Im Gefängnis „besser als draußen“

Körperverletzung und Sachbeschädigung: 18-Jähriger muss 15 Monate in Haft.

Im Gefängnis „besser als draußen“

Das Waiblinger Jugendschöffengericht hat einen 18-Jähriger zu 15 Monaten Jugendhaft verurteilt.

Von Heike Rommel

BACKNANG. Straftaten am Jugendhaus, in der Stadtbahn, am Bahnhof und beim Bauhof: Schlechtes Sozialverhalten und mangelnde Impulskontrolle bescheinigte das Waiblinger Jugendschöffengericht einem 18-Jährigen aus Weissach im Tal und einem 19-Jährigen aus dem Backnanger Stadtgebiet. Der 18-Jährige kam schon aus dem Jugendgefängnis Adelsheim, über das er sagt: „besser als draußen“, und wurde zu 15 Monaten Jugendhaft verurteilt. Der 19-Jährige steht ein halbes Jahr unter Vorbewährung und wenn die scheitert, muss er 14 Monate in Jugendhaft. Der 18-jährige Iraker und der 19-jährige Syrer hatten schon einiges auf dem Kerbholz, als sie auf den Anklagestühlen Platz nehmen mussten. Im Wesentlichen gaben sie zu, getan zu haben, was ihnen die Stuttgarter Staatsanwaltschaft zur Last legte.

Auf das Konto des 18-Jährigen gingen gefährliche Körperverletzung, gemeinschädliche Sachbeschädigung und unbefugter Gebrauch eines Kraftfahrzeugs. Er schlug am 14. Juni 2019 innerhalb einer größeren Schlägerei am Jugendhaus Degerloch einem 19-jährigen Stuttgarter eine Spielzeugpistole aus Metall auf den Kopf, sodass dieser eine klaffende Kopfplatzwunde erlitt. Per Video aus der Überwachungskamera konnten sich die Prozessbeteiligten anschauen, wie der 18-Jährige am 10. Januar dieses Jahres gegen 22.45 Uhr grundlos die Tür der Stuttgarter U-Bahn-Linie12 einschlug und dabei einen Schaden von rund 2000 Euro verursachte.

Einen versuchten Raub am Backnanger Bahnhof vom 20. Januar vergangenen Jahres, an dem beide Angeklagten beteiligt gewesen sein sollen, hat das Gericht im Hinblick auf vorausgegangene Verurteilungen eingestellt. Dort sollen die Angeklagten in der Unterführung zum Gleis fünf einen Mann an die Wand gedrückt und nach Geld durchsucht haben. Unter Aufbau einer Drohkulisse wurden dem Mann Schläge sowie der Einsatz eines Messers und einer Waffe angekündigt, wenn er nichts hergibt. Als der Mann laut um Hilfe schrie, ließen die jungen Männer von ihm ab.

Beim Bauhof hätte der 18-Jährige eigentlich seine richterlich verhängte gemeinnützige Arbeit ableisten sollen, als er am 10. August letzten Jahres mit einem Piaggio der Gemeinde Allmersbach ohne Erlaubnis rückwärts quer über den Sportplatz und geradewegs auf einen geparkten VW-Bus fuhr. Dazu erklärte ein Mitarbeiter des Bauhofs im Zeugenstand, der Angeklagte hätte eigentlich nur Grüngut aufladen sollen. Dieser habe sich schon zuvor seinen Anweisungen widersetzt und er hätte aufpassen müssen, dass er nicht heimlich die Kettensäge benutzt. Zu den Schnittarbeiten an den Büschen und dem Piaggio mit Kipplader meinte der 18-Jährige, er hätte eben mitgedacht und es effektiver gefunden, wenn er das Fahrzeug herholt, anstatt die Äste zum Fahrzeug zu tragen.

Ein schlechtes Beispiel für Sozialverhalten im Straßenverkehr gab der 19-jährige Angeklagte am 27. November letzten Jahres in der Stuttgarter Straße in Backnang ab. Als Spurwechsler stieß er zum offenen Fenster hinaus übelste Beleidigungen gegen seinen 45-jährigen Hintermann aus Backnang aus und zeigte diesem den Stinkefinger. „Papa, darf man das?“, fragte die neunjährige Tochter des Hintermanns, worauf dieser sich entschloss, das Kennzeichen zu notieren und die Polizei zu verständigen. Der 19-Jährige stand bei diesem öffentlichen Auftritt unter Vorbewährung und das Jugendschöffengericht musste gut überlegen, ob es ihm noch einmal eine solche gibt. Sechs Monate Gnadenfrist hat der 19-Jährige bekommen und wenn er sich in dieser Zeit noch einmal strafbar macht, muss er 14 Monate absitzen.

Der 18-Jährige kann seine Haftzeit durch eine Drogentherapie unterbrechen, wenn er denn im Gefängnis eine bekommen sollte. Denn er gab an, Marihuanakonsument gewesen zu sein. Bei ihm hält es das Gericht für wichtig, dass er als Traumatisierter auch psychiatrisch behandelt wird. Er wurde im Alter von 13 Jahren im Irak entführt, gefoltert und gegen 10000 Dollar freigekauft. Vor Gericht wollte der junge Mann über die Entführung nicht sprechen.