Hitzige Debatte übers Klimapaket der GroKo

dpa Berlin/New York. Nach der Vorstellung des Klimaschutzpakets hagelt es Kritik. Zu mutlos, finden viele. Rabiat und riskant für die Wirtschaft, meinen andere. Beim UN-Klimagipfel in New York könnte es besser laufen für Kanzlerin Merkel.

Hitzige Debatte übers Klimapaket der GroKo

Demonstranten fahren mit einem Boot am Berliner Reichstagsgebäude vorbei. Das Klimapaket der Bundesregierung wird von Opposition, Umweltschützern und Wirtschaftsverbänden weiter scharf kritisiert. Foto: Christophe Gateau

Nach der heftigen Kritik am Klimaschutzpaket der großen Koalition will Bundeskanzlerin Angela Merkel an diesem Montag beim Klimagipfel in New York für den weltweiten Kampf gegen die Erderwärmung werben.

Auf internationalem Parkett könnte das Urteil über die deutschen Maßnahmen zur Reduzierung des Ausstoßes des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) wesentlich freundlicher ausfallen als zu Hause. Viele Länder haben bisher kaum Programme zum Klimaschutz.

In Deutschland allerdings ließen Opposition, Umweltschützer und Wirtschaftsverbände weiter kaum ein gutes Haar an den Plänen der Bundesregierung. Die Grünen etwa kritisierten, das Paket greife zu kurz. Sie kündigten an, über den Bundesrat Änderungen erreichen zu wollen. Die Grünen sind derzeit an neun Landesregierungen beteiligt und müssten Teilen des Gesetzespaketes im Bundesrat zustimmen.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer signalisierte bereits Verhandlungsbereitschaft. „Für die Umsetzung benötigen wir das Einvernehmen mit Bundesländern, Städten und Gemeinden und natürlich die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger“, sagte Kramp-Karrenbauer „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“.

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder verteidigte das Klimapaket. Die Kanzlerin werde in New York international große Beachtung für die Pläne Deutschlands finden, sagte der bayerische Ministerpräsident am Sonntagabend im ARD-„Bericht aus Berlin“. „Denn wir sind von den Industrienationen jetzt das Land, das am führendsten vorangeht“, wenn es um Klimaschutz, aber auch Erhalt von Wohlstand und Konjunktur gehe. Die Grünen rief er auf mitzumachen statt zu blockieren.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus lobte in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ den geplanten Mechanismus zur Bepreisung von CO2. Er sprach von einem Paradigmenwechsel. „Und auch, wenn das nicht so schnell anläuft, wie einige sich das vorgestellt haben, es ist eine doch sehr, sehr verändernde Geschichte, die uns sehr, sehr viel weiterbringen wird.“

Die Spitzen der großen Koalition hatten sich am Freitag auf das milliardenschwere Paket geeinigt. Damit soll Deutschland seine verbindlichen Klimaziele für 2030 erreichen. Förderungen klimaschonender Neuanschaffungen sollen anfangs besonders attraktiv sein und später abschmelzen. Als zentrales Element bekommt CO2 einen Preis. Starten soll die Bepreisung von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas 2021 mit einem Festpreis für Verschmutzungsrechte von 10 Euro pro Tonne CO2. Bis 2025 soll der Preis schrittweise auf 35 Euro steigen - was etwa Diesel beim Tanken um gut 9 Cent verteuern würde.

Die Grünen halten dies für unzureichend. Der Parteivorsitzende Robert Habeck bekräftigte im „Bericht aus Berlin“, es gelte nun, noch das Maximum für den Klimaschutz herauszuholen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sieht das ähnlich. Von dem Einstiegspreis „sind keine Verhaltensänderungen zu erwarten, hier stand offenbar der Verzicht auf harte Belastungen im Vordergrund“, sagte IW-Geschäftsführer Hubertus Bardt dem „Handelsblatt“.

In Deutschland gab es auch Warnungen, die Klima-Vereinbarungen seien zu weitgehend. „Das sind sehr rabiate Maßnahmen, die einen breiten gesellschaftlichen Diskurs erfordert hätten“, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) der „Bild am Sonntag“. „Ein großer Teil der Menschen ist mit den Entscheidungen überfordert.“ Konkret nannte er die höhere Besteuerung etwa von Benzin.

Die Bundesregierung verständigte sich auch unter dem Druck der jüngsten Klima-Proteste - am Freitag waren allein in Deutschland Hunderttausende auf die Straße gegangen. Die schwedische Aktivistin Greta Thunberg, die den Anstoß für die Protestbewegung Fridays for Future gegeben hatte, sagte am Wochenende beim UN-Jugendklimagipfel in New York: „Wir haben gezeigt, dass wir geeint sind und dass uns junge Leute niemand stoppen kann.“

Das Treffen fand unmittelbar vor dem UN-Klimagipfel statt, an dem Merkel teilnehmen will. Dort dürften Fragen der detaillierten Ausgestaltung eher im Hintergrund stehen. Dutzende Staats- und Regierungschefs sollen beim Klimagipfel neue Pläne im Kampf gegen die Klimakrise vorstellen. Merkels Rede wird nach UN-Angaben etwa um 16:50 deutscher Zeit erwartet.