Inklusion hautnah beim Treppensteigen

Burgberg-Stäffeleslauf der Lebenshilfe als gemeinsames Erlebnis  –  297 Läufer legen insgesamt 3 470 Runden zurück

Der eine verausgabt sich bis zum Letzten, der andere geht die Sache eher gemütlich an, der eine läuft im Profidress, der andere im Schlabber-T-Shirt. Die zwanglose Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung, die gemeinsam ihre Runden am Backnanger Ölberg drehen, macht den besonderen Reiz des Burgberg-Stäffeleslaufs der Lebenshilfe Rems-Murr aus.

Inklusion hautnah beim Treppensteigen

Für den guten Zweck eilen die Läufer die steilen Stufen zum Stiftshof hinauf: Auch Stadtrat Lutz-Dietrich Schweizer legt sich ins Zeug. Foto: J. Fiedler

Von Annette Hohnerlein

BACKNANG. Lasse, Franka, Luis, Justus und Jamie haben sich unter den blau-gelben Schirmen auf dem Stiftshof niedergelassen. Die fünf Nachwuchsläufer vom Triathlon Club Backnang sind Wettbewerbe gewohnt, aber dieser Lauf ist für sie etwas Besonderes. Hier geht es nicht darum, zu gewinnen, der gemeinsame Einsatz für die gute Sache steht im Vordergrund. Eines freut die jungen Athleten besonders: Man darf zwischendurch mal Pause machen und sich mit einer roten Wurst oder einem Stück Kuchen stärken. Die Möglichkeit, nach einigen kräftezehrenden Runden eine Rast einzulegen, empfinden auch Ines Pietsch und Anika Schaller als angenehm. Die beiden Frauen, die eine ist eine routinierte Läuferin, die andere eine Neueinsteigerin, laufen im 13-köpfigen Team der Volksbank Backnang mit.

Zum sechsten Mal fand am Samstag bei idealem Wetter der Sponsorenlauf der Lebenshilfe Rems-Murr statt. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden der Lebenshilfe Michael Balzer und einem Grußwort von Schirmherr und Oberbürgermeister Frank Nopper starteten nach und nach 297 Läufer auf dem Stiftshof und legten im Lauf des Nachmittags insgesamt 3470 Runden zurück, die über einen Chip an den Schuhen der Teilnehmer elektronisch registriert wurden. Das ergibt eine Gesamtstrecke von 2082 Kilometern, ungefähr die Entfernung Backnang-Sizilien.

Eine schweißtreibende Angelegenheit

Die zwei steilen Treppen auf der 600 Meter langen Strecke machten das Rennen zu einer schweißtreibenden Angelegenheit. Aber die Teilnehmer legten sich mächtig ins Zeug, diente ihr Einsatz doch einem guten Zweck. Denn durch ihr Engagement unterstützen sie die Lebenshilfe darin, vielfältige Freizeitaktivitäten für Menschen mit geistiger Behinderung anzubieten. Der Verein unterhält vier Busse, um die Teilnehmer zu Kursen oder Freizeiten zu bringen. Der diesjährige Erlös soll genutzt werden, um einen 14 Jahre alten Bus zu ersetzen.

Sven Baumann und Sophia Bauer vom Forum für Teilhabe der Lebenshilfe stehen mit erhitzten Gesichtern an einem der Stehtische und stärken sich für die nächsten Runden. „Schon anstrengend, die vielen Treppen“, meint Sophia, die als Fußballerin über eine gewisse Kondition verfügt. Auch Schulklassen hatten sich über ihre Sportlehrer für den Lauf angemeldet. So die Gemeinschaftsschule in der Taus, die mit Schülern der Klassen acht, neun und zehn an den Start ging, darunter Aylin Öztok, die als Leistungsturnerin aktiv ist, und Jusida Rekic, die sich als Gelegenheitsjoggerin bezeichnet. „Wir haben vorher im Sportunterricht trainiert, draußen und in der Halle“, berichten die beiden.

Beliebt ist der Stäffeleslauf nicht nur als Sportevent, sondern auch wegen des geselligen Aspekts. An den Tischen und Bänken, die auf dem Stiftshof aufgebaut waren, hatten zahlreiche Schlachtenbummler und Freunde der Lebenshilfe Platz genommen, verfolgten den Lauf, feuerten die Sportler an und ließen sich vom Rahmenprogramm unterhalten.

Die Tanzgruppe „Just4Fun“ des TSV Lippoldsweiler, die früher schon mehrfach im Beiprogramm des Stäffeleslaufs aufgetreten war, hatte sich für ihren diesjährigen Auftritt mit sechs jungen Frauen mit Behinderung verstärkt. Gekonnt und mit sichtlicher Freude zeigten die zwölf Tänzerinnen zwei Choreografien. Die Leiterin, Mechthild Kallmann, ist von ihrer inklusiven Truppe begeistert: „Das hat so irre Spaß gemacht, dass wir überlegen, das Angebot auszuweiten“, erzählt sie. Eine Darbietung voller Power und Engagement zeigte auch die Sportgruppe Hertmannsweiler der Lebenshilfe unter der Leitung von Rebekka Pollak. Für die musikalische Begleitung sorgte die Band „Live Rocking five“, die die Gäste mit Rockklassikern der letzten Jahrzehnte unterhielt. Läufer, die ihren strapazierten Muskeln etwas Entspannung gönnen wollten, konnten sich am Rand der Strecke von Maik Läpple, Physiotherapeut und Osteopath, kostenlos die Beine massieren lassen.