In trockenen Tüchern

Lisa Körner aus Murrhardt setzt bei ihrem Sohn Lukas auf Stoffwindeln

Als Lisa Körner das zweite Mal schwanger ist, beginnt sie, sich mit dem Thema Stoffwindeln zu beschäftigen und beschließt, es mit der wieder in Mode gekommenen Wickelmethode zu versuchen. Ausschlaggebend ist das Anliegen, Plastikmüll einzusparen. Die Murrhardterin hat es nicht bereut und berichtet über ihre Erfahrungen.

In trockenen Tüchern

Lisa Körner mit Lukas. Ihr einjähriger Sohnemann ist an Stoffwindeln gewöhnt. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. „Meine Mutter hat erzählt, dass sie bei mir und meinem Bruder auch Stoffwindeln verwendet hat“, berichtet Lisa Körner. Trotzdem war es in ihrer Erinnerung um das Image dieser Wickelmethode nicht besonders gut bestellt. Lisa Körner kommt dazu das Stichwort „Stinkewindeln“ in den Sinn. Doch in den vergangenen Jahren hat sich das allmählich verändert. Als ihr zufällig ein Bericht über Stoffwindeln in die Hände fiel, wurde sie neugierig und hat sich näher mit dem Thema befasst.

Ihr wurde klar, dass kompliziertes Binden der Vergangenheit angehört. Mittlerweile gibt es durchdachte Systeme, die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Sie wollte es probieren und entschied sich für die All-in-one-Variante, bei der die Saugeinlage in die Hose integriert ist und es zudem zusätzliche Einlagen gibt. Bevor Lukas geboren wurde, hat sich die Familie ein Starterset mit neun Windeln für etwa 300 Euro angeschafft. Mittlerweile sind es rund 20 Höschen geworden.

Was war das Hauptmotiv? Lisa Körner wollte einfach Müll einsparen. Von ihrer Tochter Lea, die heute zehn Jahre alt ist, hat sie noch gut in Erinnerung, dass da doch einiges zusammenkommt. Denkt man jetzt an eine exakt aufgestellte Ökobilanz, muss man logischerweise Wasser, Waschmittel und Energie fürs Waschen gegenrechnen.

„Aber wir verwenden beispielsweise keinen Trockner, weil die Windeln da kaputtgehen können“, sagt die 30-jährige Mutter. Zum eingesparten (Plastik-)Müll kommt hinzu, dass die Kosten für die Wegwerfwindeln nicht zu Buche schlagen. Die sind nicht ganz unerheblich und liegen nach Lisa Körners grober Schätzung um einiges höher als die für die Stoffwindeln. „Ich bin ja nicht traurig, wenn das Ganze für uns noch ein bisschen billiger kommt.“

Und wie sieht der Alltag aus? Bedenken hatte die zweifache Mutter eigentlich nur, dass es mit dem regelmäßigen Waschen der Windeln anstrengend werden könnte, wenn Lukas sie sehr fordern und schnell weinen sollte. Doch der entpuppt sich als entspannter Wonneproppen. Nach etwa zwei Wochen startete die Familie mit den Stoffwindelhöschen. Jetzt ist Lukas ein Jahr alt.

„Ich schau so alle zwei bis drei Stunden“, sagt seine Mama. Ein dünnes Fleece kommt ins Höschen, mit dem die größeren Geschäftchen gut eingesammelt und entsorgt werden können. Das Material ist kompostierbar, sodass Lisa Körner die Biotonne verwenden kann und sich in der Sache auch bei einem Mitarbeiter der Müllabfuhr erkundigt hat. Für die gebrauchten Höschen gibt es einen Extrabehälter, dessen Ladung in die Waschmaschine wandert. „Ich wasche etwa jeden dritten Tag, wechsele regelmäßig zwischen 30 und 60 Grad ab, und je nach Verschmutzungsgrad.“ Sie schätzt, dass es zwei bis drei Maschinen zusätzlich sind, die anfallen. Zwar heißt das, die Wäsche auch aufzuhängen und zusammenzulegen, gleichzeitig gehört das Einkaufen großer Windelpakete der Vergangenheit an.

