Kein Schielen nach Fördertöpfen mehr

Landkreis will die unterschiedlichen Formen von Jugendarbeit künftig gleichwertig fördern

Kein Schielen nach Fördertöpfen mehr

Symbolfoto: Stock Adobe/G. Sanders

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. Der Landkreis will die Förderung der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Jugendsozialarbeit neu regeln. Anvisiert ist ein Modell, das alle drei Säulen – Schulsozialarbeit, mobile Jugendarbeit und offene Kinder- und Jugendarbeit – gleichwertig unterstützt.

Bislang bezuschusst der Landkreis nur die mobile Jugendarbeit in den Städten und Gemeinden an Rems und Murr. Er stockt dabei die Zuwendung des Landes um 5000 Euro pro Vollzeitstelle auf insgesamt 16000 Euro auf. Ferner fördert das Land die Schulsozialarbeit mit 16700 Euro je Vollzeitstelle – ohne einen Beitrag vom Landkreis. Die offene Kinder- und Jugendarbeit hingegen – dazu zählen auch Gemeindejugendreferate – geht bislang komplett leer aus. Das neue Fördermodell geht dagegen davon aus, dass die unterschiedlichen Arbeitsfelder, wie Jugendamtsleiter Holger Gläss jetzt im Jugendhilfeausschuss erläuterte, fachlich und pädagogisch gleichwertig zu behandeln sind. Dann sollen sie auch in gleicher Weise finanziell bedacht werden.

In diesem Zusammenhang legt Gläss auch Wert auf kreisweite Qualitätsstandards und den Qualitätsdialog zwischen Kommunen und Kreisjugendamt. Zudem ist der Jugendamtsleiter überzeugt, dass die Kommunen dann dank der in allen Bereichen gleichen Förderung auch passgenaue Angebote entwickeln, ohne nach Fördertöpfen schielen zu müssen.

Im Vorfeld hatte das Jugendamt gemeinsam mit Fachkräften, Jugendlichen und Experten verschiedene Varianten einer möglichen Förderung geprüft. Drei davon kamen im Jugendhilfeausschuss zur Sprache. Beim Modell Weiter-so müsste der Landkreis wie seither nur 75000 Euro jährlich aufbringen. Die zweite Variante – die „Drittelfinanzierung“ – lehnt sich an die Praxis an, die in fast allen Landkreisen Usus ist. Sie ist auf die Schulsozialarbeit fokussiert und stockt den Beitrag vom Land – 16700 Euro – um die gleiche Summe auf. Gut für die Kommune, die dann nur noch ein Drittel der Kosten tragen muss, schlecht aber für die Kreiskasse: Der Landkreis müsste dann 1,1 Millionen Euro zusätzlich zum Weiter-so-Beitrag aufbringen.

Modell Ausgleichsförderung kostet im Jahr 600000 Euro zusätzlich

Favorisiert wird dagegen die Variante Ausgleichsförderung. Sie geht von den 16700 Euro pro Vollzeitstelle aus, die das Land für die Schulsozialarbeit bringt, und lupft die beiden anderen Arbeitsfelder auf das gleiche Niveau. Das bedeutet: In der Schulsozialarbeit gibt es weiterhin nur die Landesförderung und nicht mehr. In der mobilen Jugendarbeit wird die Landesförderung dann aber nicht nur um 5000, sondern um 5700 Euro auf 16700 Euro aufgestockt. Und für die offene Kinder- und Jugendarbeit greift der Landkreis ganz allein in die Tasche, um auf die volle Summe zu kommen. Das kostet die Kreiskasse dann insgesamt rund 600000 Euro mehr als bisher.

Das Ganze will aber auch finanziert sein. Laut Gläss müsste die Kreisumlage, die der Landkreis von den Kommunen erhebt, um 0,1 Prozentpunkte angehoben werden. Aber: Was die Städte und Gemeinden in den Topf einzahlen, fließt komplett an sie zurück. Im Ausschuss legte er eine Beispielrechnung für eine Musterkommune vor. Sein „Remslingen an der Murr“ hat 22000 Einwohner, davon 3200 junge Menschen, zahlt 9,5 Millionen Euro Kreisumlage und hat zwei Stellen in der Schulsozialarbeit, anderthalb Stellen in der mobilen Jugendarbeit und 1,7 Stellen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Die Kreisförderung würde dann 36940 Euro betragen, 29440 Euro mehr als bisher – bei gleichzeitigem Anstieg der Kreisumlage um 27941 Euro.

Diese Art der Umverteilung stößt aber bei den Kommunen auf Kritik. Reinhold Sczuka (CDU) schloss sich diesen Bedenken an und votierte gegen das Modell. Skepsis äußerte auch Marc Maier (AfD), der sich der Stimme enthielt: Größere Kommunen profitierten stärker als kleinere, die wenig Jugendarbeit haben. Ansonsten gab es aber breite Zustimmung zum Modell Ausgleichsförderung. Die Neuregelung soll, so Landrat Richard Sigel, nächsten Sommer in Kraft treten, das heißt, für 2020 wird nur die halbe Summe – 300000 Euro – gebraucht.