Der „Deutschlandfonds“ der Regierung will 130 Milliarden Euro privater Investitionen anstoßen. McKinsey-Experten warnen vor Bürokratie und zeigen, worauf es für den Erfolg ankommt.
Als Bundesfinanzminister ist Lars Klingbeil (SPD) für den „Deutschlandfonds“ verantwortlich.
Von Rainer Pörtner
Wenn Lars Klingbeil im Ausland auf Reisen ist, wird er nach eigenen Angaben regelmäßig von Investoren angesprochen, die ihr Geld liebend gerne in Deutschland anlegen würden – aber nicht so recht wissen, wie sie das am besten tun können. Jetzt wird das nach Überzeugung des Finanzministers deutlich einfacher.
Mit dem „Deutschlandfonds“, den die Bundesregierung kurz vor Weihnachten aufgesetzt hat, werde eine zentrale Anlaufstelle für Investoren geschaffen, sagt der SPD-Politiker, „eine Telefonnummer, eine E-Mail-Adresse, an die man sich wenden kann und wo die Investoren eine Möglichkeit haben, hier mit dabei zu sein, wenn wir Deutschland wieder nach vorne bringen“.
Kein „Staatsfonds“ im üblichen Sinne
Private Geldgeber, egal ob von drinnen oder draußen, hat Deutschland tatsächlich bitter nötig. Während die staatlichen Ausgaben für Straßen und Brücken, Panzer und Raketen in letzter Zeit stark ausgeweitet wurden, sind die Investitionen von Banken, Unternehmen und Privatleuten sogar gesunken. Im Jahr 2024 lagen die Investitionen des privaten Sektors preisbereinigt rund acht Prozent unter dem Niveau von Ende 2019.
Kann der „Deutschlandfonds“ wirklich helfen, diese Lücke zu schließen?
30 Milliarden Euro stellt der Bund für seinen Fonds bereit. Er soll Investitionen von privaten und kommunalen Unternehmen im Umfang von 130 Milliarden Euro auslösen. Der Begriff „Fonds“ ist etwas irreführend, weil es sich nicht um einen klassischen Staatsfonds handelt, der selbst Geld investiert. Vielmehr versammelt der „Deutschlandfonds“ eine Vielzahl neuer und schon bestehender Einzelprogramme zur Investitionsförderung bei der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Überwiegend handelt es sich nicht um direkte staatliche Zuschüsse, sondern um Kreditgarantien. Sie werden nur dann fällig, wenn Darlehen nicht zurückgezahlt werden.
Fonds sollen Risiken absichern
„Der ‚Deutschlandfonds‘ kann Risiken absichern und so dafür sorgen, dass die besten Ideen in Deutschland entstehen und hier auch groß gemacht werden“, verspricht Minister Klingbeil. So könnte die KfW zum Beispiel Energieversorger absichern, die in Geothermie investieren wollen, bisher aber das Risiko scheuen, dass bei Bohrungen keine Heißwasserquellen gefunden werden. Der Aufbau des „Deutschlandfonds“ erfolgt in Stufen. Kredite für Geothermieprojekte oder Hilfen für Start-ups sind schon jetzt möglich. Im Jahr 2026 sollen unter anderem maßgeschneiderte Instrumente zur Modernisierung der Energieinfrastruktur und für den Mittelstand folgen.
Nach Ansicht der Unternehmensberatung McKinsey hat der „Deutschlandfonds“ tatsächlich das Potenzial „als Katalysator für private Investitionen“ zu dienen. „Der Start ist gemacht“, sagen die McKinsey-Berater Max Flötotto und Tobias Henz, aber die Wirkung des Fonds werde jetzt „maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung und Umsetzung abhängen“. In einem Beitrag für „The Pioneer“ erläutern sie, worauf es ihrer Meinung nach ankommt.
Der Fonds brauche „Lean Gonvernement statt Gremien-Overkill“, empfehlen die McKinsey-Experten. Ein kleines, übergeordnetes Komitee müsse schnell über Förderprioritäten entscheiden, sich aber nicht in die einzelnen Investitionsentscheidungen einmischen. Statt breit zu streuen, müsse sich der Fonds „auf Bereiche fokussieren, in denen die Zukunft entschieden wird“. Und schließlich: Mit dem Fonds sollten auch Regulierungen für den Kapitalmarkt vereinfacht werden. „Wer Wachstumskapital mobilisieren will“, so Flötotto und Henz, „sollte auch die Spielregeln modernisieren.“
Es fehlen nicht die Köpfe, sondern das Geld
In einer 25-seitigen McKinsey-Studie wird aufgeblättert, welche Sektoren besonders förderwürdig wären: nachhaltige Energie, Biotechnologie, Gesundheitswesen, Weltraum- und Verteidigungsindustrie, Künstliche Intelligenz, Robotik und Quantentechnologie.
Den Standort endgültig abschreiben will McKinsey nicht. Das Potenzial in Deutschland und Europa sei weiter riesig. So weise das europäische „Start-up-Ökosystem ein Potenzial von bis zu einer Billion US-Dollar zusätzlichem Unternehmenswert und bis zu einer Million Arbeitsplätze bis 2030“. Es fehlten nicht die Köpfe, sondern das Geld. „Der Engpass liegt nicht in der Forschung, sondern in Finanzierung, Skalierung und Industrialisierung.“