Jeder zweite Deutsche für Verbot der Weihnachtsgottesdienste

Von Von Michael Fischer, dpa

dpa Berlin. In der Pandemie gelten strenge Regeln für Familienfeiern. Der Besuch von Gottesdiensten ist aber erlaubt. Das trifft in der Bevölkerung überwiegend auf Unverständnis. Und auch in der Politik gibt es Zweifel, ob das eine kluge Entscheidung war.

Jeder zweite Deutsche für Verbot der Weihnachtsgottesdienste

Friedrich Merz (CDU) sieht Politiker bei den Corona-Impfungen in der Vorbildfunktion. Foto: Jörg Carstensen/dpa/Archivbild

Jeder zweite Deutsche ist angesichts der hohen Corona-Infektionszahlen für ein Verbot der Weihnachtsgottesdienste.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprachen sich 50 Prozent dafür aus, öffentliche Gottesdienste in den Kirchen zu untersagen, nur 35 Prozent wollen sie trotz Ansteckungsgefahr beibehalten. 15 Prozent machten keine Angaben.

Auch in der Politik wachsen inzwischen die Zweifel, ob Gottesdienste während des harten Lockdowns eine gute Idee sind. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet zeigte sich in einem Interview des „Tagesspiegel am Sonntag“ skeptisch: „In den nächsten Tagen werde ich angesichts der aktuellen Lage noch einmal Gespräche mit den Kirchen führen“, sagte der CDU-Politiker, der für den Vorsitz seiner Partei kandidiert.

Er verwies auf die dramatische Infektionslage. „Die Zahlen der vergangenen Tage legen eher nahe, dass man noch vorsichtiger sein muss, als wir es vor zwei Wochen dachten.“ Zugleich sei die Freiheit der Religionsausübung ein wichtiges Grundrecht der Verfassung. Laschet machte deutlich, dass er deswegen auf freiwillige Entscheidungen der Religionsgemeinschaften setzen wolle.

Anders als während der ersten Corona-Welle zu Ostern hatten sich Bund und Länder vergangene Woche trotz der jetzt noch deutlich höheren Infektions- und Todeszahlen gegen ein Verbot von öffentlichen Weihnachtsgottesdiensten während des harten Lockdowns entschieden. Allerdings gelten in den Kirchen strenge Regeln wie eine Maskenpflicht, ein Abstandsgebot und auch ein Gesangsverbot. Die großen christlichen Kirchen hatten mit großem Verständnis auf die Regelung reagiert.

Zuletzt hatte aber unter anderem die Evangelische Kirche von Westfalen dringend empfohlen, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten. Die katholische Kirche will aber daran festhalten. „Es ist wichtig, dass die Gottesdienste an den Festtagen unter bestimmten Auflagen gefeiert werden können“, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am vergangenen Donnerstag. Bistümer und Pfarrgemeinden hätten seit dem Frühjahr „umfangreiche Hygiene- und Schutzkonzepte erarbeitet und umgesetzt, die sich bewährt“ hätten. „Auf diese Weise wollen wir weiter verfahren.“

Das Grundgesetz garantiert zwar die „ungestörte Religionsausübung“. Nach dem neuen Infektionsschutzgesetz ist ein Verbot von Gottesdiensten aber trotzdem möglich, „soweit auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (Covid-19) erheblich gefährdet wäre“.

Die Ablehnung der Weihnachtsgottesdienste überwiegt bei Katholiken und Protestanten gleichermaßen. Jeweils 47 Prozent sind laut YouGov für ein Verbot, nur 38 beziehungsweise 39 Prozent dagegen. Von Angehörigen nicht-christlicher Glaubensrichtungen sprechen sich 42 Prozent für ein Verbot und 40 dagegen aus. Von den Befragten, die keiner Glaubensrichtung angehören, sind die Verbots-Befürworter mit 58 zu 30 Prozent noch klarer in der Mehrheit.

Allerdings ist die Bereitschaft, an Weihnachten Gottesdienste zu besuchen, insgesamt eher gering. Nur 6 Prozent der Befragten sagen, dass sie an den Feiertagen in die Kirche gehen wollen, 87 Prozent wollen darauf verzichten.

An die Kontaktbeschränkungen, die an Weihnachten für Familienfeiern gelten, will sich eine große Mehrheit von 83 Prozent halten. Jeder Zehnte will davon abweichen, 7 Prozent machten keine Angaben. Zu Weihnachten werden die während des Lockdowns geltenden Kontaktbeschränkungen etwas gelockert. Vom 24. bis 26. Dezember sollen in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen Treffen mit einem Haushalt und vier weiteren Personen über 14 Jahren möglich sein. Diese müssen aus dem „engsten Familienkreis“ kommen.

Sorgen macht Politikern und Virologen weiterhin eine mögliche Reisewelle zu Weihnachten. Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Länder raten von Reisen ab. Nach der YouGov-Umfrage will sich jeder zehnte Deutsche nicht an diesen Rat halten: 9 Prozent wollen verreisen, um mit Freunden oder Verwandten Weihnachten feiern zu können, 1 Prozent plant eine Urlaubsreise. Verboten sind solche Reisen zwar nicht. Hotels in Deutschland dürfen aber generell keine Urlauber aufnehmen. Für Familienbesuche gibt es allerdings in einigen Bundesländern Ausnahmeregelungen.

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Jeder zweite Deutsche für Verbot der Weihnachtsgottesdienste

Ein geschmückter Tannenbaum steht bei einer Krippenandacht in der Hauptkirche St. Michaelis in Hamburg. Foto: Malte Christians/dpa/Archivbild