In der Krise sparen die Menschen mehr

Trotz Coronapandemie blickt die Volksbank Backnang insgesamt zufrieden auf das vergangene Jahr zurück. Sie hat 2020 ein solides wirtschaftliches Ergebnis erzielt und Zuwächse bei den Kundeneinlagen erreicht. Auch das digitale Angebot wurde ausgebaut.

In der Krise sparen die Menschen mehr

Vorstandsvorsitzender Jürgen Beerkircher ist insgesamt zufrieden mit dem vergangenen Jahr. Foto: Volksbank Backnang

Von Kristin Doberer

BACKNANG. Noch mehr Online-Banking, Beratungen per Video und Banking-Apps: Corona hat auch bei der Volksbank Backnang das vergangene Jahr geprägt. Bis auf wenige Tage konnten die Geschäftsstellen aber geöffnet bleiben. „Die Versorgung mit wichtigen Bankdienstleistungen war jederzeit sichergestellt“, sagt Jürgen Beerkircher, der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Backnang. Zu Beginn der Pandemie hat sich die Bank mit viel Bargeld eingedeckt, um reagieren zu können, falls viele Kunden gleichzeitig Bargeld abheben wollen. Zwar habe sich das Kundenverhalten tatsächlich verändert, aber genau in die Gegenrichtung: Beim Rückblick auf 2020 fällt auf, dass die Mitglieder und Kunden verstärkt kontaktlose Zugangswege zur Bank genutzt haben, also über Telefon, E-Mails, Online-Banking oder die bankeigenen Apps. Deshalb wurde das Kunden-Dialog-Center schnell ausgebaut. „Auch unsere Videoberatung wird gut nachgefragt“, berichtet Beerkircher. Den schon vorhandenen Trend zu kontaktlosen und digitalen Lösungen habe die Pandemie noch weiter vorangetrieben.

Auch für die Bank war die Pandemie ein Digitalisierungsschub. „Was früher vielleicht ein halbes Jahr oder sogar ein Jahr gedauert hätte, ist dann sehr schnell gegangen“, sagt Beerkircher. So wurde auch die interne Kommunikation stark auf Video ausgerichtet – eine Entwicklung, die auch nach Corona noch Bestand haben wird. „Es ist zum Beispiel sinnvoll, wenn ein Mitarbeiter aus Murrhardt nicht wegen einer Besprechung nach Backnang fahren muss.“ Trotz des veränderten Kundenverhaltens wolle man im kommenden Jahr aber keine Geschäftsstellen schließen. „2021 werden wir uns anschauen, wie Filialen in Zukunft ausgestattet sein müssen“, sagt der Vorstandsvorsitzende.

Durch die Pandemie halten die Menschen ihr Geld zusammen.

Er betont aber auch, dass der Bedarf nach persönlichen Beratungen weiter sehr hoch ist, diese wolle man auch in Zukunft in einem großen Zeitfenster anbieten. Die Beratung stehe für die Volksbank nach wie vor im Mittelpunkt.

Die Coronasituation stellt für die Kunden der Bank eine Herausforderung dar. Bei größeren Unternehmen, die im Exportgeschäft tätig sind, habe sich die Lage mittlerweile wieder beruhigt. Aber besonders für Unternehmer in Dienstleistung- oder Gastrobereich, für Selbstständige, Freiberufler und kleinere Händler stelle die aktuelle Situation eine besondere Belastung dar, so Beerkircher. „Dem müssen sich unsere Firmenkunden aber nicht allein stellen. Im vergangenen Jahr haben wir sie, wie auch unsere Privatkunden, verstärkt zu Fördermitteln beraten und sie beim Antragstellen unterstützt.“ Bei der Volksbank Backnang spürt man, dass die Menschen ihr Geld in den Monaten der Pandemie eher zusammenhalten und sparen. Entsprechend haben sich die Einlagen der Volksbank im vergangenen Jahr um 5,6 Prozent auf 1,62 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Auch der Kreditbestand erhöhte sich mit einem Plus von 1,9 Prozent. Eine deutliche Steigerung hat die Volksbank zusätzlich bei der Vermittlung von Wohnbaudarlehen an die Partnerunternehmen erlebt. Inklusive dieser Bestände ist das Kreditgeschäft um insgesamt 4,4 Prozent gewachsen. Hoch war die Nachfrage im vergangenen Jahr erneut bei der Immobilienvermittlung und beim Wertpapiersparen. Das liegt auch daran, dass die Volksbank ihre Kunden eher in Richtung Börse, Investmentfonds und Wertpapiere beraten hat. Grund dafür ist die immer noch anhaltende – „und politisch gewollte“ – Niedrigzinslage. Obwohl das sehr zulasten der Banken gehe, plant die Volksbank Backnang bisher aber keinen Negativzins für Privatpersonen.

