich die Zwangsschließung bis Mitte Juni fort, würden sich diese Verluste schätzungsweise verdoppeln. „Natürlich macht uns das als autark wirtschaftender Eigenbetrieb der Stadt auch Sorgen, denn wir verantworten einen eigenen Etat“, sagt Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin. „Wir prüfen derzeit bei jeder Ausgabe, ob wir auf sie verzichten oder ob wir sie schieben können.“ Er mache sich auch wenig Hoffnung, dass die Wilhelma und andere Zoos nach dem Ende der Osterferien wieder öffnen könnten.

Der Heidelberger Zoo ruft die Stadt am Neckar deutlicher um Hilfe. „Noch kann der Zoo Heidelberg auf eigene Rücklagen zugreifen, jedoch mit fatalen Auswirkungen für die Zukunft“, sagt Direktor Klaus Wünnemann. Mit dem Geld hätten unter anderem das neue Flamingohaus und die Außenanlage für die Gorillas finanziert werden sollen. Werde beides nicht umgesetzt, „platzen nicht nur unsere Träume von einem zukunftsfähigen Zoo, dann beginnt die Abwärtsspirale“, warnt Wünnemann. Seine Einrichtung deckt weit mehr als die Hälfte der Ausgaben aus selbst erwirtschaften Einnahmen ab, den größten Teil davon bilden die Besuchereinnahmen.

Kurzfristig brauche der Zoo Heidelberg einen Ausgleich für die fehlenden Einnahmen. „Es ist jetzt nötig, dass für die nächsten zehn Jahre der Zoo im Fokus des Engagements der Stadt Heidelberg steht“, sagte Wünnemann. „Der Zoo Heidelberg darf nicht vergessen werden.“

Zuvor hatte schon der Verband der Zoologischen Gärten ein Soforthilfe-Programm in Höhe von 100 Millionen Euro für mehr als 50 Zoos in Deutschland gefordert. „Anders als andere Einrichtungen können wir unseren Betrieb nicht einfach runterfahren - unsere Tiere müssen ja weiterhin gefüttert und gepflegt werden“, heißt es auch in dem Brief des Verbands an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Das gilt auch für den Mundenhof in Freiburg. Das beliebte Tiergehege kostet zwar keinen Eintritt, erwirtschaftet aber seinen Anteil am Haushalt durch die nun ausbleibenden Parkgebühren. Einen kleinen Ausgleich könnte es sogar durch die Corona-Krise geben: „Die Tiere werden weniger von außen gefüttert und sind gesünder“, sagt Susanne Eckert vom Leitungsteam des Mundenhofs. „Wir werden da sicher auch mal auf die Tierarztkosten schauen.“

Während die Verluste des städtischen Karlsruher Zoos im Etat des Rathauses ausgeglichen werden, schaut der Wildpark Bad Mergentheim eher sorgenvoll auf die Zahlen: „Wir sind jetzt dabei zu sparen, zu sparen und zu sparen“, sagt Geschäftsführer Marcus Rügamer. Man versuche, die eigenen Handwerker zu verteilen auf andere Arbeitgeber, für die sieben Tierpfleger wurde bereits zur Hälfte Kurzarbeit angemeldet, für die Gastronomie zu 100 Prozent. „Wir müssen sehr auf Sparflamme fahren und hoffen jetzt das Beste“, sagt Rügamer.

Auch die anderen Zoos und Parks zwischen Heidelberg und Freiburg setzen sich mit Modellen für Kurzarbeit auseinander oder haben diese bereits angemeldet. Tierpfleger werden zudem in Schichten und Teams aufgeteilt, damit mögliche Infektionen sich nicht auf die ganze Mannschaft auswirken. In vielen Zoos wechseln die Teams wochenweise.

Der Karlsruher Zoo staffelt seine Pfleger, damit sie zu unterschiedlichen Zeiten morgens loslegen und sich auch in der Kantine möglichst nicht begegnen. Die mehr als ein Dutzend Kassierer und Kontrolleure wurden nach Angaben von Zoo-Direktor Matthias Reinschmidt an die Stadt für andere Aufgaben gemeldet. „Wir müssen in diesen Tagen und Wochen auf Sicht fahren“, sagt er. „Es tut schon im Herzen weh, wenn man an einem sonnigen Sonntag an die rund 10 000 Besucher denkt, die derzeit ausbleiben und sonst gekommen wären.“