Gaza-Krieg

Israels Verteidigungsminister billigt Plan für Gaza-Einnahme

Die Entscheidung fiel, obwohl die Hamas zuvor erklärt hatte, einen neuen Vermittlungsvorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen positiv aufgenommen zu haben.

Israels Verteidigungsminister billigt Plan für Gaza-Einnahme

Israels Plan sieht neben der Einnahme der Stadt Gaza auch die Zerschlagung der Hamas in den zentralen Flüchtlingslagern vor. (Archivbild)

Von dpa

Tel Aviv/Gaza/Ramallah - Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hat nach Medienberichten einen Einsatzplan der Armee zur Einnahme der Stadt Gaza gebilligt. Die "Times of Israel" berichtete, dafür sollten rund 60.000 Reservisten einberufen werden. 

Die Genehmigung erfolgte, obwohl die islamistische Hamas am Vortag nach eigener Darstellung internationalen Vermittlern eine "positive Antwort" auf einen neuen Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen vorgelegt hatte. Mit einer offiziellen Reaktion Israels wird bis Ende der Woche gerechnet. Nach Medienberichten soll das Sicherheitskabinett am Donnerstag zusammenkommen. 

Es wurde spekuliert, der Beschluss des Sicherheitskabinetts zur Ausweitung des Krieges könne Verhandlungstaktik sein, um die Hamas unter Druck zu setzen, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren und sich flexibler zu zeigen. 

Israelische Medien berichteten unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsvertreter, Israels Politik sei "beständig" und habe sich nicht geändert. Israel fordert demnach die Freilassung aller 50 Geiseln "entsprechend den vom Kabinett festgelegten Grundsätzen für die Beendigung des Krieges." Zudem hieß es: "Wir befinden uns in der Endphase der Entscheidung über die Hamas und werden keine einzige Geisel zurücklassen."

Israels Bedingungen für Kriegsende

Israels Forderungen für eine Beendigung des Krieges sind die Entwaffnung der Hamas, die Rückführung aller Geiseln, die Entmilitarisierung des Gazastreifens, israelische Sicherheitskontrolle und eine alternative Zivilverwaltung, die weder von Hamas noch der Palästinensischen Autonomiebehörde ausgeübt wird.

Armee plant Räumung der Stadt Gaza

Nach Medienberichten sieht der Plan die Räumung der Stadt vor, in der sich nach Schätzungen rund eine Million Menschen aufhalten. Das Nachrichtenportal "ynet" berichtete, Katz habe auch Vorbereitungen auf eine Aufnahme von Zivilisten aus der Stadt Gaza an einem Ort weiter südlich in dem Küstenstreifen genehmigt. Dort solle ihre Versorgung mit humanitären Hilfsgütern gewährleistet werden. 

Militärchef Ejal Zamir hat nach Medienberichten vor großen Risiken des Plans für Soldaten und verbliebene Geiseln gewarnt, am Ende aber Planungen zur Erfüllung der Vorgaben der politischen Führung des Landes ausgearbeitet. 

Es wird befürchtet, dass die Offensive die ohnehin katastrophale Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen noch verschlimmern wird. Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast zwei Jahren sind fast alle zwei Millionen Einwohner des Küstenstreifens zu Binnenflüchtlingen geworden. Mehr als 70 Prozent der Häuser im Gazastreifen seien zerstört oder schwer beschädigt worden, meldeten Hilfsorganisationen unter Berufung auf Satellitenaufnahmen. In einigen Gebieten seien es 80 bis 90 Prozent.

Israels Kriegsführung wird international immer schärfer kritisiert. Seit Beginn des Gaza-Krieges wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 62.000 Palästinenser in dem Küstenstreifen getötet, darunter auch viele Frauen und Kinder. 

"Die Hamas steht unter enormem Druck"

Netanjahu sagte bisher nur, er habe Berichte über eine "positive Antwort" der Hamas auf den von Ägypten und Katar unterbreiteten Vorschlag für eine Waffenruhe vernommen. "Die Hamas steht unter enormem Druck", sagte er. 

