Athanasios „Thanasi“ Siasiakis und seine Frau Claudia betreiben das An Sibin Irish Pub. Seit 25 Jahren ist dieses eine Institution des Nachtlebens in Backnang.Foto: Alexander Becher
Von Marina Heidrich
Backnang. „Das geht niemals gut. Nicht hier in Backnang“. Der Banker schüttelt bekümmert den Kopf. „Glaub mir, Thanasi: Wenn du das versuchst, bist du in kürzester Zeit finanziell tot.“ Es ist Herbst 1996 und Athanasios Siasiakis, den alle nur Thanasi nennen, sollte eigentlich auf den Rat seines Finanzberaters hören. Der junge Mann ist zwar kein Unbekannter in der Backnanger Gastronomenszene. Immerhin ist er der Sohn der griechischen Kultkneipiers Mitsou und Despina (Zur Uhr) und hat somit nicht nur das Wirt-Gen quasi mit der Muttermilch aufgesogen, sondern auch von klein auf bereits Kontakt mit Gästen.
Die Söhne der Familie Siasiakis waren immer fleißig, haben in der elterlichen Restauration schon in jungen Jahren mit angepackt und Thanasi hat sich bereits als erfolgreicher Unternehmer einen Ruf erworben. Von 1983 bis 1986 betreibt er zunächst die Sonnenbar und wird dann später unter seinem Bruder Christos stellvertretender Geschäftsführer der Discotheken Störung und Heartbeat. Nebenbei macht er den Service bei seinen Eltern, die damals das heutige Kunberger gepachtet haben.
Nach dem Mauerfall geht der junge Mann für ein Jahr nach Jena, wo er im Wirtshaus Ratszeise einem Freund tatkräftig unter die Arme greift. „Eine unglaublich interessante Zeit“, erinnert sich Athanasios Siasiakis. Da kam schon mal einiges an Politprominenz zum Essen vorbei, unter anderem auch immer wieder Lothar Späth. Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg war damals dort Geschäftsführer der Jenoptik.
Mitte 1992 muss Athanasios Siasiakis dann allerdings ins heimische Backnang zurück, seine Eltern brauchen Unterstützung nach der Eröffnung der Restauration Zur Uhr am Ölberg. Natürlich ist der Sohn zur Stelle und natürlich bringt er sich mit voller Kraft ein. Aber in seinem Inneren reift ein ganz bestimmter Traum: Immer wieder sieht er sich Dokumentationen über Irland an; vor allem die Pubs faszinieren ihn. So etwas in Backnang – das wär’s.
Als die extravagante kleine Schwanen-Buchhandlung Mitte der 90er schließt, entdeckt Athanasios Siasiakis in dem schnuckeligen Gebäude das ideale Objekt, um seinen Traum zu realisieren. Voller Enthusiasmus sitzt er nun also in der Bank, um einen Kredit zu bekommen, und versucht seinen Geldberater zu überzeugen. Dieser fasst zusammen: „Ein Grieche, der noch nie zuvor in Irland war, möchte in einer schwäbischen Kleinstadt eine irische Kneipe eröffnen?“ Durch Thanasis Überzeugungskraft lässt sich der Banker schließlich doch überreden – prophezeit allerdings den baldigen Untergang. Der seit dem 29. April 1997, also seit mittlerweile 25 Jahren auf sich warten lässt.
Das Irish Pub An Sibin wird zum Selbstläufer, als hätte das Backnanger Publikum nur darauf gewartet. „Am Anfang war es natürlich schwer“, wird Athanasios Siasiakis ernst, „und ohne meinen guten Freund Rainer Siegler, der mich die ersten drei Jahre mit voller Manpower unterstützt hat, obwohl er noch einen Vollzeitjob hatte, wäre es wohl nicht so gut gelaufen. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar.“ Dankbarkeit ist ein Wort, das im Gespräch mit Siasiakis oft fällt: Dankbarkeit für die Hilfe von Freunden, für die Treue der Stammgäste – „mein Superpublikum!“ – und für die Unterstützung durch seine Lebensgefährtin Claudia Hermann, die seit 16 Jahren an seiner Seite steht. Vor zwei Jahren fasste sich der mittlerweile 63-Jährige ein Herz und machte ihr einen Antrag – den sie annahm. Viele bei den Gästen beliebte Aktionen gehen auch auf ihr Konto, wie zum Beispiel das monatlich stattfindende Pubquiz. „Wir ergänzen uns perfekt“, freut sich Athanasios Siasiakis, „ich bin sozusagen das Herz des Unternehmens und meine Claudi ist der Kopf.“
Im Lauf des Jahres ist eine große Jubiläumsparty geplant – die Stammgäste haben aber bereits am 29. April quasi eine Spontanfeier auf die Beine gestellt. Teilweise im original 90er-Jahre-Look. Auch Athanasios Siasiakis trägt an diesem Tag dicke Goldketten, ein weit aufgeknöpftes Hemd und ein ziemlich verlegenes Grinsen. In Irland war er übrigens mittlerweile sogar mehrmals.
Bereut hat er den Schritt bis heute nicht. Obwohl man als Gastronom nicht gerade ideale Arbeitszeiten hat: Wenn andere feiern, steht man hinterm Tresen. Doch die Familie Siasiakis lebt ihren oft anstrengenden Traum .„Jeden Tag stehe ich auf und freue mich auf die Arbeit.“ Athanasios Siasiakis lächelt. „Ich bin seit 25 Jahren glücklich.“