Flughafen Madrid

Hunderte Obdachlose übernachten im Terminal

Im Madrider Flughafen biwakieren derzeit regelmäßig um die 400 Obdachlose. Warum es neuerdings so viele sind, weiß niemand mit Gewissheit zu sagen.

Hunderte Obdachlose übernachten im Terminal

Obdachlose Menschen schlafen auf den Gängen des Airports.

Von Martin Dahms

Die Wanzen haben die Spanier aufgeschreckt. „Du kommst in den Flughafen rein, und schon fängt dein ganzer Körper an zu jucken“, sagt Flughafenarbeiter Federico im Gespräch mit der Zeitung El Mundo. Er und seine Kollegen teilen in ihren Whatsapp-Gruppen Videos von Kakerlaken, die unter Druckern hervorkriechen, Spinnen auf Gepäckbändern und Wanzen, die über Hinweisschilder kriechen. Die Flughafenverwaltung sagt, das könne nicht sein.

Angeblich gibt es Wanzen

Aber seit in den spanischen Zeitungen die Wörter „Wanzen“ und „Madrider Flughafen“ eine gelegentliche Verbindung eingehen, ist der Skandal da. Was immerhin den Vorzug hat, das jetzt über ein Problem gesprochen wird: die allnächtliche Anwesenheit von 300 bis 500 Obdachlosen im eleganten Terminal 4, das dafür nicht gedacht ist. Mit den Obdachlosen kamen die Wanzen – imaginäre bestimmt, vielleicht auch wirkliche.

Wenn um die 400 Menschen regelmäßig in einem der verkehrsreichsten Flughäfen Europas übernachten, dann läuft etwas schief – aber niemand will schuld gewesen sein. Der Flughafen ist ein Staatsbetrieb, steht also unter der Verantwortung der spanischen Regierung. Andererseits ist für die Versorgung von Obdachlosen auf seinem Stadtgebiet das Madrider Rathaus zuständig. Statt eine gemeinsame Problemlösung in die Wege zu leiten, beschimpfen sich die Stadt- und die Flughafenverwaltung.

Spaniens staatlicher Flughafenbetreiber Aena, dem auch der Madrider Airport untersteht, arbeitet an den Symptomen und versprüht so viele Insektizide wie nie, auch wenn er offiziell nicht an die Wanzen glauben will. Die Sicherheitsleute halten an den Eingangstüren jetzt gelegentlich Leute an, die sie als Obdachlose erkennen, fragen für alle Fälle nach einem Flugticket und weisen die Menschen ab, wenn sie keines vorweisen können. Das ändert nichts.

Eine Leiche vor der Cafeteria

Drinnen sieht es weiter aus wie in einem improvisierten Asyl aus Kartons und Kofferwagen. Aufgereiht liegen die Menschen da und versuchen sich die Augen gegen das 24-Stunden-Neonlicht zu verdecken. Vor kurzem fand eine Cafeteria morgens eine Leiche vor ihrem Zugang. Ein paar Stunden hatte der Tote dort schon gelegen. Anzeichen von Gewalt gab es nicht.

Manchmal gibt es Rangeleien unter den nächtlichen Gästen, im März schritt die Polizei ein, als einer den anderen mit einem Messer bedrohte. Ein El País-Reporter erlebte im Februar einen Überfall auf einen Rucksackladen mit, es war schon der zweite des Tages, die Verkäuferin wollte keine Anzeige erstatten, weil sie damit rechnete, dass der Mann in ihren Laden zurückkehren würde. Nachts sind jetzt die Behindertentoiletten geschlossen, weil sie für bezahlten Sex genutzt worden sein sollen. „Dies ist die Bronx“, sagt Antonio Llarena von der Flughafengewerkschaft Asae.

Vor zehn Jahren fanden sich nachts nur ein paar Dutzend Obdachlose im Madrider Flughafen ein. Warum es so viel mehr geworden sind, weiß niemand zu sagen.