Keine Erinnerung an die Tat

57-Jähriger soll im Winnender Zentrum für Psychiatrie ein Feuer gelegt haben

Keine Erinnerung an die Tat

Von Bernd S. Winckler

WINNENDEN/ASPACH. Ärzte und Pfleger des Winnender ZfP (Zentrum für Psychiatrie) bekunden immer wieder in Prozessen vor dem Stuttgarter Landgericht: Es vergehe keine Woche, in der es nicht in einem Patientenzimmer brennt. So auch am 11. Mai: Ein 57-jähriger Rentner soll sein Zimmer mit einem Feuerzeug in Brand gesetzt haben. Der einstige Bautechniker aus Großaspach sitzt auf der Anklagebank, allerdings nicht als Angeklagter, sondern als „Beschuldigter“. Der Unterschied: Ein „Beschuldigter“ hat eine Tat möglicherweise im Zustand einer psychischen Krankheit verübt, sodass er eventuell nicht in Haft, sondern zwangsweise in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung eingewiesen werden muss. Bei dem 57-Jährigen spricht vieles dafür, dass er an einer Art psychischem Schub, „schizophrene affektive Psychose“, so der Staatsanwalt, litt, deshalb zum Feuerzeug griff und zunächst nur das Bettleintuch in Brand setzte. Die Folge: Das Bettgestell fing Feuer.

Glücklicherweise griff das Feuer nicht auf weitere Zimmer über, da die installierten Rauchmelder Alarm schlugen und die Pfleger mit den Feuerlöschern den Brand eindämmen konnten, heißt es in der Anklage. Der Beschuldigte indes befand sich vor seiner Zimmertür – in der Hand ein nasses Handtuch, mit dem er sein Gesicht bedeckte. Der Schaden hielt sich bei der Brandstiftung in Grenzen: 1000 Euro.

Vorwurf an den Mann: Brandstiftung Sachbeschädigung und gefährliche Körperverletzung – beim Löschen war eine Person durch Rauchgase leicht beeinträchtigt worden. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat ein „besonderes öffentliches Interesse“ an der Verfolgung dieser Brandstiftung bejaht. Immerhin sollen bei dem Feuer andere Patienten und Menschen in dem Gebäude des Winnender Schlosses in ihrer Gesundheit gefährdet worden sein.

Der Frührentner sagt selbst nichts zu der Tat und zu einem möglichen Tatmotiv. Seine Verteidigerin gab in seinem Sinn die Erklärung ab, dass der Vorwurf richtig sei, der Beschuldigte aber nicht mehr wisse, warum er das Feuer gelegt habe. Es könne sich um eine Art Flucht gehandelt haben. Auch woher das Feuerzeug stammte, kann der 57-Jährige nicht sagen: „Ich bin Nichtraucher.“

Der Mann war etwa eine Woche vor der Tat freiwillig zur Behandlung einer Psychose in die Winnender Einrichtung gekommen. Seine Familie habe gemerkt, so die Aussage seiner Ehefrau, dass es ihm schlecht gehe und er selbst die Meinung vertrat, sich hierzu behandeln zu lassen. Nach der Brandlegung wurde er aufgrund eines richterlichen Unterbringungsbefehls in die Psychiatrie nach Weissenau gebracht.

Derzeit jedoch scheint von ihm keine Gefahr mehr auszugehen, er befindet sich seit einigen Wochen wieder auf freiem Fuß – in ambulanter Behandlung. Ein psychiatrischer Sachverständiger soll in dem auf mehrere Tage angesetzten Prozess zu der Frage einer künftigen Gefährlichkeit des Beschuldigten Stellung nehmen. Das Gericht will eine Entscheidung am 21. November verkünden.