Impfungen in Schulen? Debatte über Vorstoß des Lande

dpa/lsw Stuttgart. Natürlich können sich Jugendliche ab 12 Jahren bereits überall impfen lassen. Aber vielleicht steigt mit dem Angebot auch die Nachfrage, hofft das Land. Es ruft die Schulen auf, Impfungen mit Hilfe der Experten selbst zu planen. Die Schulleiter sind wenig begeistert.

Impfungen in Schulen? Debatte über Vorstoß des Lande

Eine Mitarbeiterin des Deutschen Roten Kreuzes impft eine Frau in einer mobilen Impfstation. Foto: Gregor Fischer/dpa/Symbolbild

Mit mobilen Impfteams und Zeitfenstern in Impfzentren sollen Schulen nach den Ferien die Zahl ihrer geschützten Schülerinnen und Schüler steigern können. „Jede Impfung hilft dabei, Schule in Präsenz und damit auch das soziale Miteinander zu gewährleisten“, sagte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne), deren Haus gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium in einem Brief an die Schulleitungen über das Angebot informiert hat. Kinder und Jugendliche könnten allerdings auch bereits jetzt beim Haus-, Kinder- und Jugendarzt sowie in Impfzentren oder bei Vor-Ort-Impfaktionen gegen das Coronavirus geimpft werden, betonte Schopper.

Bislang ist nach Angaben der beiden Ministerien von Mittwoch etwas mehr als jeder vierte 12- bis 17-Jährige in Baden-Württemberg mindestens einmal gegen das Coronavirus geimpft. Der Besuch einer Schule ist im kommenden Schuljahr aber nicht abhängig von einer Impfung. „Es muss sich niemand Sorgen machen, von der Schule ausgeschlossen zu werden, wenn er oder sie nicht geimpft ist“, sagte auch Schopper.

Die Verantwortlichen der Schulen können laut Ministerium selbst entscheiden, ob sie ein mobiles Impfteam anfordern möchten. Das ist allerdings einer der Knackpunkte, den die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert. Der organisatorische Aufwand dürfe nicht den Schulleitungen zugeschoben werden, die derzeit zudem oft im Urlaub seien, sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein der Deutschen Presse-Agentur. „Hier muss das Land organisieren, aber auch die Kommunen sind gefragt.“

Außerdem schließen die Impfzentren bereits Ende September, zudem gibt es nach den Planungen des Landes lediglich 18 mobile Impfteams, die auch in den Pflegeheimen eingesetzt werden sollen. „Es kann nicht sein, dass sich die Schulleiter darüber streiten müssen, bei wem das mobile Impfteam vorbeikommt“, sagte Stein. Die Zahl der Teams müsse erhöht werden, forderte sie. Es gebe ausreichend Personal aus den Impfzentren, die geschlossen würden.

„Das ist eine weitere zusätzliche Aufgabe für Schulleitungen, und das zu Beginn eines neuen, nicht ganz unproblematischen Schuljahres“, kritisierte auch Werner Weber, der Landeschef der Schulleitervereinigung. Der Zeitdruck komme hinzu. Die letzten Tage der Sommerferien seien geprägt durch intensive Vorbereitungen auf den Schuljahresbeginn und die Organisation des kommenden Schuljahres. „Die umfangreiche Vorbereitung einer schulinternen Impfaktion käme on top zu all den anderen Aufgaben noch mit dazu“, sagte Weber. „Es ist aber nicht die elementare Aufgabe von Schule, Impfungen von Minderjährigen, mit allem was dazugehört, zu organisieren.“

Kritik kam aus der Opposition: SPD-Landes- und Fraktionschef Andreas Stoch sprach laut einer Mitteilung von einer „Politik des Wegduckens“. Nun sollten es die Schulen richten, das Land versuche, diese Aufgabe „nach unten zu schieben“. „Dass man jeder Schülerin und jedem Schüler ab 12 eine Impfung anbietet, ist ein Muss - aber es ist nicht die Aufgabe der Schulen, das auch noch zu organisieren!“, sagte er.

© dpa-infocom, dpa:210825-99-961687/4