Japan verhängt landesweiten Notstand

dpa Tokio. Bislang galt eine starke Einschränkung des öffentlichen Lebens nur im Großraum Tokio und einigen Provinzen. Angesichts steigender Infektionszahlen weitet Ministerpräsident Shinzo Abe den Notstand auf das gesamte Land aus.

Japan verhängt landesweiten Notstand

Japans Ministerpräsident Shinzo Abe hat den Notstand auf alle Provinzen des Landes ausgeweitet. Foto: Uncredited/Kyodo News/AP/dpa

Japan hat wegen steigender Coronavirus-Fälle den Notstand auf das ganze Land ausgeweitet. Das entschied Ministerpräsident Shinzo Abe am Donnerstag.

Er hatte diesen kürzlich zunächst nur für den besonders betroffenen Großraum Tokio und einzelne andere Provinzen bis zum 6. Mai verhängt und die Bürger aufgerufen, möglichst zu Hause zu bleiben.

Harte Ausgangssperren wie in Europa bedeutet der Notstand in Japan aber nicht. Japanische Ärzte warnten angesichts der staatlichen Restriktion von Coronavirus-Tests vor einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems. Wie japanische Medien berichteten, forderten Krankenhäuser in der Stadt Kyoto in einer gemeinsamen Erklärung den Staat auf, Coronatests mit öffentlichen Mitteln auch für Patienten zuzulassen, die keine Symptome aufzeigen.

Bislang würden in Japan nur Coronatests bei Patienten von der Versicherung bezahlt, die Symptome wie Fieber haben, hieß es. Als Folge dieser Politik könnten sich Ärzte und Krankenschwestern bei Operationen oder Geburten infizieren, wenn symptomlose Patienten das Virus in sich tragen. Bei vielen Menschen führt eine Infektion mit Sars-CoV-2 zu keinen oder zumindest nur sehr milden Symptomen.

Noch immer werden in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt viel weniger Tests durchgeführt als in anderen Ländern. Zwar habe Ministerpräsident Abe am 7. April erklärt, dass sich der Staat bemühen werde, die Test-Kapazitäten auf täglich bis zu 20.000 zu erhöhen. In der Realität würden jedoch höchstens rund 7800 Tests am Tag durchgeführt, hatte die Tageszeitung „Asahi Shimbun“ berichtet.

Dies liege unter anderem an veralteter Ausrüstung und einem Mangel an staatlichen Einrichtungen sowie Fachleuten für solche Tests. Vor diesem Hintergrund gingen einzelne lokale Behörden nun dazu über, privaten Einrichtungen zu erlauben, solche Tests durchzuführen. Am Donnerstag stieg die Zahl bestätigter Infektionen mit dem Erreger in Japan laut örtlichen Medienberichten auf mehr als 9400 Fälle, mehr als 200 Tote seien schon zu beklagen.

Doch handhabt Japan die Coronakrise laxer als zum Beispiel Europa. Trotz des Notstands können Bürger bei Missachtung der Aufforderung der Behörden weder belangt werden, noch können Firmen gezwungen werden, zu schließen. Entsprechend strömen weiter viele Pendler zur Arbeit, wenn auch mit Masken vor dem Gesicht in etwas weniger gefüllten Zügen. Für den Fall, dass Krankenhäuser keine Kapazitäten mehr haben und schnell neue errichtet werden müssen, können die Behörden mit der Ausrufung des Notstands aber Privatgrundstücke und Häuser notfalls enteignen, wenn die Besitzer dies ohne triftigen Grund verweigern.

Mit der Zahl der Infizierten in Japan wuchs auch die Kritik am rechtskonservativen Premier Abe. Seine Zentralregierung habe durch das relativ spärliche Testen die Fallzahlen lange Zeit kleingehalten und zu spät und zu wenig Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus angeordnet, kritisieren Mediziner und internationale Beobachter.

In Japan können sich Menschen nur auf das neuartige Coronavirus testen lassen, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. So muss jemand mindestens vier Tage hintereinander Fieber von mindestens 37,5 Grad haben. Wer das nicht hat, aber dennoch befürchtet, sich infiziert zu haben, wird vom Staat aufgefordert, zu Hause zu bleiben beziehungsweise sich von der Familie zu isolieren. Mancher mietet daher ein Hotelzimmer an, muss das aber selber zahlen.