„Ich will mich bei den Kindern entschuldigen“

Amtsgericht Backnang verurteilt 58-jährigen Mechaniker wegen des Besitzes kinderpornografischen Materials zu Bewährungsstrafe.

„Ich will mich bei den Kindern entschuldigen“

Bewährungsstrafe für 58-jährigen Mechaniker.Symbolfoto: unsplash

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Vor dem Backnanger Amtsgericht musste sich gestern ein gelernter Mechaniker (58) wegen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischer Bilder und Videos verantworten.

Eine Gerichtsverhandlung ist nicht dazu angetan, Dinge restlos aufzuklären. Auch wenn der Richter bei jeder Verhandlung Fragen zur Person des Angeklagten stellt, Umstände bleiben im Dunkeln. Es ist ein geradliniger Lebensweg, den der Angeklagte vorzuweisen hat. Nach der Mechanikerlehre macht er den Meisterkurs. Er wechselt den Arbeitgeber, bildet sich zum technischen Betriebswirt fort. Das, was er gelernt hat, gibt er an andere weiter, wird Ausbilder. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder. Man trägt sich mit dem Gedanken, gemeinsam mit einem der Kinder zu bauen.

Ermittler finden 670 Bilddateien und 80 Videos auf dem Rechner.

Irgendwann in all diesen Jahren muss es gewesen sein, dass er Verbotenes aus dem Internet auf seinen Rechner herunterlädt. Von 670 Bilddateien und 80 Videos war in der Anklageschrift die Rede gewesen. Exemplarisch wird der Bildinhalt zweier Dateien vom Richter beschrieben. Es muss hier nicht wiederholt werden. Der Richter bittet nach vorne. Einige wenige Bilder – so ist das üblich in einem Strafverfahren – werden vom Staatsanwalt wie vom Verteidiger „in Augenschein genommen“. Während die Juristen kurze Blicke auf die unschönen Bilder werfen, sitzt der Angeklagte da, die Augen geschlossen, die Hände wie zum Gebet gefaltet vor dem Gesicht. Durch seinen Verteidiger hat er gleich zu Beginn der Verhandlung mitteilen lassen, dass alles, was der Staatsanwalt ihm vorgehalten hatte, zutrifft. Er bereue die Sache sehr, lässt er mitteilen. In eigener Rede die Dinge einzugestehen, so der Rechtsanwalt, sei er nicht in der Lage. Aus den einschlägigen Chats, in denen kinderpornografisches Material geteilt werde, habe sich der Angeklagte verabschiedet. Seine Ehe sei durch das Vorgefallene schwer belastet.

Regelmäßig, so berichtet ein mit den Ermittlungen betrauter Polizeibeamter, werden die deutschen Strafverfolger von einer amerikanischen Institution über verdächtige Transaktionen im Internet informiert. Das Bundeskriminalamt gibt die Hinweise weiter. Über die sogenannte IP-Adresse versucht die Polizei an den Empfänger zu kommen. So auch hier. Und wenn die Polizei dann bei dem Betreffenden erscheint, dann gleich mit einem Durchsuchungsbeschluss. Computer und Festplatten des 58-Jährigen werden beschlagnahmt und ausgewertet. Im April 2019 ist das gewesen. Den Angeklagten wie seine Ehefrau haben die Polizisten bei der Durchsuchung angetroffen. Während der 58-Jährige das Beschlagnahmen seiner Geräte fraglos über sich ergehen lässt, fällt die Ehefrau aus allen Wolken. Wie es ihm gegenwärtig und vor allem jetzt in der Verhandlung ergehe, will der Richter wissen. Der Mechaniker spricht von Schlafstörungen und Hautausschlägen. Immer wieder wischt er sich im Laufe der Verhandlung über die Augen.

Die Anklage attestiert glaubhafte Reue und positive Sozialprognose.

Der Staatsanwalt sieht in seinem Plädoyer die Anklage bestätigt. Besitz kinderpornografischen Materials und Weiterleitung von zwei Bilddateien. Die Reue des 58-Jährigen, so der Anklagevertreter, sei glaubhaft. Die Sozialprognose sei positiv, da der Angeklagte weiter in seinem Beruf arbeitet und auch gut verdient. Mit 15 Monaten auf Bewährung seien die Taten zu ahnden. Und eine Geldauflage von 6000 Euro müsse auch sein.

Der Verteidiger des Angeklagten führt aus, wie betroffen sein Mandant von der Sache ist. Ja, er habe Schuld auf sich geladen. Er sehe das Leid der Kinder. Und innerfamiliär habe der Vorfall für ziemlichen Wirbel gesorgt. Der Angeklagte selbst, zum letzten Wort gefordert, entschuldigt sich bei den betroffenen Kindern.

Das Urteil lautet dann: ein Jahr auf Bewährung. Zudem muss der Verurteilte 6000 Euro an den Kinderschutzbund zahlen. Weil man nicht weiß, wie und wann alles angefangen hat, muss sich der 58-Jährige in eine psychotherapeutische Behandlung bezüglich seiner Neigungen begeben. Hierüber sind dem Gericht Nachweise vorzulegen. Der Richter betont: Kinderpornografische Darstellungen zu besitzen oder zu verbreiten, sei eine der übelsten Straftaten. Sie müssten hart bestraft werden. Die Bilder der misshandelten Kinder bestünden fort und würden über das Internet verbreitet. Jeder Konsument solcher Bilder fördere damit auch die Produktion entsprechenden Materials. Es reiche nicht, so der Richter, dass der 58-Jährige mit seinen Taten abgeschlossen habe. Er dürfe seine Neigung nicht zur Seite schieben, sondern müsse an die Ursache kommen.

Sichtlich unangenehm ist dem 58-Jährigen die ganze Angelegenheit. Als das Urteil gesprochen ist, das sofort rechtskräftig ist, da keine Einwendungen erhoben werden, verlässt er den Gerichtssaal. Die Kapuze seiner Jacke hat er weit über den Kopf gezogen. Er will von niemandem erkannt werden.