„Ich bin kein Ostfalk 2.0“

Bürgermeisterwahl Auenwald: Als Amtsinhaber Karl Ostfalk vor einer Woche überraschend seinen Rückzug verkündete, stieg Hauptamtsleiterin Yvonne Bader spontan ins Rennen um den Chefsessel im Rathaus ein. Im Turbotempo versucht sie nun, aus dem Schatten ihres bisherigen Chefs zu treten.

„Ich bin kein Ostfalk 2.0“

Auf der Bühne an der Auenwaldhalle stellt sich Yvonne Bader den Fragen von Moderator Cord-Hendrik Urbild und den Bürgerinnen und Bürgern, die in ihren Autos sitzen. Im vergangenen Jahr hatte sie hier zusammen mit ihrem Mann das Auenwalder Autokino organisiert.Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

AUENWALD. Auf dem Parkplatz hinter der Auenwaldhalle haben im vergangenen Jahr die unterschiedlichsten Veranstaltungen stattgefunden. Mit einem Autokino hat es Anfang Mai begonnen, doch dabei blieb es nicht. Bald traten auch bekannte Künstler wie Comedian Ingo Appelt oder die Schlagerstars Anita und Alexandra Hofmann auf, die Bize-Schüler bekamen hier ihre Abschlusszeugnisse überreicht, die evangelische Gemeinde feierte Konfirmation und sogar ein Brautpaar wurde auf der kleinen Bühne coronakonform getraut – die Standesbeamtin hieß damals Yvonne Bader.

Heute sitzt sie wieder auf der Bühne – diesmal als Kandidatin für die Bürgermeisterwahl. So voll wie bei Ingo Appelt ist es zwar nicht, aber immerhin knapp 30 Autos parken vor der Bühne. Dass sie bei der Wahl am Sonntag antreten wird, weiß die Hauptamtsleiterin der Gemeinde selbst erst seit einer Woche. „Es war nie mein Masterplan, Bürgermeisterin zu werden“, sagt sie. Und eine Kandidatur gegen ihren eigenen Chef wäre für sie sowieso nie infrage gekommen: „Das ist nicht mein Stil“.

Als Amtsinhaber Karl Ostfalk am vergangenen Mittwoch überraschend seinen Rückzug ankündigte, zögerte sie allerdings nicht. Nur eineinhalb Stunden blieben zwischen Ostfalks Erklärung und dem Bewerbungsschluss um 18 Uhr. „Ich habe dann ganz schnell meine Bewerbung geschrieben“, erzählt die 49-Jährige. Das Okay ihrer Familie hatte sie sich für den Fall der Fälle zum Glück schon vorher geben lassen.

Über Ostfalks Wahlempfehlung war sie nicht glücklich.

Am nächsten Tag hat Yvonne Bader dann Urlaub genommen und ihren Turbowahlkampf gestartet. Homepage, Wahlplakate, Flyer – alles musste in Windeseile organisiert werden. Für ihre spontane Kandidatur nennt die Amtsleiterin zwei Gründe: Zum einen liege ihr die Gemeinde, in der sie seit 27 Jahren lebt und für die sie seit 2009 arbeitet, sehr am Herzen. Zum anderen ist es die Sorge, dass Auenwald einen Bürgermeister bekommen könnte, der dafür nicht ausreichend qualifiziert ist. „Die Gemeinde hat 140 Mitarbeiter, das ist ein mittelständisches Unternehmen“, sagt Bader. Um sie zu leiten, brauche es Fachkompetenz und Erfahrung – sie bringe beides mit. Als Diplom-Verwaltungswirtin habe sie „die klassische Bürgermeisterausbildung“. Und sie wisse, wie eine Verwaltung funktioniert, nicht nur in Auenwald, sondern auch von ihren früheren Stationen bei der Stadt Neckarsulm und im Landratsamt des Hohenlohekreises, wo sie unter anderem für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig war.

Den Ort für ihren Wahlkampfauftritt hat Yvonne Bader nicht zufällig gewählt: Ihr Mann Thomas war es, der vor einem Jahr, mitten im ersten Lockdown, die Idee hatte, mit dem Autokino ein wenig kulturelles und gesellschaftliches Leben nach Auenwald zurückzubringen. Die Hauptamtsleiterin machte das Projekt zu ihrem und begeisterte Bürgermeister Ostfalk dafür. Ihr 18-jähriger Sohn drehte fürs Vorprogramm noch ein paar Filmsequenzen in Auenwald. „Das Autokino ist unser Baby“, sagt Yvonne Bader stolz. Sie habe damit gezeigt, was man mit einem starken Team alles auf die Beine stellen kann. Künftig will sie das gerne als Bürgermeisterin ihrer Gemeinde tun.

Das Dilemma der Last-Minute-Kandidatin ist, dass sie bisher eine der engsten Mitarbeiterinnen von Bürgermeister Ostfalk war. Der stand zuletzt heftig in der Kritik, Bürger beklagten unter anderem den schlechten Service der Verwaltung. Da steht sie als Hauptamtsleiterin im Verdacht, Teil des Problems und nicht dessen Lösung zu sein. Dass Ostfalk sie dann auch noch öffentlich zu seiner Wunschnachfolgerin erklärt hat, macht die Sache für Yvonne Bader nicht einfacher: „Das fand ich nicht gut. Damit hat er mir eher geschadet“, glaubt die 49-Jährige. Denn obwohl sie ihren bisherigen Chef menschlich sehr schätze, stehe sie keineswegs für ein „weiter so“: „Ich bin kein Ostfalk 2.0“.

Offen spricht die Hauptamtsleiterin über Schwächen im Auenwalder Rathaus: „Es gibt strukturelle Probleme: Zuständigkeiten sind nicht klar geregelt, Aufgaben nicht richtig zugeordnet.“ Falls sie Bürgermeisterin wird, will sie die Verwaltung neu organisieren, ein professionelles Problem- und Beschwerdemanagement einführen: „Wenn Fragen oder Kritik reinkommen, dann muss der Bürger wissen, von wem er bis wann Antwort bekommt“, sagt Bader.

Zum Abschied gibt es ein Hupkonzert.

Verbessern möchte die Kandidatin auch die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. Abgesehen von den monatlichen Sitzungen gebe es bislang kaum Kommunikation zwischen den Bürgervertretern und dem Rathaus. „Da ist es kein Wunder, dass sich der Gemeinderat nicht immer mitgenommen fühlt“, sagt Bader. Als Bürgermeisterin würde sie den Austausch mit den Fraktionen intensivieren, sich auch mal ein ganzes Wochenende Zeit für eine Klausurtagung nehmen. Aus einem Klima des Misstrauens müsse wieder ein Miteinander werden.

Die Bürger vor der Autokinobühne haben andere Sorgen: Auf Zetteln und per WhatsApp stellen sie der Kandidatin Fragen. Was wollen Sie für die Senioren in der Gemeinde tun? Wann wird es den versprochenen Chillplatz für Jugendliche geben? Wie können die Verkehrsprobleme an den Durchfahrtsstraßen gelöst werden? Yvonne Bader verweist vor allem auf das, was in der Vergangenheit schon erreicht und auf den Weg gebracht wurde, mit Ankündigungen und Versprechungen hält sie sich zurück.

Viel Zeit, um die Auenwalder von sich und ihren Ideen zu überzeugen, bleibt Yvonne Bader nicht mehr. Doch die Kandidatin ist überzeugt, dass sie es noch schaffen kann, die Wahl zu gewinnen. Im Autokino gibt’s an diesem Abend zwar noch keine Stimmen, aber immerhin ein freundliches Hupkonzert zum Abschied.