Frank Hanebuth

„Höllenengel“ in Spanien vor Gericht

Der Deutsche Frank Hanebuth soll als Chef der Hells Angels auf Mallorca eine kriminelle Bande geführt haben. Am Montag beginnt gegen ihn und 46 Mitangeklagte der Prozess in Madrid.

„Höllenengel“ in Spanien vor Gericht

Frank Hanebuth hat schon einige Zeit im spanischen Gefängnis verbracht.

Von Martin Dahms

Vor gut sieben Jahren, im Dezember 2015, hat sich der Hannoveraner Rockerkönig Frank Hanebuth von der deutschsprachigen Mallorca-Zeitung interviewen lassen. Ein paar Monate zuvor war er aus zweijähriger Untersuchungshaft entlassen worden, die sich ein Normalsterblicher als unangenehm vorstellt. „Herr Hanebuth, wie war’s im Hochsicherheitsgefängnis von El Puerto de Santa María? fragte der Reporter damals. „Nun ja, wir sind Männer, wir müssen da durch“, antwortete Hanebuth und fuhr fort. „Ich bin ja nicht aus Zucker, ich habe schon viel erlebt.“

Hanebuth ist 58 Jahre alt und wird bald noch mehr erleben: Von diesem Montag an sitzt er in Madrid auf der Anklagebank des spanischen Nationalen Gerichtshofes, gemeinsam mit 46 Mitangeklagten. Vor diesem Gericht werden nur die ganz schweren Fälle verhandelt, organisierte Kriminalität von nationaler oder internationaler Bedeutung.

Vorwurf: Drogenhandel, Prostitution, Erpressung

Ein Untersuchungsrichter hat 12 000 Seiten Belastungsmaterial gegen die Beschuldigten versammelt, die von der Staatsanwaltschaft zu einer 58-seitigen Anklageschrift kondensiert wurden. Darin stehen 29 Straftatbestände, von Drogenhandel über Zwangsprostitution bis Erpressung. Der Kopf der Bande soll Frank Hanebuth gewesen sein, weswegen ihn die Ankläger gerne für 13 Jahre hinter Gittern sähen.

Was da verhandelt wird, ist alles schon lange her, was die Wahrheitsfindung nicht erleichtern wird. Vor knapp zehn Jahren, im Mai 2013, landete Hanebuth, von Hannover kommend, auf Mallorca, um sich dort umzuschauen und vielleicht niederzulassen. Seinem Sohn zuliebe, sagt er, „für Kinder ist das ja wunderbar hier“. Ein Jahr zuvor hatte der damals elfjährige Sohn miterlebt, wie ein Sondereinsatzkommando der deutschen Polizei das Haus seines Vaters in der Nähe von Hannover stürmte, so was sollte er nicht noch mal erleben.

Hanebuth ist jetzt Kneipier in Hannover

Vielleicht war der Sohn aber auch nur ein Vorwand. Hanebuth war Chef der Hells Angels in Hannover gewesen, nun sollte er Chef der Hells Angels auf Mallorca werden. Oder – das sagen die Ankläger – er war es schon.

Hanebuth war gerade einmal zwei Monate auf Mallorca, als die Polizei schon wieder seine Bleibe stürmte, das Haus eines deutschen Freundes (und heute Mitangeklagten) in Lloret de Vistalegre im Inselinnern. Das war am 23. Juli 2013, und Hanebuth nahm es gelassen: „Das ist eine Verlängerung meines Urlaubs“, sagte er, bevor er für zwei Jahre in Untersuchungshaft verschwand.

Nach seiner Freilassung musste er zunächst auf Mallorca bleiben. Im September 2016 durfte er erstmals wieder nach Hannover zurückkehren, wo er von seinen Rockerfreunden wie ein Mafiaboss mit Stretchlimousine und Feuerwerk empfangen wurden. Im Juni 2018 eröffnete er die „Biker’s Bar“. Hanebuth ist jetzt Kneipier in Hannover.

War er der Chef, der aus der Ferne die Fäden zog?

Was Hanebuth noch alles ist oder war, soll an insgesamt 15 Verhandlungstagen Spaniens Nationaler Gerichtshof herausfinden. Es wird ein komplexes Verfahren, in dem es gilt, den Angeklagten aus dem Umfeld der Mallorquiner Hells Angels konkrete Straftaten nachzuweisen. War er der Chef, der aus der Ferne die Fäden zog? Seine spanische Anwältin Ana Madera sagt im Gespräch mit dieser Zeitung: „Dies ist ein Großverfahren mit sehr dünner Beweislage.“

Die Staatsanwaltschaft sieht das naturgemäß anders. Ihre Anklage stützt sich vornehmlich auf abgehörte Telefongespräche. Wie gut das Beweismaterial ist, wird sich zeigen. Vor ein paar Wochen brach auf Mallorca ein ähnlich spektakuläres Strafverfahren wie jetzt gegen die Hells Angels komplett in sich zusammen.

Der Betreiber des „Megaparks“ an der Playa de Palma, Bartolomé Cursach, hatte angeblich Sex- und Drogenpartys für Polizisten und Lokalpolitiker steigen lassen, die ihm als Gegenleistung lästige Konkurrenz vom Leibe hielten. Doch kein Anklagepunkt ließ sich aufrechterhalten.

In seinem abschließenden Plädoyer erklärte der Staatsanwalt, Cursach und seinen 22 Mitangeklagten sei „Unrecht geschehen“. Die Worte des Staatsanwalts waren kaum zu verstehen, weil er beim Sprechen mit den Tränen zu kämpfen hatte.

Einzelne Polizisten spielten eine dubiose Rolle

Die Verteidiger im anstehenden Hells-Angels-Prozess hoffen auf einen ähnlich günstigen Ausgang des Verfahrens, zumal es eine Verbindung zum Cursach-Prozess gibt: Erst durch die abgehörten Hells-Angels-Telefonate waren die Mallorquiner Ermittler auf die vorgeblichen korrupten Netzwerke bei Polizei und Politik gestoßen, die schließlich zum Cursach-Prozess führten.

Zwei Beamte der Lokalpolizei von Palma de Mallorca gehören zu den Angeklagten in beiden Prozessen. Einer von ihnen soll eine Anzeige gegen ein Hells-Angels-Mitglied wegen einer Messerstecherei an der Playa de Palma im September 2012 unterdrückt haben. Der andere soll die Hells Angels mit Polizeiinterna versorgt und eines ihrer Mitglieder zu einem Treffen mit Hanebuth in Hannover begleitet haben.

Keine Verurteilung in Deutschland

Vorwürfe  In Deutschland hat sich Frank Hanebuth bisher nie vor Gericht derart gravierenden Vorwürfen stellen müssen wie in Spanien. Im November 2022 wurde er in einem Berufungsprozess am Landgericht Hannover wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung in einem minder schweren Fall sowie Besitzes von Elektroimpulsgeräten und scharfer Munition zu einer Geldstrafe von 4800 Euro verurteilt. Das Urteil sei in Bezug auf Hanebuth nicht rechtskräftig, sagte jetzt eine Gerichtssprecherin. Der 58-Jährige habe Revision eingelegt.