Hühner gewöhnen sich an Schulbetrieb

Seit den Sommerferien leben in der Naturparkschule Oberweissach fünf Hühner und ein Hahn – Jetzt feierliche Einschulung

Lernen mal ganz anders: Ein paar Wochen hatten die fünf Hühner und der Hahn Zeit, sich an ihr neues Zuhause imSchulhof der Naturparkschule Oberweissach zu gewöhnen. Denn seit das Schuljahr begonnen hat, sind sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit sämtlicher Grundschulkinder und Lehrer. Jetzt wurden die Hühner eingeschult – ganz offiziell und feierlich.

Hühner gewöhnen sich an Schulbetrieb

Bürgermeister Ian Schölzel wurde zum Hühnerpaten ernannt. Foto: A. Becher

Von Renate Schweizer

WEISSACH IM TAL. Punky gluckst. Die Kinder wissen ganz genau, was das bedeutet: Die zierliche schwarze Hühnerdame will Eier sammeln, ausbrüten und eine Schar Küken aufziehen. Kinderwunsch bei einem Huhn ist eine ernste Sache, das weiß wiederum Deniz Weiß, die Rektorin der Oberweissacher Grundschule: „Wenn wir sie ließen, würde sie den ganzen Tag im Stall sitzen. Sie vergisst sogar das Fressen und könnte jämmerlich eingehen.“ Das darf nicht geschehen – weder vor noch nach der Einschulung der bunten Hühnerschar, die in den Sommerferien den hübschen Stall mit Freilauf neben dem Pausenhof der Schule bezogen hat. Ein paar Wochen hatten die fünf ganz unterschiedlich bunten Hühner und Johnny, der Hahn, Zeit, sich an ihr neues Zuhause im Schulhof ohne Schulbetrieb zu gewöhnen.

Denn seit Mitte September das Schuljahr begonnen hat, sind sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit sämtlicher Grundschulkinder und Lehrer. Sogar aus dem nahe gelegenen Kindergarten kommen gelegentlich Kinder und ihre Erzieherinnen zum Hühnergucken vorbei.

Punkys Eier sind grün

„Dienstags dürfen wir sie füttern“, erzählt ein Junge aus der 2. Klasse stolz, „und donnerstags ist Ausmisten“, ergänzt ein größerer. Eifrig zählen die Mädchen die Namen auf: „Goldlöckchen, Schneeflocke, Erna, Bertha und Punky.“ Und natürlich können sie die Hühner bestens voneinander unterscheiden – kein Wunder, sie sehen ja auch alle ganz unterschiedlich aus.

Sogar die Eier sind unterschiedlich: „Punkys Eier sind grün“, berichten die Kinder aufgeregt. Grüne Eier! Da staunt die Berichterstatterin. Für langes Wundern bleibt aber gar keine Zeit: Es ist feierliche Einschulung. Hühnereinschulung eben, und zwar mit allem, was zu einer ordentlichen Einschulung gehört: Der Schulchor singt. Die Kinder sind zum Teil als Hühner verkleidet und gackern vergnügt. Die Rektorin hält eine Ansprache. Einige Kinder haben eine Power-Point-Präsentation über die tägliche Mensch-Huhn-Begegnung an der Schule vorbereitet. Stolze Eltern. Der Bürgermeister. Presse. Fotografen. Alles da.

Nur die Hühner lässt der ganze Rummel kalt, sie dürfen draußen bleiben, denn sie sind „keine großen Fans von Indoor-Veranstaltungen“. Trotz gegenteiliger Beteuerungen ist die Ansprache der Rektorin Deniz Weiß dann doch ziemlich lang – so viele Menschen hatten mit großer Begeisterung ihren Beitrag zur Verwirklichung der Hühner-idee geleistet und sollten benannt und bedankt sein. Nur zwei aus der schier endlosen Liste der Namen seien hier genannt: Bürgermeister Ian Schölzel, der am runden Tisch als Erster die Idee ausgesprochen hatte, zu einer Naturparkschule gehörten doch eigentlich Hühner. Zum Dank wird er feierlich zum Hühnerpaten ernannt, eine Ehre, mit der, so erklärt Weiß augenzwinkernd, „lebenslanges und uneingeschränktes Hühnerversorgungsrecht“ einhergehe und darüber hinaus die Zusicherung, dass das Hühnervolk seinen Jahresurlaub in den Sommerferien im Garten der Familie Schölzel verbringen wird.

Um den Rechten und Pflichten der Patenschaft angemessen ausgerüstet nachkommen zu können, überreichen die Zweitklässler dem Bürgermeister ein Paar riesiger Gummistiefel, die er sofort zur Erstbegegnung mit seinen Patenhühnern überzieht.

Das zweite Dankeschön, das hier stellvertretend für viele genannt werden soll, geht an die katholische Jugend der 72-Stunden-Aktion: Drei volle Tage lang hatten die Kinder und Jugendlichen den Hühnergarten am steilen Hang neben dem Pausenhof stabil eingezäunt und ein ebenes Stück Untergrund für das Hühnerhaus ausgehoben. An die 60 junge Menschen hatten an der Aktion teilgenommen – fünf davon stehen jetzt stolz im grünen 72-Stunden-T-Shirt auf der Bühne und nehmen den Dank der Schulgemeinschaft entgegen.

Hausmeister, Kollegium, Schulsekretärin, Nachbarn, Eltern, Großeltern, Kommune und nicht zuletzt die Kleintierzüchter – alle ziehen an einem Strang in dieser Sache. „Hühnerhaltung an der Schule braucht eine funktionierende Schulgemeinschaft“, erklärt dann auch Deniz Weiß. „Wir haben eine und darauf können wir stolz sein.“

Den Hühnern selbst, Bertha, Erna, Goldlöckchen, Schneeflocke, Punky und Johnny geht die ganze Feierei offenbar schräg am Bürzel vorbei. Im Outdoor-Teil ihrer Einschulung nehmen sie dann aber doch huldvoll leckeres Futter aus ihrer persönlichen Schultüte an. Sogar Punky vergisst da für ein paar Momente ihren Kinder-, nein, Kükenwunsch. Sieht aus, als fühlen sie sich wohl an der Grundschule Oberweissach. Das ist die Hauptsache.