Ausschuss berät über Siedlungspläne im Westjordanland

Unterdessen berät ein Planungsausschuss in Israel heute über eine Genehmigung von umstrittenen Bauplänen für Siedlungen in einem besonders sensiblen Gebiet im Westjordanland. Dabei geht es um den Bau von rund 3.400 Wohneinheiten in dem sogenannten E1-Gebiet zwischen Ost-Jerusalem und der Siedlung Maale Adumim. Eine Bebauung dort würde das Westjordanland faktisch in einen nördlichen und einen südlichen Teil unterteilen. 

Damit würde ein zusammenhängendes Territorium für einen künftigen palästinensischen Staat erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Mehrere Länder wie Frankreich, Kanada und Australien wollen im September einen solchen Staat anerkennen. Israel lehnt die Anerkennung dagegen als "Belohnung für die Hamas" nach dem Massaker am 7. Oktober 2023 ab. 

Israels Armee: Entführer von Jarden Bibas getötet

Das Massaker, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere in den Gazastreifen verschleppt worden waren, hatte den Krieg ausgelöst. Einen der Hamas-Kämpfer, der an der Entführung des Familienvaters Jarden Bibas an jenem Tag beteiligt gewesen sein soll, hat die israelische Armee nach eigenen Angaben getötet. Bibas hatte als Einziger seiner Familie die Geiselhaft überlebt und war während einer Waffenruhe im Februar freigekommen. 

Die Leichen seiner Frau Schiri und der beiden kleinen Söhne waren nach der Übergabe unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit beigesetzt worden. Die drei besaßen auch die deutsche Staatsangehörigkeit. 

Experte: Der Ball liegt jetzt bei Israel

Medienberichten zufolge handelt es sich bei dem jüngsten Vorschlag für eine Waffenruhe um eine aktualisierte Fassung des zuvor verhandelten Vorschlags des US-Sondergesandten Steve Witkoff. Dieser sieht eine 60 Tage lange Feuerpause vor, während der zehn lebende Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge freigelassen werden. Insgesamt befinden sich in Gaza noch 50 Geiseln, von denen noch mindestens 20 am Leben sein sollen. 

Die arabischen Vermittler hätten die Hamas vor die Wahl gestellt: Entweder die bereits in den vorherigen Verhandlungsrunden angebotene vorübergehende Waffenruhe anzunehmen oder im Rahmen eines umfassenden Abkommens zur Freilassung aller Geiseln und Beendigung des Krieges auf ihre Macht und ihre Waffen zu verzichten, zitierte das "Wall Street Journal" arabische Beamte.

Die Hamas habe der ersten Option nun vor allem deshalb zugestimmt, weil Ägypten und Katar Druck auf sie ausübten, um Israels geplante Einnahme der Stadt Gaza zu verhindern, sagte Michael Milshtein, früherer Leiter der Abteilung für palästinensische Angelegenheiten bei Israels Militärgeheimdienst, der US-Zeitung. "Der Ball liegt jetzt bei Israel. Es erhält exakt denselben Ball", sagte er. 

Israel prüfe den Vorschlag zwar, doch da er nicht die Freilassung aller Geiseln vorsehe, hielten Beamte es wohl für eher unwahrscheinlich, dass die Führung positiv darauf reagieren werde, berichtete die "Jerusalem Post".

Israels Verteidigungsminister billigt Plan für Gaza-Einnahme

Israels Armee hat nach eigenen Angaben den Entführer von Jarden Bibas getötet. (Archivbild)

Israels Verteidigungsminister billigt Plan für Gaza-Einnahme

Ein israelischer Planungsausschuss berät heute über eine Genehmigung von umstrittenen Bauplänen für Siedlungen im Westjordanland. (Archivbild)

Israels Verteidigungsminister billigt Plan für Gaza-Einnahme

Nach israelischen Medienberichten sieht der Plan der Armee zur Einnahme der Stadt Gaza den Einsatz von mindestens 80.000 Soldaten vor. (Archivbild)