Kahrs verlässt Bundestag nach innerparteilicher Niederlage

dpa Berlin. Der SPD-Politiker Kahrs wollte Wehrbeauftragter werden und verstellte damit dem über Parteigrenzen hinweg angesehenen Amtsinhaber Bartels eine Wiederwahl. Doch die Fraktion hatte andere Pläne. Nun verabschiedet sich der Hamburger aus dem Bundestag.

Kahrs verlässt Bundestag nach innerparteilicher Niederlage

Johannes Kahrs nimmt Abschied. Foto: Michael Kappeler/dpa

Der langjährige SPD-Parlamentarier Johannes Kahrs verlässt nach einem gescheiterten Ringen um das Amt des Wehrbeauftragten mit sofortiger Wirkung den Bundestag.

Der 56-Jährige kündigte am Dienstag in Berlin an, dass er mit Ablauf des Tages von seinem Mandat und allen politischen Ämtern zurücktrete. Zuerst hatten die „Rheinische Post“ und die „Bild“-Zeitung darüber berichtet. Die Fraktionsspitze der Sozialdemokraten hatte die Berliner Abgeordnete Eva Högl als neue Wehrbeauftragte vorgeschlagen und sich damit gegen den Haushaltspolitiker Kahrs entschieden.

Kahrs räumte in seiner Erklärung ein, dass er gerne für das Amt des Wehrbeauftragten kandidiert hätte. Die Fraktionsspitze habe sich jedoch für Högl entschieden. „Ich akzeptiere dies und wünsche ihr viel Erfolg.“ Högl soll an diesem Donnerstag als Nachfolgerin von Hans-Peter Bartels (SPD) in das Amt gewählt werden. Kahrs hatte diesem mit seiner Bewerbung eine Wiederwahl verbaut, obwohl Bartels über Parteigrenzen hinweg geschätzt wurde.

Kahrs Vorstoß hatte für Schlagzeilen, Unruhe und einiges Erstaunen auch bei Bartels gesorgt - zumal er im Büro des Wehrbeauftragten mit einem unerwarteten Zuwachs von vier neuen Stellen verbunden werden sollte. Bartels war zu dem Vorgang bei der Vorstellung seines Jahresberichts von Journalisten befragt worden. „Tja, ich hab's nicht beantragt. Die Bundestagsverwaltung hat's nicht gefordert. Jetzt sind die da reingeschrieben in den Haushalt, und wir werden die nicht besetzen“, hatte Bartels erklärt. Es folgten mehrere Sekunden betretenes Schweigen. Der Wehrbeauftragte des Bundestags gilt als Anwalt der Soldaten.

Fraktionschef Rolf Mützenich habe Kahrs in den letzten Stunden noch vom Rücktritt abbringen wollen, erfuhr die dpa aus der SPD-Fraktion. Er bedauere die Entscheidung sehr, müsse sie aber letztlich akzeptieren und habe sich bei Kahrs für seine Arbeit bedankt. Kahrs saß seit 1998 für die SPD im Bundestag - jeweils als Direktkandidat des Wahlkreises Hamburg-Mitte. Zudem ist er einer der führenden Köpfe im Seeheimer Kreis, der den eher konservativen Parteiflügel vertritt.

Im Parlament war Kahrs zwar hauptsächlich für die Haushaltspolitik zuständig, hatte aber auch schon Erfahrung im Verteidigungsausschuss gesammelt. Er war zudem stellvertretendes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der Nato und ehrenamtliches Mitglied im Präsidium der Deutschen Atlantischen Gesellschaft. Er war außerdem an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr sowie im Förderkreis Deutsches Heer aktiv.

Scharfe Kritik kam am Mittwoch von der FDP. Kahrs ziehe Konsequenzen aus dem chaotischen Vorgehen des SPD-Fraktionsvorsitzenden, so die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Mützenich die Verantwortung für das innerparteiliche Ringen in der SPD zuwies. „Mit der SPD wird Deutschland zum Unsicherheitsfaktor in der Welt. Das Amt des Wehrbeauftragten und damit die wichtigste Institution und Anlaufstelle für Soldatinnen und Soldaten ist bereits jetzt schwer beschädigt.“