Im Alltag fällt mehr Wäsche an, dafür müssen keine großen Windelpakete mehr gekauft werden

Positiv findet Lisa Körner außerdem, dass Lukas sich teils meldet, wenn seine Windel voll ist. Jedenfalls steht er ab und zu mit einer frischen in der Hand da („Er kommt schon an den Schrank, in dem die Höschen liegen, und hilft manchmal beim Einräumen.“) beziehungsweise besteht auf einer neuen.

Ihre Überlegung dazu: Die Einmalwindeln haben eine starke Saugkraft, sodass die Kinder die Veränderung kaum merken, selbst wenn sie gut beladen ist, bei der Stoffvariante ist das spürbarer. Zudem hat sie den Vergleich mit ihrer Tochter Lea, von der sie die Wechselforderung so nicht kennt. Waren es beim Stillen noch sechs bis sieben Wechsel, kommt sie mittlerweile mit fünf plus Nachtwindel hin.

Einen gewissen Pragmatismus gönnt sich die Familie aber trotzdem. Es gibt Situationen, in denen sie auf Wegwerfwindeln zurückgreifen – im Kurzurlaub oder wenn sie viel unterwegs sind. Das war aktuell immer wieder der Fall, weil die Körners bauen und viel vor Ort im neuen Eigenheim zu erledigen war, inklusive Umzugsvorbereitung. Da dies immer nur kurze Phasen waren, irritiert das Lukas nicht weiter. Er ist an seine Stoffwindelhöschen gewöhnt. „Eine Freundin von mir wollte nach einer längeren Zeit mit Wegwerfwindeln wechseln, und da hat sich ihr Kind doch dagegen gewehrt.“ Aber auch im Urlaub kann man mit ein bisschen Planung die Sache in trockene Tücher bekommen, steht in einer Ferienwohnung dann auch eine Waschmaschine zur Verfügung, sagt Lisa Körner.

Die Murrhardterin nimmt es schon so wahr, dass das Stoffwindelthema wieder im Kommen ist. Im Freundeskreis wird es diskutiert, bei einem Babykursangebot fand sich neben Lukas immerhin ein weiteres Kind, bei dem die Eltern sich für die wiederentdeckte Alternative entschieden hatten. „Ich fühle mich schon ein bisschen besser“, räumt die 30-Jährige ein. Klasse findet sie, wenn Städte oder Gemeinden es auch ganz konkret unterstützen, dass Mütter und Väter Stoffwindeln verwenden. „Für diejenigen, die wegen der Erstanschaffungskosten überlegen, ob sie den Schritt machen, fände ich so eine finanzielle Hilfe wertvoll“, sagt sie.

Natürlich müssen auch die Umstände passen, bei ihrem ersten Kind war Lisa Körner noch in der Ausbildung, da wäre das aus ihrer Sicht zu schwer gewesen. Als Pflegefachkraft – sie übernimmt mittlerweile wieder Rufbereitschaften – ist sie beruflich nicht allzu weit von der Thematik entfernt. „Wer Kinder bekommt, weiß eigentlich, dass man da auch mal hinlangen muss“, stellt sie fest. Gleichsam werde es Eltern und Kindern nicht mehr mit lieblosen Design schwer gemacht. Lukas Stoffwindelhöschen zieren Bienen, Zebras oder eine bunte Stadtszenerie von London. Sohnemann zeigt sich nach dem morgendlichen Wechsel wieder zufrieden, singt und testet seine Stimme. Die Hypothese, dass Kinder mit Stoffwindeln schneller trocken werden, lässt sich allerdings schwer verifizieren. Lisa Körner ist gespannt, wie fix Lukas in der Sache unterwegs ist. „Vielleicht ist er im kommenden Sommer schon so weit.“