Die Zahl der Mitglieder ist zum Jahresende 2020 im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen und lag bei 46191. Das Betriebsergebnis der Volksbank Backnang war 2020 trotz des schwierigen Umfelds positiv. Mit diesen Entwicklungen blickt die Volksbank Backnang zwar vorsichtig positiv in die Zukunft, Beerkircher sagt aber auch: „Noch ist die Pandemie nicht vorbei.“ Er rechnet damit, dass viele kleine Unternehmen, die sich bisher gerade so mit den Unterstützungen über Wasser halten konnten, es im März oder April schwer haben werden, sollte es auch weiter nicht zu Lockerungen kommen. Dadurch ist der Risikoaufwand der Bank deutlich höher geworden. „Noch liegt der aber im kalkulierten Rahmen“, sagt Beerkircher.

Wie sich die Wirtschaft insgesamt in den kommenden Monaten entwickeln werde, hänge stark vom weiteren Verlauf der Pandemie ab.

Digitaler Marktplatz für Firmen der Region geht an den Start.

Im kommenden April startet die Volksbank Backnang den digitalen Marktplatz „Vrnzt.de“. „Mit dieser neuen Online-Plattform vernetzen wir unsere Mitglieder und Kunden mit Handwerkern, dem Handel und Dienstleistern hier vor Ort“, erklärt Beerkircher. Unternehmen aus der Region können ihre Produkte und Dienstleistungen aus allen nur denkbaren Bereichen anbieten. Dazu gehören zum Beispiel die Bereiche Bauen und Wohnen ebenso wie Energie, Pflege, Essen oder Übernachtung. Wenn gewünscht, lasse sich sogar ein Online-Shop integrieren. Kunden können sich das für sie Passende heraussuchen oder können mit wenigen Klicks selbst ihre Wünsche für einen bestimmten Auftrag hinterlegen. Die Firmen erhalten diese Kundenwünsche und können so ein maßgeschneidertes Angebot machen. Die Verbraucher ersparen sich aufwendiges Suchen und bekommen für sie passende Angebotsvorschläge von vertrauenswürdigen Firmen in der Nähe.

Dabei betont Beerkircher: „Das ist kein Amazon im kleinen Stil. Es gilt das Prinzip: aus der Region für die Region.“ Er erklärt: „Die Plattform ist ganz bewusst nicht für überregionale Wettbewerber. Wir wollen die Wirtschaft hier vor Ort und damit auch die Region insgesamt stärken.“ Die Plattform sei aber keine Folge der Coronapandemie, sondern schon länger in Planung und komme bei vielen bisher angesprochenen Unternehmen gut an. Beerkircher ist zuversichtlich, dass bis zum Start etwa 150 Firmen dort präsent sein werden.

Bilanz der Volks- und Raiffeisenbanken im Rems-Murr-Kreis

Auch die Kreisvereinigung der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Rems-Murr-Kreis hat auf das vergangene Jahr zurückgeblickt:

Um mehr als 1 Milliarde Euro haben die Volksbanken und Raiffeisenbanken im Rems-Murr-Kreis ihre Bilanzsumme im abgelaufenen Geschäftsjahr gesteigert. Die Kunden der Kreditinstitute haben in dem durch Corona geprägten Jahr besonders viel gespart.

„Das Geschäftsmodell der Volksbanken und Raiffeisenbanken hat sich in dem schwierigen Jahr 2020 erneut bewährt“, sagt Stefan Zeidler, Vorsitzender der Kreisvereinigung der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Rems-Murr-Kreis. Trotz vorübergehender Schließung von Filialen konnten die sechs genossenschaftlichen Kreditinstitute das Ergebnis vor Bewertung um 2,1 Prozent auf rund 90,5 Millionen Euro steigern.

Durch die Coronapandemie seien viele Unternehmen auch im Rems-Murr-Kreis in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Ein Großteil der versprochenen Finanzhilfen des Staates sei bislang noch nicht bei den Betrieben angekommen. Daher haben die Volksbanken und Raiffeisenbanken die Rückstellungen für Kreditausfälle auf rund 23 Millionen Euro verdreifacht. Dadurch sinkt das Ergebnis nach Bewertung auf rund 59 Millionen Euro. „Die höhere Risikovorsorge ist angesichts des Wirtschaftseinbruchs angemessen und kein Grund für Unruhe“, sagt Stefan Zeidler. „Dank des hohen Eigenkapitals von knapp 780 Millionen Euro können die Banken der Kreisvereinigungen selbst ein längeres Konjunkturtief verkraften.“

Die Volksbanken und Raiffeisenbanken blicken auf eine 160-jährige Tradition im Rems-Murr-Kreis zurück. Aktuell werden mit 1265 Mitarbeitern in mehr als 150 Filialen knapp 430000 Privat- und Firmenkunden mit Liquidität und Finanzdienstleistungen versorgt. Als genossenschaftliche Institute verfügen die Banken über mehr als 262000 Mitglieder im Kreisgebiet.