„Ich brauche Druck, um inspiriert zu sein“

Gesund bleiben in stressigen Berufen (4): Backnangs Oberbürgermeister Frank Nopper schätzt die Ruhe am Abend

Als Oberhaupt einer Stadt mit fast 37000 Einwohnern hat Frank Nopper quasi nie Feierabend. Das macht dem 57-Jährigen allerdings wenig aus. Er mag seinen Beruf und ist nach eigenen Angaben fast schon ein Workaholic – allerdings ein ausgeglichener. Trotzdem sucht er sich bewusst Momente der Ruhe, ganz für sich allein.

„Ich brauche Druck, um inspiriert zu sein“

Bei einer guten Tasse Kaffee entspannt Frank Nopper auch gerne einmal zwischendurch in seinem Büro. Foto: J. Fiedler

Von Silke Latzel

BACKNANG. Oberbürgermeister. Allein das Wort klingt schon nach sehr viel Verantwortung. Wenn Frank Nopper auf der Straße unterwegs ist, ist er eigentlich nie Privatperson – man kennt ihn und erkennt ihn. Feierabend um 17 Uhr? Undenkbar. Denn Oberbürgermeister sein ist mehr als ein Beruf, bei dem man nach Feierabend nicht mehr erreichbar sein muss. „Ich kann nicht einfach in der Jogginghose rumlaufen, ich bin jederzeit ansprechbar, für Kollegen, Bürger, Kreisräte... Eigentlich bin ich auch in meiner Freizeit immer auf Stand-by, weil ich ja weiß, dass im nächsten Moment der Oberbürgermeister wieder gebraucht werden könnte.“ Nopper ergänzt lachend: „Im Grunde habe ich weder Arbeit noch Freizeit, das ist eher so ein Mischding und oft auch fremdgesteuert.“ Trotzdem mag Frank Nopper seinen Beruf und ist gerne Stadtoberhaupt. Einen Ausgleich zum stressigen Beruf findet er durch Sport, Urlaub und Bücher.

Arbeitszeiten: „Ich wurde quasi zum Nachtmenschen erzogen“, sagt Frank Nopper und lacht. „Während meines Jurastudiums hatten wir nie eine Vorlesung, die vor 9.15 Uhr begonnen hat. Ich war noch nie ein Frühaufsteher.“ Wie lang Nopper im Rathaus ist und arbeitet, ist vor allem „sitzungsbedingt“, wie er sagt. „Je nachdem ob eine Sitzung ist und wie lange sie dauert.“ Im Schnitt arbeite er zwölf Stunden täglich.

Hobbys: „Ich lese sehr gerne, am liebsten politische oder historische Bücher, Biografien oder solche, die den Zeitgeist widerspiegeln.“ Das tut der Oberbürgermeister am liebsten abends auf seiner Terrasse, dazu gibt es dann ein Glas Bier. Und wenn Nopper Zeit findet, macht er auch Sport zum Ausgleich. „Ich schwimme viel, früher war ich auch manchmal im Fitnessstudio.“

Organisation: Natürlich steht einem Oberbürgermeister ein ganzer Stab an Mitarbeitern zur Verfügung, auch einen Stellvertreter hat Nopper. „Ihn kann ich aber nicht zu allen Terminen schicken, Gemeinderatssitzungen und Ausschüsse sowie Kuratorien sind beispielsweise bei mir im Kalender fixiert. Aber oft gibt es Terminüberschneidungen, beispielsweise vor der Sommerpause. Manchmal sind drei Termine gleichzeitig, bei denen ich eigentlich anwesend sein müsste.“ Welche Termine er dann selbst wahrnimmt oder bei welchen er sich vertreten lassen kann, entscheidet Nopper dann nach verschiedenen Kriterien: „Es kommt auf das Thema an, die Sachnähe und auch darauf, ob mein Stellvertreter bereits Übung mit dem Termin hat.“

Psychologie: „Der Trick ist, Abstand zur Arbeit zu halten, nicht alles an sich heranzulassen. Als Politiker lebt man stark vom Verdrängen.“ Nopper lacht. „Wenn man das nicht macht, dann kann man irgendwann nicht mehr schlafen, dann frisst einen alles auf.“ Auch Kritik dürfe man nicht persönlich nehmen. Das falle ihm zwar auch nicht immer gleich leicht: „Aber generell bin ich ein entspannter Mensch. Trotzdem kann ich mich natürlich auch mal furchtbar über etwas aufregen.“ Wieder lacht er. „Ich versuche dann aber, mich zusammenzureißen und meinen Ärger vor allem nicht an anderen auszulassen.“ Oberbürgermeister zu sein, sei oft „ein Wechselbad der Gefühle. Man kommt ohne Übergang von der Totalkritikzone in die Hochlobzone. Und man muss mit beidem umgehen können.“ Manchmal habe er zu wenig Zeit, um Dinge zu verarbeiten, so Nopper. Denn auch ihn beschäftigen manche Ereignisse hin und wieder länger, als er es eigentlich möchte. „Wichtig ist vor allem, dass man nicht nachtragend ist. Und auch ein Oberbürgermeister ist höchst fehlbar und muss sich korrigieren dürfen.“

Druck empfindet Nopper vor allem dann, wenn er Reden halten muss, wie etwa beim Straßenfest oder beim Neujahrsempfang. „Wenn ich mich gut mit einem Thema auskenne, dann kann bei einer solchen Rede eigentlich nichts schiefgehen, dann ist das eine gute Übung. Aber es fängt ja schon mit dem Humor an: Zündet der Witz, den ich in meiner Rede mache, oder nicht? Und: Habe ich alle wichtigen Leute erwähnt, die auf der Veranstaltung sind? Politiker beispielsweise wollen immer erwähnt werden, während es den meisten Bürgern manchmal sogar peinlich ist, wenn ich sage, dass sie heute da sind. Das ist gar nicht so einfach und ich bin bei solchen Veranstaltungen auch immer angespannt.“ Dennoch benötige er – natürlich im übertragenen Sinne – „das Bajonett auf der Brust. Ich war schon früher bei Prüfungen immer am besten. Ich brauche einen gewissen Druck, um inspiriert zu sein.“ Auch sei es immer ein Unterschied, wo und unter welchen Bedingungen die Veranstaltungen stattfinden. „Unter freiem Himmel, wenn die Leute während meiner Rede vielleicht noch etwas essen, ist der Aufmerksamkeitsgrad einfach nicht so hoch wie etwa in einem Saal oder einer Halle, in der es wenig Ablenkung gibt.“

Urlaub: Auch ein Oberbürgermeister darf Urlaub machen. Seinen verbringt Nopper gerne mit Städtereisen, muss dabei allerdings auch immer etwas zu tun haben. „Strandurlaub wäre nichts für mich, das ist einfach grausam.“ Vor allem die Urlaubsabende genießt er. „Ich kann dann total abschalten.“ Generell sei der Abend, egal ob Urlaub oder nicht, die Zeit des Tages, an der Nopper „Luft und Ruhe für mich selbst habe. Meine Frau geht relativ früh ins Bett und steht früh auf. Einer meiner Söhne ist Schüler, der andere macht eine Ausbildung. Auch sie bleiben abends nicht allzu lang auf.“