Im Haus Gottes wird gebaut

Sanierung der Stiftskirche ist in vollem Gange – Momentan alles im Zeitplan

Die Stiftskirche ist eines der Wahrzeichen Backnangs und eng mit der Stadtgeschichte verwoben. Im Februar dieses Jahres fand dort der letzte Gottesdienst statt, danach wurde mit der Renovierung begonnen. Wir haben einen Blick in die Kirche geworfen und mit den Verantwortlichen über den Stand der Bauarbeiten gesprochen. Gute Nachrichten: Bisher läuft alles genau nach Plan. Und auch die eine oder andere Überraschung kam ans Licht – wortwörtlich.

Im Haus Gottes wird gebaut

Von Silke Latzel

BACKNANG. Zwischen den Säulen im Kirchenschiff und 35 Zentimeter unterhalb der sichtbaren Außenmauern kommt die Überraschung zutage: Mauerreste der Kirche, die 1693 abgebrannt ist. Dieser Fund in der Stiftskirche hat in den vergangenen Tagen ganz kurz für ein bisschen Aufregung gesorgt. Denn solche Funde können bei Projekten dieser Art ganz schnell für einen Baustopp sorgen – das Landesdenkmalamt begleitet den Bau und hat ein wachsames Auge darauf, was sich in der Kirche so tut. Doch Backnang bekommt das „Okay“ des Amts – weiter geht es also mit der Sanierung. „Das war der kritischste Bereich, von daher sind wir froh, das alles weitergehen kann“, sagt Kirchenpflegerin Andrea Schreiber.

Die Erkenntnisse um die Fundamente werden jetzt genauestens dokumentiert. Und sie begeistern nicht nur Schreiber, sondern auch vor allem Michael Weiß. Er ist Bauarchäologe und begleitet die Sanierung der Kirche. Sozusagen als Vermittler zwischen dem Denkmalpflegeamt und den Architekten versucht er „alles, was bauseits notwendig ist, zu begleiten, und Funde, die auftauchen, zu dokumentieren und baulich einzuordnen“. So auch die Mauerreste. „Wir haben das natürlich schon geahnt. Aber bevor man es nicht tatsächlich sieht, weiß man gar nichts. Man hat die Kirche damals also direkt auf die Überreste nach dem Brand wieder aufgebaut. Die Fundamente sind eindeutig romanisch. Und sie zeigen uns, dass die Kirche heute genauso groß ist wie die Kirche, die damals abbrannte“, erzählt Weiß bei einem Ortstermin.

Der Zahn der Zeit nagt schwer an Stiftskirche und Einrichtung

Ende 2020 soll die Sanierung der Stiftskirche abgeschlossen sein. Und momentan passt der Zeitplan. „Das liegt aber natürlich auch daran, dass wir erst mit den Abbrucharbeiten begonnen haben“, so die Architektin Angela Kittler, die die Sanierung für das Karlsruher Architekturbüro Baurmann.dürr begleitet. Nachdem im Februar dieses Jahres die Bänke aus der Kirche getragen und dort der vorerst letzte Gottesdienst abgehalten wurde (wir berichteten), ging es mit der Sanierung los. Der erste Schritt war, das Gotteshaus auszuräumen.

Und bis auf wirklich große Gegenstände, wie beispielsweise der Altar oder ein Schrank im Nebenraum kurz vor dem Abgang zur Krypta, ist die Kirche leer. Auch der komplette Boden wurde herausgenommen, sowohl im Schiff als auch im Chor. Dieser soll nämlich nicht nur erneuert, sondern auch noch zusätzlich mit einer Fußbodenheizung ausgestattet werden. Weil es dafür mehr „Platz“ braucht, wurde der alte Boden nicht nur oberflächlich bis an die Außenmauern abgetragen – sondern ein ganzes Stück tiefer Dabei entdeckte man nicht nur die alten Fundamente, sondern auch Bodenkacheln aus den 70er-Jahren im Jugendstil. Und anders als noch in den 70ern allgemein üblich, wird heute nicht mehr einfach alles nur herausgerissen und zubetoniert, sondern genauestens dokumentiert und archiviert. So werden die Jugendstilkacheln ihren Weg ins Grabungsarchiv in Raststatt finden. Kirchenpflegerin Schreiber nennt das eine „charmante Lösung“.

Nicht alle Gegenstände, Kunstobjekte und Möbel können so erhalten bleiben, wie sie zu Beginn der Bauarbeiten vorgefunden wurden. So ist zum Beispiel die Platte des Altars gesprungen. „Für uns ist sie natürlich von sakralem Wert, das heißt, sie wird nicht einfach zerschlagen und weggeworfen. Wir werden behutsam mit ihr umgehen und überlegen, wie wir weiter vorgehen“, so Schreiber. Bei anderen Möbelstücken wird mit Holzwurmbefall, abgerochenen Ecken und einfach Spuren, die der Gebrauch mit sich gebracht hat, gekämpft. Möbel und Kunstwerke sind teilweise eingelagert, teilweise werden sie derzeit auch in einer Stuttgarter Werkstatt restauriert (mehr dazu im Infokasten).

Aktuell arbeiten die Handwerker am neuen Bodenbelag im Kirchenschiff. Auch das ist nicht ganz einfach, denn schwere Baumaschinen können nicht einfach so in die Kirche fahren. Ist der Belag aufgebracht und getrocknet, wird auf ihm ein Gerüst aufgebaut, um die zweite Empore abzubauen. Diese wird auch nicht wieder eingebaut, sondern eingelagert. „Ohne die zweite Empore wird die Kirche viel heller, lichtdurchfluteter werden“, so Kittler. Die Ehrenamtlichen der Stiftsbauhütte arbeiten derzeit die Kirchenbänke auf, machen sie sauber und danach wieder „haltbar“, wie Schreiber sagt. „Dafür sind wir wirklich dankbar. Durch ihre Hilfe sparen wir viele Handwerkerstunden“, ergänzt sie. „Und auch die Spenden der Bürger helfen uns sehr.“

Als nächster Schritt steht dann unter anderem die Reinigung der Innenfassaden an, mit Strahl- oder Radiertechnik. Und das bedeutet vor allem eines: ganz viel Handarbeit.

Info
Paten gesucht

Zahlreiche Kunstwerke in der Stiftskirche müssen dringend restauriert werden, um sie vor weiteren Schäden und Zerfall zu schützen. Ziel ist es, sie für die Nachwelt zu erhalten.

Der Evangelische Kirchenbezirk Backnang sucht deshalb Paten, die die Kosten für die Restaurierung eines oder mehrerer Kunstwerke übernehmen möchten.

Auf der Website des Kirchenbezirks unter www.kirchenbezirk-backnang.de sind alle Kunstwerke, für die noch Paten gesucht werden, aufgelistet. Dort finden sich auch weitere Informationen zu den Exponaten wie Alter, Zustand der Beschädigung und nötige Restaurationsarbeiten. Die Kosten für jedes einzelne Kunstwerk sind in einer nebenstehenden Tabelle aufgeführt.

Alle Kunstwerke sollen in der renovierten Stiftskirche wieder einen Platz finden. Wer möchte, kann als Stifter für die Restaurierung des Kunstwerks auf einer kleinen Tafel genannt werden.