Ende der pauschalen Reisewarnung weckt keine Urlaubsgefühle

Von Von Michael Fischer, dpa

dpa Berlin. Nach fast einem halben Jahr endet die pauschale Reisewarnung wegen der Corona-Pandemie. Jedes der fast 200 Länder dieser Welt wird nun einzeln bewertet. Für den Urlauber ändert das aber kaum etwas.

Ende der pauschalen Reisewarnung weckt keine Urlaubsgefühle

Gesundheitsminister Jens Spahn äußert sich zu den Verschärfungen staatlicher Corona-Beschränkungen. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa Pool/dpa

Es war ein bisher einmaliger Schritt: Am 17. März sprach Bundesaußenminister Heiko Maas eine Warnung für touristische Reisen in alle rund 200 Länder dieser Welt aus.

„Wir müssen verhindern, dass weitere Deutsche im Ausland stranden“, sagte er zur Begründung in einem kurzfristig anberaumten Pressestatement. „Bitte bleiben sie zu Hause!“ Die Lage war damals einigermaßen dramatisch. In den Tagen zuvor waren wegen der Corona-Pandemie weltweit Grenzen geschlossen und Flugverbindungen gekappt worden. Zehntausende Deutsche hingen im Ausland fest und mussten in den folgenden Wochen in einer beispiellosen Rückholaktion von Reiseveranstaltern, Fluggesellschaften und Regierung nach Hause gebracht werden.

Um die Situation nicht weiter zu verschärfen wurde die Reisewarnung, die bisher nur für Krisen- und Kriegsgebiete wie Syrien, Afghanistan oder Jemen galt, auf die ganze Welt ausgeweitet. Ab diesem Donnerstag ist dieser Ausnahmezustand Geschichte. Bereits am 15. Juni war die pauschale Regelung für die meisten europäischen Länder aufgehoben worden. Nun wird auch außerhalb Europas jedes einzelne Land wieder individuell vom Auswärtigen Amt bewertet. Für die ganze Welt gilt ab Donnerstag ein einheitliches dreistufiges System, das man auch als Ampel beschreiben kann:

ROT: REISEWARNUNG

Die Reisewarnung richtet sich ab sofort ganz nach den Infektionszahlen. Ab 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in sieben Tagen gilt ein Land oder eine Region als Risikogebiet. Dann wird automatisch auch eine Reisewarnung ausgesprochen. Mittwochmorgen standen auf der vom Robert-Koch-Institut geführten Liste der Risikogebiete 121 Länder ganz und weitere 13 Länder mit einzelnen Regionen. Zusammen sind das etwa zwei Drittel der Länder dieser Welt. Die Reisewarnung ist zwar kein Verbot, soll aber eine möglichst große abschreckende Wirkung haben. Das Gute für den Urlauber: Er kann eine bereits gebuchte Reise stornieren, wenn sein Ziel zum Risikogebiet erklärt wird.

GELB: „REISEWARNUNG LIGHT“

Unter den Ländern, für die ab Donnerstag keine Reisewarnung mehr gilt, gibt es eine ganze Reihe, in die man trotzdem nicht reisen kann. Der Grund: Es gelten dort Einreisebeschränkungen oder Einschränkungen des Flugverkehrs. Ein Beispiel ist das beliebte Winterurlaubsziel Thailand. Dort gibt es kaum Corona-Infektionen, aber auch seit Ende März eine generelle Einreisesperre für Touristen. Ähnlich sieht es in Australien, China oder auch Ruanda und Uruguay aus. Für all diese Länder rät das Auswärtige Amt nach den neuen Bestimmungen von Reisen ab.

Das gilt zudem für alle Länder, für die noch eine Einreisesperre der Europäischen Union gilt. Bisher hat die EU nur elf Ausnahmen zugelassen. Unter dem Strich kommen 47 Länder zusammen, für die das Auswärtige Amt ab Donnerstag von Reisen abraten will. Auch diese „Reisewarnung light“ kann kostenlose Stornierungen ermöglichen, die Rechtslage ist hier aber nicht so eindeutig wie bei der formellen Reisewarnung.

GRÜN: URLAUB AUF EIGENE GEFAHR

Es bleiben nicht mehr viele Länder übrig, für die es keine Reisewarnung oder „Reisewarnung light“ gibt. Außerhalb Europas sind es nur zwei: Tunesien und Georgien. Außerdem gilt eine schon vor einigen Wochen getroffene Ausnahmeregelungen für die türkischen Urlaubsregionen am Mittelmeer weiter. Für Urlauber, die es ins Ausland zieht, kommt erschwerend hinzu, dass wegen rasant steigender Infektionszahlen auch in Europa eine Reisewarnung nach der anderen reaktiviert wird. Inzwischen sind 15 von 27 EU-Ländern ganz oder teilweise betroffen. Von den beliebtesten Urlaubsländern der Deutschen ist bisher nur Italien noch ohne Risikogebiet - ausgerechnet das Land, das in Europa ursprünglich am stärksten von der Pandemie getroffen wurde.

Aber die grüne Corona-Ampel kann auch ganz schnell auf rot springen. Deswegen gilt grundsätzlich: Urlaub in Corona-Zeiten ist Urlaub auf eigene Gefahr. Die Bundesregierung hat bereits klar gemacht, dass es ihr am liebsten wäre, wenn in den nächste Woche beginnenden Herbstferien und im Winter auf Auslandsreisen verzichtet wird.

„Man kann ja auch Urlaub im Inland machen“, sagte Gesundheitsminister Spahn vergangene Woche im ZDF. Es habe sich in der Corona-Pandemie immer wieder gezeigt, dass Reiserückkehrer verstärkt das Virus einschleppten. „Ich finde, für Herbst-, Winter-, Weihnachtsurlaub sollten wir daraus gemeinsam lernen.“

Und wie sieht die Reisebranche die Neuregelung? Der Reiseverband DRV hatte sie Anfang September lediglich als „einen zaghaften Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnet. Faktisch ändere sich für die Reiseveranstalter zu wenig, sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig. „Es bleibt die Ungewissheit, wann wieder gereist werden kann und wann Unternehmer und Beschäftigte wieder etwas für ihren Lebensunterhalt verdienen können.“ Der DRV fordert, noch stärker zu differenzieren. Nur einzelne Orte und Landkreise, die den Grenzwert überschreiten, sollten als Risikogebiet ausgewiesen werden.

© dpa-infocom, dpa:200929-99-762190/7

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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warnt vor Reisen in Risikogebiete. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

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Die Bundesregierung vergibt ihre Reisewarnung ab sofort nach den Infektionszahlen in den Ländern. Foto: Ahmed Gomaa/XinHua/dpa