Kein Urteil nach Kneipenschlägerei

Das Verfahren gegen zwei Männer wird eingestellt.

Kein Urteil nach Kneipenschlägerei

Symbolfoto: Bilderbox/Erwin Wodicka

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Vor dem Amtsgericht haben sich ein 23-jähriger Dachdecker und ein 25-jähriger Fliesenleger wegen Körperverletzung zu verantworten. Nach der vom Staatsanwalt vorgetragenen Anklageschrift ist der Fall klar. An einem Februarmorgen dieses Jahres soll vor einer Kneipe der Backnanger Innenstadt der Fliesenleger einem 28-jährigen Gastronomen, der zu besagter Stunde als Gast in der Kneipe weilte, eine Ohrfeige verpasst haben. Der Gastronom ging zu Boden. Diese Lage des Geohrfeigten soll der Dachdecker dazu genutzt haben, dem Gastronomen einen Fußtritt ins Gesicht zu verpassen. Der Dachdecker will zum Tatvorwurf nichts sagen, sein Verteidiger legt dem Richter eine Taxirechnung vor, die belegen soll, dass er zum fraglichen Zeitpunkt gar nicht vor Ort war. Der Fliesenleger bestätigt das. Sein Freund war schon gegangen, er noch geblieben. Eine miese Stimmung habe in der Kneipe geherrscht. Und weil der Kneipenwirt schließen wollte, habe man sich nach draußen begeben. Der Alkoholgenuss habe sein Gedächtnis getrübt. Was er, der Fliesenleger, noch wisse, sei, dass er geschlagen worden und zu Boden gegangen sei. Nachdem er sich halbwegs wieder aufgerappelt habe, habe er seinen Freund alarmiert. Der sei dann mit einem Taxi zur Kneipe gekommen.

Der Kneipenwirt, so wird klar, hat die Anzeige gegen die beiden Handwerker erstattet. Er hat auch an jenem Sonntagmorgen die Polizei gerufen. Der Polizist kann bestätigen, dass der Dachdecker erst mit dem Taxi vorfuhr, als die Beamten bereits mit der Aufnahme des Tatgeschehens beschäftigt waren.

Der Geschädigte ist der zweite Zeuge. An den fraglichen Morgen hat er keine Erinnerung mehr. Auch er hatte in den Stunden zuvor mächtig getrunken. Erst vom Wirt der Kneipe habe er dann erfahren, was passiert sei. Aber das, was der Wirt dem Geschädigten auftischte, so stellt der Verteidiger des Dachdeckers fest, passt nicht mit dem zusammen, was der Wirt wiederum bei der Polizei angab. Ach ja, und die Verletzung im Gesicht, die der Gastronom davongetragen habe. Knapp einen Monat nach dem Vorfall sei er bei einem Kieferorthopäden vorstellig geworden. Der diagnostizierte Kieferbruch. In dessen Attest wird ein häuslicher Unfall vermutet. Zwei Datumsangaben fügte der Mediziner hinzu. Beide liegen vor dem Tattag.

Ein weiterer Augenzeuge wird vernommen. Der fügt die Variante hinzu, dass die Person, die auf den am Boden liegenden Gastronomen eingetreten habe, von der nahen Bushaltestelle her angerannt kam. Der Täter habe dann Anstalten gemacht, zu flüchten. Doch der Wirt habe dem Flüchtenden ein Bein gestellt. Von den beiden Angeklagten kann er keinen identifizieren.

Alle Erwartungen richten sich nun auf die Aussagen des Wirts, doch der hat sich wegen dringender Familienangelegenheiten, die ihn in die Türkei riefen, entschuldigt. Darauf bittet der Richter Staatsanwalt und Verteidiger zu einer Besprechung. Eine gute Viertelstunde später spricht dann der Verteidiger nochmals mit seinem Mandanten, dem Dachdecker. Er signalisiert Zustimmung zu dem vereinbarten Kompromiss: Das Strafverfahren wird eingestellt. Jeder der Angeklagten zahlt im Zuge dessen 300 Euro an die Straffälligenhilfe.