„Ich bin zuversichtlich, aber nicht übermütig“

Das Interview: Der Backnanger OB Frank Nopper tritt morgen in Stuttgart an, rechnet aber noch nicht mit einer Entscheidung im ersten Wahlgang.

„Ich bin zuversichtlich, aber nicht übermütig“

Von Kornelius Fritz

Herr Nopper, was ist anstrengender: der Alltag eines Oberbürgermeisters in Backnang oder der eines Wahlkämpfers in Stuttgart?

(lacht) Beides kann sehr anstrengend sein. Es gibt im Wahlkampf Tage, an denen man wirklich 16 Stunden nonstop im Einsatz ist. Aber solche Tage habe ich in Backnang auch schon außerhalb des Wahlkampfs erlebt.

Ihre OB-Kandidatur in Stuttgart haben Sie bereits im Februar verkündet, am Sonntag wird nun endlich gewählt. Wie ist Ihre Gefühlslage so kurz vor der Wahl?

Ich bin zuversichtlich, aber nicht übermütig. Und ich freue mich natürlich als Ausdauerläufer nach einer so langen Strecke, wenn ich nun das erste Etappenziel erreiche.

Dies ist bereits Ihr vierter OB-Wahlkampf. Wie unterscheidet sich der Wahlkampf in einer Großstadt mit mehr als einer halben Million Einwohner von Ihren Wahlkämpfen in Backnang?

Der Wahlkampf in einer Stadt wie Stuttgart ist deutlich intensiver. Trotz Corona habe ich an mehr als 20 Podiumsdiskussionen teilgenommen. Selbst bei meiner ersten Wahl in Backnang 2002 waren es deutlich weniger. Und natürlich müssen Sie in der Großstadt sehr viel mehr in die Fläche gehen und in 23 Stadtbezirken Präsenz zeigen. Von der Art und Weise, wie man vorgeht, ist es dennoch ähnlich. Auch der erste Backnang-Wahlkampf im Jahr 2002 war ja ein Wahlkampf, der konfrontative Elemente hatte. Es gab also durchaus vergleichbare Situationen wie damals.

Wahlkampf bedeutet normalerweise, die Nähe zu den Bürgern zu suchen, doch momentan ist Abstand halten das oberste Gebot. Wie funktioniert Wahlkampf unter Pandemiebedingungen?

Wahlkampf unter Pandemiebedingungen bedeutet Wahlkampf mit angezogener Handbremse. Einige Veranstaltungen sind abgesagt worden, viele Veranstaltungen fanden nur digital oder hybrid statt. Und ich denke, dass einige Veranstalter auch von vornherein keine Veranstaltung geplant haben, weil sie davon ausgegangen sind, dass es nur mit Einschränkungen funktionieren würde. Wahlkampf auf der Straße mache ich aber trotzdem – momentan zusammen mit meinen beiden Söhnen. Da haben wir dann auch nicht das Problem mit mehreren Haushalten.

Haben Sie es als Nachteil empfunden, dass der direkte Kontakt mit den Bürgern diesmal schwieriger war?

Ja, das habe ich schon als Nachteil empfunden, weil ich glaube, dass ich gerade im direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern eine Stärke habe.

Laut einer Umfrage der Universität Hohenheim liegen Sie in der Wählergunst knapp vorne. Allerdings bräuchten Sie für einen Sieg im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit. Damit rechnen Sie vermutlich selbst nicht, oder?

Es wäre eine Sensation, wenn einer der Bewerber oder eine der Bewerberinnen im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit durch die Ziellinie gehen würde. Ich denke, es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen zweiten Wahlgang geben.

Mit Veronika Kienzle, Martin Körner, Marian Schreier und Hannes Rockenbauch haben Sie gleich vier Gegenkandidaten, die zumindest auf dem Papier eher dem linken Spektrum zuzurechnen sind. Müssen Sie sich Sorgen machen, wenn einer oder mehrere nach dem ersten Wahlgang einen Rückzieher machen?

Ich denke, Wahlkampfzeiten sind keine Zeiten, um sich Sorgen zu machen, sondern sind Zeiten des Mutes und der Zuversicht. Deswegen mache ich mir überhaupt keine Sorgen und nehme es, wie es kommt.

In Backnang haben Sie sich in den vergangenen Monaten zumindest in der Öffentlichkeit rargemacht. Nehmen Sie Ihre Amtsgeschäfte hier noch wahr oder haben Sie Backnang gedanklich schon abgehakt?

Nein, ich habe Backnang überhaupt nicht abgehakt, aber ich bin im Moment in Urlaub – im Aktiv-, Erlebnis- und Abenteuerurlaub Stuttgart. Mit dem Resturlaub vom Vorjahr habe ich 52 Tage Urlaub, die ich ausnahmsweise alle nehme. Sonst habe ich meine Urlaubstage nie vollständig genommen. Hätte ich alle Urlaubstage, die ich in den vergangenen 18 Jahren nicht genommen habe, dieses Jahr genommen, dann hätte ich schon ab Februar freinehmen können.

Die Pandemie stellt auch Backnang zurzeit vor große Herausforderungen. Hatten Sie manchmal ein schlechtes Gewissen, dass Sie hier so wenig präsent waren?

Natürlich wäre es besser gewesen und ich wäre auch lieber öfter in Backnang gewesen, aber das ist im Grunde nicht darstellbar bei der Flut von Aufgaben in so einem Wahlkampf. Immerhin war ich zwischenzeitlich einmal ein paar Tage in Backnang.

Glauben Sie, dass Ihnen die Backnanger am Sonntag die Daumen drücken werden?

Ja, ich habe aus Backnang unglaublich viele positive Signale bekommen. Die Backnangerinnen und Backnanger drücken mir einerseits die Daumen und würden es mir gönnen, wenn ich Erfolg hätte. Andererseits sagen mir viele auch: „Wir würden Sie lieber in Backnang behalten.“ Auch diese Einschätzung ehrt und freut mich. In Obertürkheim kam übrigens neulich ein Mann auf mich zu, der früher in Backnang gewohnt hat. Er hat mir erzählt, er habe mich 2002 nicht gewählt und das inzwischen bereut. Am 8. November werde er mich deshalb auf jeden Fall wählen.

Zweite Wahl in drei Wochen

Bei der Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart sind morgen 450000 Wahlberechtigte aufgerufen, einen Nachfolger von Fritz Kuhn (Grüne) zu wählen, der nicht wieder antritt.

Insgesamt wurden zwölf Männer und zwei Frauen zur Wahl zugelassen. Die besten Chancen werden neben Frank Nopper (CDU) der von den Grünen nominierten Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, Veronika Kienzle, eingeräumt.

Sollte im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen erhalten, wird am 29. November erneut gewählt. Dann genügt die einfache Mehrheit zum Sieg.