Jeden Tag ein neues Abenteuer

Nach sieben Jahren verabschiedet sich Rektorin Ute Offtermatt von der Backnanger Schillerschule. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge blickt sie nun in die Zukunft. Die Kinder wird sie ganz besonders vermissen.

Jeden Tag ein neues Abenteuer

Yoga, Italienisch lernen, Kreativität ausleben: Schulleiterin Ute Offtermatt hat schon viele Ideen, wo sie neue Herausforderungen finden kann. Foto: A. Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

BACKNANG. Mit dem Ende dieses Schuljahres heißt es, wie auch für die Schülerinnen und Schüler der 4. Klassen, Abschied nehmen von der Schillerschule. Sieben Jahre war Ute Offtermatt dort Schulleiterin und die Zeit hier hat sie sehr genossen. „Jeder Tag war spannend. Und jeden Tag gab es ein kleines oder großes Abenteuer zu erleben“, blickt sie zurück.

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ Davon ist die ehemalige Arzthelferin überzeugt. Und sie glaubt an das deutsche Bildungssystem. Ihr Werdegang ist ein sehr gutes Beispiel für seine Durchlässigkeit und Möglichkeiten. Nach ihrem Hauptschulabschluss machte Offtermatt zunächst eine Ausbildung zur Arzthelferin, in der Berufsaufbauschule holte sie dann die Mittlere Reife nach und wurde Verwaltungsangestellte. Als ihre beiden Söhne im Kindergarten waren, wollte sie etwas für sich machen und entschied sich für das Telekolleg. Innerhalb von zwei Jahren erwarb sie so die Fachhochschulreife. Doch was damit machen? Lehrerin schien ihr eine gute Option zu sein, das „lässt sich gut mit der Familie vereinbaren“, findet sie. Da war sie Anfang 30.

Die Rektorin ist trotz Herausforderungen stolz auf ihren Wirkungsort

Eine Professorin an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg war beeindruckt von ihrer Zielstrebigkeit: „Frau Offtermatt, wenn Sie Ihren Stundenplan mit dem Ihrer Kinder unter einen Hut kriegen, dann bekommen Sie von mir den ersten Schein.“ Ganz so lief es zwar nicht, doch das Studium durchlief sie ohne Probleme. Nach dem Referendariat in Schwaikheim war ihr erster Einsatzort eine Schule in Bad Cannstatt. Sechs Jahre blieb sie dort, dann wechselte sie, ebenfalls für sechs Jahre, an die Salier-Grund- und Hauptschule in Waiblingen. Eine Weiterbildung zur Führungskraft folgte, dann drei Jahre als Fremdevaluatorin beim Landesinstitut für Schulentwicklung, bis sie ihr Weg nach Backnang als Konrektorin an die Talschule führte – und schließlich 2014 als Rektorin an die Schillerschule.

Nun nähert sich auch diese Station rasant ihrem Ende. „Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist“, lacht Offtermatt und zeigt sich sehr stolz auf ihren Wirkungsort: „Die Schule ist sehr bunt und vielfältig. Sie bietet tolle Herausforderungen.“ Denen sie sich jeden Tag mit neuer Freude gestellt hat: „Mir war hier noch nie langweilig.“

Gleich zu Beginn gab es eine große Aufgabe zu bewältigen, die 100-Jahr-Feier des ehrwürdigen Gemäuers. Ein wichtiger Aspekt war für sie die Umstrukturierung des Unterrichts, das Emil-Modell (erste Maßnahmen individuellen Lernens) wurde eingeführt. Was ihr daran besonders gut gefällt, ist, dass die Kinder lernen, sich selbst einzuschätzen: Nehme ich lieber die leichten Aufgaben oder versuche ich es mit dem mittleren Schwierigkeitsgrad? Oder gar mit den schweren Fragen? Seit etwa fünf Jahren ist die Schillerschule eine „Grundschule mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt“, dazu gehören Kooperationen mit ortsansässigen Sportvereinen. In den beiden großen Pausen können die Schüler sich zwischen dem Unterricht ebenfalls ordentlich austoben.

Eine besondere Herausforderung in den letzten beiden Schuljahren war sicher die Coronapandemie. Ute Offtermatt ist stolz darauf, dass sich ihr Kollegium so offen für die Digitalisierung zeigte. Vor allem die Konrektorin und Nachfolgerin Simone Otterbach habe sich sehr dafür eingesetzt. Kinder aus benachteiligten Familien hatten im Rahmen des Digitalisierungspakts von der Stadt Backnang iPads zur Verfügung gestellt bekommen, alle Kinder seien mindestens einmal pro Tag mit dem Lehrer in Kontakt getreten. „Es lief gut“, so Offtermatt, denn besonders für Grundschulkinder sei Beziehungsarbeit sehr wichtig.

Den „Rektoratshund“ werden die Schüler vermissen

Und was ihr vor allem am Herzen liege – die Bildungsgerechtigkeit: „Hier gibt es ein breites Betätigungsfeld.“ So konnte in den vergangenen Jahren die Hausaufgabenhilfe auf eine feste finanzielle Basis gestellt werden. Wobei sie eigentlich keine Freundin von Hausaufgaben sei. Ihrer Ansicht nach sei die Etablierung der Ganztagsschule sinnvoller, als Kinder zu Hause den Stoff wiederholen zu lassen. In den letzten beiden Jahren hatte sich das Rektorat nicht nur wegen Ute Offtermatt zu einem beliebten Anlaufpunkt der Schülerinnen und Schüler entwickelt. Denn Hund Barly hat sein Frauchen täglich zur Arbeit begleitet, unser „Rektoratshund“, wie die Mathelehrerin ihn nennt. „Die Kinder haben ihm sogar Abschiedsbriefe geschrieben.“

Sieben Jahre als Rektorin, täglich viele Herausforderungen, nein, Abenteuer, wie sie sie nennt – was wird Ute Offtermatt im Ruhestand wohl am meisten vermissen? „Die Kinder“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Und natürlich die Kolleginnen und Kollegen, „da haben sich schon Freundschaften entwickelt“, sinniert sie. Was sie allerdings nicht vermissen wird, sind die Staus auf der B14 von Waiblingen nach Backnang jeden Morgen. „Jetzt muss ich mir neue Abenteuer suchen.“ Und da schwebt ihr schon so einiges vor. Gern würde sie ihre Kreativität fördern, vielleicht mit einem Bildhauerkurs. Und als Italienreisende wäre auch ein Italienischkurs mal eine schöne Herausforderung. Wieder regelmäßiger ins Yoga gehen und, ganz wichtig, endlich mal ein Aufwachen ganz ohne Wecker. Außerhalb der Schulferien in Urlaub gehen, Zeit mit den drei Enkeln verbringen... Ute Offtermatt wird es sicher nicht langweilig werden. Das Neue ist für sie keine Bürde, sondern eine Herausforderung.