Hinschauen statt Wegsehen

Initiative Sicherer Landkreis Rems-Murr zeichnet 13 Menschen für ihren Einsatz in Sachen Zivilcourage aus

Was der Aktenzeichen-XY-Preis im Großen, das ist die Ehrung für Menschen mit Zivilcourage im Rems-Murr-Kreis im Kleinen. Alle Preisträger und Geehrten tragen in jedem Fall ein gutes Stück zur Sicherheit in unserer Gesellschaft bei und zeigen, dass es besser ist, sich einzumischen und zu helfen statt gleichgültig zu- oder gar wegzuschauen.

Hinschauen statt Wegsehen

Zwar waren nicht alle der Geehrten beim Fototermin anwesend, selbstverständlich wurde aber jeder von ihnen trotzdem für seinen Einsatz geehrt. Von links: Jochen Zowe, Thomas Rienesl, Donna Baisch, Marvin Bölstler, Conny Mehlhorn, Horst Deuring, Julia Wössner, Robert Gehrung, Tatjana Schmidt und Heinz Eigel mit den Präsidiumsmitgliedern der Initiative Sicherer Landkreis Rems-Murr Claudia Maurer-Bantel und Andrea Palm.

Von Andreas Ziegele

BACKNANG. Es ist der 10. April des vergangenen Jahres. Thomas Rienesl kommt von der Arbeit nach Hause und hört Hilfeschreie aus der gegenüberliegenden Metzgerei in Kirchberg an der Murr. „Ich habe dann aus dem Fenster geschaut und hinter dem Schaufenster einen maskierten Mann im Laden erkannt“, erzählt Rienesl. Ohne nachzudenken eilt er zur Metzgerei, stellt den flüchtenden Täter und hält ihn fest. Beim anschließenden Handgemenge fällt der Täter auf Rienesl und verletzt diesen an der Hand und an der Hüfte. Zu diesem Zeitpunkt kommen ihm der Kirchberger Jochen Zowe sowie Gerhard Trabert aus Burgstetten und Horst Deuring aus Oberstenfeld zu Hilfe. Gemeinsam halten sie den Mann trotz dessen Gegenwehr bis zum Eintreffen der Polizei fest, die ihn letztendlich verhaftet. Dass der Täter mit einer Schreckschusspistole bewaffnet war, erfahren die vier erst nach dessen Festnahme durch einen Polizeibeamten.

Ehrung soll Mut machen, wieder mehr Zivilcourage zu zeigen

Für diesen Einsatz wurden die vier Männer nun im Rahmen der Mitgliederversammlung der Initiative Sicherer Landkreis Rems-Murr (ISL) in Backnang durch die Präsidiumsmitglieder Claudia Maurer-Bantel und Andrea Palm ausgezeichnet. Klaus Auer vom Vorstand des Vereins konnte insgesamt 13 Bürger des Landkreises ehren, die wie im Kirchberger Fall „Großartiges durch ihre Mithilfe im Jahr 2018 geleistet haben“.

Geehrt wurde unter anderem auch das Ehepaar Schmidt aus Oppenweiler. Am 5. Januar bemerkten Tatjana und Andreas Schmidt im Stadtgebiet von Backnang einen Autofahrer, der sich mit seinem Wagen in Schlangenlinien fortbewegte und gegen einen Lichtmast sowie einen Zaun prallte. Andreas Schmidt nahm dem Fahrer, der unter Alkohol- und Drogeneinfluss stand, die Schlüssel weg, während seine Frau die Polizei verständigte. Bernhard Bühler, Bürgermeister der Sturmfedergemeinde würdigte das Engagement seiner Bürger durch seine Teilnahme an der Veranstaltung.

Besonders stolz auf seine „Helden des Alltags“ zeigte sich der Bürgermeister von Berglen, Maximilian Friedrich, und begleitet zwei seiner Gemeindemitglieder zu dieser Ehrung. Am 29. November vergangenen Jahres wollte am Bahnhof Waiblingen ein Fahrgast aus der Regionalbahn Aalen-Stuttgart aussteigen. Dabei wurde dieser von einem betrunkenen Reisenden verbal und körperlich angegangen. Auf dem Bahnsteig wurde das Opfer mehrfach geschlagen und getreten. Das erkannten Odai Ghanem und Husin Otman. Die beiden jungen Männer gingen entschlossen dazwischen und verhinderten dadurch eine Verletzung des Opfers. Mit 2,7 Promille wurde der Täter festgenommen und kam in Untersuchungshaft.

Ein weiterer der Geehrten ist Heinz Eigel. In Winnenden war er am 22. März vergangenen Jahres zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Er beobachtete, wie vor ihm ein Fahrzeug von der Straße abkam und gegen einen Baum prallte. Ohne zu zögern, hielt Egel an, wählte den Notruf und führte zusammen mit einer anderen Verkehrsteilnehmerin am Unfallopfer Reanimationsmaßnahmen durch, da dieses das Bewusstsein verloren hatte. „Durch das spontane Handeln konnte die kritische Phase bis zum Eintreffen des Notarztes überbrückt werden“, sagte Andrea Palm bei der Ehrung.

„Die Initiative Sicherer Landkreis Rems-Murr will mit diesen Ehrungen allen Bürgern Mut machen, wieder mehr Zivilcourage zu zeigen“, so der Appell von Auer. Aber nicht alle, die Hilfe leisten, wollen auch im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen und haben auf eine Ehrung bei der Mitgliederversammlung der ISL verzichtet. Sie erhielten ein Dankesschreiben.

Hinschauen statt Wegsehen

Gerhardt Trabert, Thomas Rienesl und Horst Deuring haben gemeinsam mit Jochen Zowe (nicht im Bild) in Kirchberg an der Murr einen maskierten Mann dingfest gemacht, der im vergangenen Jahr eine Metzgerei überfallen hat. Dafür wurden sie jetzt von der Initiative Sicherer Landkreis Rems-Murr ausgezeichnet. Fotos: A. Becher