Hoffnungen auf neue Friedensgespräche im Ukraine-Konflikt

dpa Moskau/Kiew. Seit Jahren herrscht Krieg im Osten der Ukraine. Nun gibt es eine Einigung für einen Sonderstatus. Damit wachsen die Hoffnungen auf neue Friedensgespräche. In Kiew selbst sehen das viele skeptisch.

Hoffnungen auf neue Friedensgespräche im Ukraine-Konflikt

Ein ukrainischer Soldat patrouilliert an einem Stützpunkt für humanitäre Hilfe in der Ostukraine. Für das seit 2014 umkämpfte Gebiet gibt es neue Hoffnungen auf Friedensgespräche. Foto: Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Im Ukraine-Konflikt sieht der Kreml nach der Einigung auf einen Sonderstatus für die umkämpften Gebiete im Donbass die Chance eines Gipfeltreffens für weitere Friedensschritte.

Es sei positiv, dass die Konfliktparteien am Vortag die so bezeichnete „Steinmeier-Formel“ unterschrieben hätten, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Damit könnten bald die Vorbereitungen eines Gipfels im „Normandie-Format“ - also mit Deutschland, Frankreich, der Ukraine und Russland - beginnen. Auch die Bundesregierung in Berlin rechnete mit einem baldigen Treffen.

„Aus unserer Sicht ist der richtige Zeitpunkt für ein solches Treffen gekommen“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Die Einigung ebne den Weg dazu. Es wäre der erste Gipfel seit drei Jahren. Er soll in Paris stattfinden.

Aus Sicht der Linken im Bundestag ist es unverständlich, dass „für diesen Schritt mehr als fünf Jahre vergehen mussten und Tausende Menschen starben“. Die Union im Bundestag lobte den Mut der Ukraine.

Die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini begrüßte die Einigung als einen „Schritt, der hoffentlich zu weiteren Anstrengungen zur vollen Umsetzung der Minsker Abkommen durch alle Beteiligten“ führen könnte. Dies wiederum wäre der Schlüssel für eine dauerhafte friedliche Lösung für die Ostukraine, fügte sie hinzu.

Seit 2014 stehen Teile der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk an der Grenze zu Russland unter Kontrolle von Aufständischen, die von Moskau unterstützt werden. Bei Kämpfen dort wurden nach UN-Schätzungen rund 13.000 Menschen getötet.

Die Ukraine-Kontaktgruppe hatte den Sonderstatus in Minsk festgeklopft. Die nach dem Bundespräsidenten und Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) benannte Formel regelt, ab wann die von der Ukraine abtrünnigen Regionen Luhansk und Donezk einen Sonderstatus erhalten.

Zuerst sollen dort Wahlen abgehalten werden, am Tag der Abstimmung selbst soll zunächst ein vorläufiger Sonderstatus gelten. Wenn dann die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Wahlen als gültig einstuft, soll der Sonderstatus auch in der ukrainischen Verfassung verankert werden. Auf diese Weise hoffen die moskautreuen Separatisten etwa, auch künftig ihre Muttersprache Russisch sprechen zu dürfen.

In dem Land ist Ukrainisch ohne Ausnahme die einzige Amtssprache. Das heißt, alle Amtsträger sind dazu verpflichtet, während ihrer Arbeitszeit ausschließlich Ukrainisch zu sprechen. Die derzeit geltenden Quoten für Rundfunk- und Fernsehen zwingen tagsüber Moderatoren beispielsweise dazu selbst im Regionalfernsehen, mindestens 60 Prozent der Sendezeit Ukrainisch zu sprechen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sich indessen massivem Druck der Opposition ausgesetzt. Es kam zu Straßenprotesten in Kiew wegen der „Steinmeier-Formel“. Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko warnte davor, die Ukraine in eine „Kolonie Russlands“ zu verwandeln. Ex-Präsident Petro Poroschenko sprach mit Blick auf Kremlchef Wladimir Putin von einer „Putin-Formel“. Der Schritt werde eine Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland begünstigen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht allerdings noch keinen Grund, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben. Es gebe jetzt zwar einen Fortschritt, dem aber noch viele weitere Schritte folgen müssten, sagte sie nach einem Gespräch mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte in Berlin. „Deshalb ist das, was man jetzt sagen kann, nicht, dass wir schon Sanktionen aufheben können.“

Seit dem Machtwechsel in der Ukraine im Frühjahr gibt es international die Hoffnung, dass unter Selenskyj Frieden in der Ukraine möglich ist. Anfang September hatten Kiew und Moskau 70 Gefangene - 35 auf jeder Seite - ausgetauscht. Das war in Russland, aber auch international als Zeichen möglicher Fortschritte bei einer Lösung des Ukraine-Konflikts gewertet worden.